Coronakrise: Menschen in hohem Alter vermissen Kontakte und sind häufiger deprimiert



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24.11.2020 13:25

Coronakrise: Menschen in hohem Alter vermissen Kontakte und sind häufiger deprimiert

Alte Menschen sind jedoch nicht nur schutzbedürftig, sondern leisten auch wichtige Unterstützung in den Familien – Neue Studie über Corona-Pandemie aus Sicht alter und hochaltriger Menschen

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

In Zeiten der Corona-Pandemie wird viel über alte Menschen debattiert, aber es ist wenig darüber bekannt, was Menschen in hohem Alter selbst über ihre Situation denken. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) haben daher im Rahmen einer Telefonumfrage ältere Menschen nach ihrer Einschätzung der COVID-19-Pandemie befragt. Erste Ergebnisse zeigen, dass eine große Mehrheit der älteren Menschen keine negativen Folgen der Corona-Pandemie auf ihre Gesundheit feststellt. Allerdings zeigen sich im sozialen und psychosozialen Bereich teils deutliche Konsequenzen: Ältere Menschen vermissen ganz besonders den Kontakt zu anderen und viele fühlen sich alleingelassen. Ein Viertel der Befragten gibt zudem an, während der Corona-Pandemie öfter deprimiert zu sein als zuvor. An der Befragung nahmen 500 Menschen im Alter von über 75 Jahren teil.

Pauschale Einordnung älterer Menschen als Risikogruppe ist nicht angemessen

In Diskussionen über alte Menschen geht es meist um die für sie besonders gravierenden Folgen einer COVID-19-Erkrankung. Älteren Menschen wird aus diesem Grund in besonderer Weise nahegelegt, die empfohlenen Hygiene- und Schutzmaßnahmen einzuhalten. Eine pauschale Einschätzung als Risikogruppe birgt jedoch die Gefahr, die Heterogenität älterer Menschen im Hinblick auf ihre gesundheitlichen Voraussetzungen, Lebenssituationen und Ressourcenausstattung aus dem Blick zu verlieren. Darüber hinaus kann sie dazu beitragen, ältere Menschen per se als schutzbedürftig wahrzunehmen und in ihrer Isolation die Lösung für den jüngeren Teil der Gesellschaft zu sehen.

Obwohl im Fokus von Politik und Öffentlichkeit, ist wenig darüber bekannt, was alte und insbesondere Menschen sehr hohen Alters selbst über die Corona-Pandemie denken und wie sie selbst die Auswirkungen auf ihre Lebenssituation erleben. Wie verhalten sie sich und welche Sorgen machen sie sich? Wie schätzen sie die Folgen der Corona-Pandemie auf ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden ein? Wie gehen sie mit den Maßnahmen zum Schutz vor einer Ansteckungsgefahr um? Diese und andere Fragen stehen im Mittelpunkt der Studie „Alte und hochaltrige Menschen in der Corona-Pandemie“, die unter der Leitung von Dr. Vincent Horn und Prof. Dr. Cornelia Schweppe an der JGU durchgeführt wird.

Einschätzung älterer Menschen über ihre Situation soll in öffentlichen Diskurs einfließen

Die Studie richtet sich an Menschen im hohen Alter, um ihre Perspektiven in den öffentlichen Diskurs einfließen zu lassen. Als Zielgruppe wurden deshalb Menschen im Alter von mindestens 75 Jahren gewählt und im Rahmen einer bundesweiten Telefonumfrage befragt. Insgesamt nahmen 500 ältere Menschen an der Befragung teil. Erhoben wurden die Daten in der letzten Septemberwoche 2020, das heißt zu einem Zeitpunkt, als die Zahl der Neuinfektionen wieder zu steigen begann, ein weiterer Teil-Lockdown jedoch erst noch bevorstand. Neben dem Zeitpunkt der Erhebung ist nach Darstellung der Studienleiter zu beachten, dass es sich bei den Befragten um relativ gesunde ältere Menschen handelt, die in der Lage waren, an der Befragung teilzunehmen.

Die erste Auswertung der Daten zeigt, dass die älteren Menschen sich zwar nur zu einem Drittel größere Sorgen machen, sich mit dem Virus SARS-CoV-2 anzustecken, aber zwei Drittel die Folgen einer Infizierung für gefährlich halten. Ihr Verhalten richten sie weitgehend an den empfohlenen Hygieneregeln und den empfohlenen Schutzmaßnahmen aus. Dementsprechend verzichtet rund die Hälfte der Befragten auf die Teilnahme an privaten Feiern und 40 Prozent auf Treffen mit Freundinnen, Freunden und Bekannten. Lediglich auf Treffen mit der Familie möchte der Großteil von 82 Prozent der älteren Menschen nicht verzichten. Auch Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Freizeit von alten Menschen werden sichtbar. So geben 41 Prozent der Befragten an, dass sie bestimmten Hobbys seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie nicht nachgehen können und 78 Prozent, dass sie aufs Reisen verzichten.

Ältere Menschen verfügen aber auch über belastbare soziale Netzwerke

Wenngleich die große Mehrheit der älteren Menschen keine negativen Folgen der Corona-Pandemie auf ihre Gesundheit konstatiert, zeigen sich im sozialen und psychosozialen Bereich teils deutliche Konsequenzen. Demnach fehlt mehr als der Hälfte der Austausch und Kontakt mit anderen Menschen, 15 Prozent fühlen sich alleingelassen. Ein Viertel der Befragten gibt zudem an, dass es während der Corona-Pandemie öfter deprimiert sei als davor. Die Daten zeigen allerdings auch, dass ältere Menschen in der Regel über belastbare soziale Netzwerke verfügen, die ihnen in Krisensituationen Unterstützung bieten können. Dies wird auch daran deutlich, dass nur wenige angeben, zuvor erhaltene Unterstützungsleistungen aufgrund der Corona-Pandemie nicht weiter erhalten zu haben.

Vincent Horn warnt davor, alte Menschen ausschließlich als besonders schutzbedürftige Gruppe zu betrachten. „Unsere Studie zeigt, dass sie in der Corona-Pandemie auch zu wichtigen Unterstützungspersonen geworden sind. Ein nicht unerheblicher Teil unterstützt ihre Kinder und Enkelkinder finanziell deutlich mehr als vor der Krise.“ Gerade deswegen sei es so wichtig, die Perspektiven älterer Menschen zu hören, um politische und fachliche Maßnahmen an ihren Bedürfnissen und Lebenssituationen auszurichten und Bevormundung zu vermeiden, ergänzt Cornelia Schweppe, Professorin für Sozialpädagogik am Institut für Erziehungswissenschaft der JGU.

Weiterführende Links:
http://www.sozialpaedagogik.fb02.uni-mainz.de/1076.php – AG Sozialpädagogik

Lesen Sie mehr:
https://www.uni-mainz.de/presse/aktuell/11844_DEU_HTML.php – Pressemitteilung „Neue Studie zeigt weitere Zuspitzungen in der häuslichen Altenpflege während der Covid-19-Pandemie“ (16.07.2020)
https://idw-online.de/de/news749692 – idw-Nachricht „Johannes Gutenberg-Universität Mainz startet Studie zur häuslichen Altenpflege in Zeiten von Corona“ (18.06.2020)
https://www.uni-mainz.de/presse/aktuell/11850_DEU_HTML.php – Pressemitteilung „Ruhestand im Globalen Süden: Hoffnung auf ein besseres Leben im Rentnerparadies“ (05.03.2020)
https://www.uni-mainz.de/presse/aktuell/7744_DEU_HTML.php – Pressemitteilung „Pflegenotstand in Deutschland: Migrantische Pflegekräfte als Lösung für Staat und Familien?“ (27.02.2019)
http://www.magazin.uni-mainz.de/9435_DEU_HTML.php – JGU-Magazin-Beitrag „Entwicklungsland in Sachen Altenpflege“ (20.08.2018)
https://idw-online.de/de/news688928 – idw-Nachricht „Alte Menschen besser vor Gewalt in der häuslichen Pflege schützen“ (08.02.2018)
https://www.uni-mainz.de/presse/79347.php – Pressemitteilung „Globalisierung in der Altenpflege: Beschäftigung migrantischer Pflegekräfte ist Massenphänomen (05.10.2016)
http://www.uni-mainz.de/presse/75735.php – Pressemitteilung „DFG bewilligt internationales Forschungsprojekt zur Transnationalisierung von Langzeitpflege“ (15.06.2016)


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Cornelia Schweppe
AG Sozialpädagogik
Institut für Erziehungswissenschaft
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
55099 Mainz
Tel. +49 6131 39-20727 oder -26380
Fax +49 6131 39-26050
E-Mail: c.schweppe@uni-mainz.de
http://www.sozialpaedagogik.fb02.uni-mainz.de/140.php


Originalpublikation:

Der Gesamtbericht zu den Forschungsergebnissen ist verfügbar unter
https://www.sozialpaedagogik.fb02.uni-mainz.de/mitglieder-der-ag-sozialpaedagogi…


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Politik, Psychologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW