Bakterieller Membrantransporter unterstützt Krankheitserregern, sich vor dem Immunsystem zu verstecken



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04.08.2022 15:16

Bakterieller Membrantransporter unterstützt Krankheitserregern, sich vor dem Immunsystem zu verstecken

Der Transport von Substanzen über die Membran in die Zelle ist an spezifische Membrantransportproteine gebunden. Forschenden des Universitätsklinikums Bonn (UKB) und der Universität Bonn ist es nun in Zusammenarbeit mit einem internationalen Team gelungen, die molekulare Struktur einer ganz neuen Klasse von solchen Membrantransportern aufzuklären. Beteiligt waren neben den Bonner Wissenschaftler auch Forschende der Universität York. Die Studie ist jetzt im Fachmagazin „Nature Communications“ erschienen.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Wie alle Zellen sind auch Bakterien von einer Zellmembran umgeben. Diese dünne Fettschicht hält Nährstoffe, Erbmaterial und Eiweiße der Zelle zusammen und ermöglicht so erst ihr Überleben. Andererseits müssen zum Beispiel Nährstoffe oder Moleküle, die als Bausteine für die Zelle dienen, die Membran überqueren können, sonst würde die Bakterie buchstäblich verhungern. Zu diesem Zweck bedienen sich Zellen sogenannter Membrantransporter. Das sind Eiweißmoleküle, welche in der Zellmembran sitzen und mit komplizierten Bewegungen Stoffe über die Membranbarriere transportieren. Die sogenannten TRAP Transporter helfen Krankheitserregern wie Haemophilus influenzae oder Vibrio cholerae ein kleines Zuckermolekül namens Sialinsäure über die Zellmembran zu bewegen. Sialinsäure kommt in menschlichem Gewebe sehr häufig vor und die Bakterien können sie mit dem TRAP Transporter förmlich aufsammeln und in ihre Zellwand einbauen. „Dort dient sie der Bakterie als eine Art Tarnkappe, um sich vor unserem Immunsystem verstecken zu können“, sagt der Bonner Wissenschaftler PD Dr Gregor Hagelueken.

Bakterieller Lastenaufzug live bei der Arbeit

Die Forschenden aus der Arbeitsgruppe von Hagelueken am Institut für Strukturbiologie des UKB benutzten die sogenannte cryo-Elektronenmikroskopie um die Struktur des Transporters zu entschlüsseln. „Unsere Ergebnisse stellen einen echten Durchbruch dar, da schon seit circa 20 Jahren versucht wurde die Struktur eines TRAP Transporters zu entschlüsseln“, sagt der Bonner Post-Doktorand Martin Peter. Er erinnert sich an den Moment als klar war, dass die Mammutaufgabe bewältigt war: „In diesem Augenblick waren wir die ersten, die jemals einen TRAP Transporter gesehen haben. Uns war dann sofort klar, wie das Eiweiß funktioniert. Es bewegt sich wie ein Aufzug in der Membran auf und ab.“

In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Ulrich Kubitscheck am Clausius Institut für Physikalische und Theoretische Chemie der Universität Bonn konnten die Forschenden dem Transporter live bei der Arbeit zusehen. „Der TRAP Transporter kommt in vielen krankmachenden Bakterien vor“, sagt Hagelueken, „vielleicht kann unsere Struktur in Zukunft dabei helfen, Antibiotika zu entwickeln, die dafür sorgen, dass der Aufzug stecken bleibt.“

Pressekontakt:
Dr. Inka Väth
Medizin-Redakteurin
Stabsstelle Kommunikation und Medien am Universitätsklinikum Bonn
Telefon: +49 228 287-10596
E-Mail: inka.vaeth@ukbonn.de

Zum Universitätsklinikum Bonn: Im UKB werden pro Jahr etwa 500.000 Patient*innen betreut, es sind 8.800 Mitarbeiter*innen beschäftigt und die Bilanzsumme beträgt 1,5 Mrd. Euro. Neben den über 3.300 Medizin- und Zahnmedizin-Studierenden werden pro Jahr weitere 580 Frauen und Männer in zahlreichen Gesundheitsberufen ausgebildet. Das UKB steht im Wissenschafts-Ranking auf Platz 1 unter den Universitätsklinika (UK) in NRW, weist den dritthöchsten Case Mix Index (Fallschweregrad) in Deutschland auf und hatte in den Corona- Jahren 2020 und 2021 als einziges der 35 deutschen Universitätsklinika einen Leistungszuwachs.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Wissenschaftlicher Kontakt:
PD Dr. Gregor Hagelueken
Institut für Strukturbiologie am Universitätsklinikum Bonn
Telefon: +49 228 287-51200
E-Mail: hagelueken@uni-bonn.de


Originalpublikation:

Martin F. Peter, Jan A. Ruland, Peer Depping, Niels Schneberger, Emmanuele Severi, Jonas Moecking, Karl Gatterdam, Sarah Tindall, Alexandre Durand, Veronika Heinz, Jan Peter Siebrasse, Paul-Albert Koenig, Matthias Geyer, Christine Ziegler, Ulrich Kubitscheck, Gavin H. Thomas & Gregor Hagelueken: Structural and mechanistic analysis of a tripartite ATP-independent periplasmic TRAP transporter; Nature Communications; https://doi.org/10.1038/s41467-022-31907-y


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Chemie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW