Erstmals Bluttest für Parkinson in Aussicht



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20.06.2022 10:00

Erstmals Bluttest für Parkinson in Aussicht

Sperrfrist 20.6., 10:00 Uhr

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Ein Forschungsteam an der Medizinischen Fakultät der Universität Kiel hat eine Methode entwickelt, die die für Parkinson typischen Eiweißveränderungen zuverlässig im Blut aufspürt.

Bisher beruht die Diagnose der Parkinsonkrankheit vor allem auf den typischen Bewegungsstörungen wie Muskelversteifung, Bewegungsverlangsamung und Zittern. Die Krankheit beginnt aber bis zu zwanzig Jahre bevor sie durch diese Symptome auffällig wird. Es gibt bisher weder Blutparameter, noch bildgebende Untersuchungen für eine gesicherte Diagnose, geschweige denn zur Früherkennung. „Das ist ein Dilemma. Denn natürlich möchte man die Krankheit schon im Anfangsstadium entdecken und Maßnahmen entwickeln, die verhindern, dass die Patienten steif werden, zittern und langsam werden“, erklärt Dr. Annika Kluge aus der Arbeitsgruppe Früherkennung Parkinson (Leitung: Professorin Dr. Daniela Berg und Dr. Eva Schäffer) an der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). Aus diesem Grund suchen viele Arbeitsgruppen weltweit nach zuverlässigen klinisch anwendbaren Biomarkern für die chronisch fortschreitende Gehirnerkrankung.

Dem Team um Kluge und der Biochemikerin Professorin Friederike Zunke, die mittlerweile an die Universität Erlangen gewechselt ist, gelang hier ein Durchbruch: „Wir haben einen biochemischen blutbasierten Test für die Diagnose der Parkinsonkrankheit entwickelt. Mit Hilfe unseres Verfahrens konnten die getesteten 30 Parkinsonpatienten von den 50 Kontrollpersonen mit einer sehr hohen Sensitivität unterschieden werden.“ Die Ergebnisse der Studie wurden jetzt in der Zeitschrift Brain veröffentlicht. Beteiligt an der Arbeit waren neben der Arbeitsgruppe in der Neurologie und Biochemie der CAU auch PD Dr. Philipp Arnold (jetzt ebenfalls an der Uni Erlangen) und Professor Ralph Lucius vom Anatomischen Institut. Professorin Daniela Berg, die Direktorin der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel betont: „Die Ergebnisse sind wirklich sensationell. Auf dieser Grundlage lässt sich ein Bluttest für die Diagnose der Parkinsonkrankheit entwickeln.“ Die Methode müsse hierfür allerdings noch weiterentwickelt werden, so dass eine breite Anwendung möglich ist. Offen sei auch noch, ob auch frühe Stadien der Erkrankungen nachgewiesen werden können und ob der Test auch bei Parkinson-ähnlichen Erkrankungen anschlägt.

Direkter Nachweis des krankmachenden Proteins im Blut

Die neue Methode beruht auf drei Schritten: Zunächst werden in der Blutprobe Vesikel von Nervenzellen isoliert. Vesikel sind kleine Bläschen, die von Zellen abgeschnürt werden und Proteine der ursprünglichen Zelle enthalten. „So ist es auch möglich, Vesikel aus dem Nervensystem über eine gewöhnliche Blutprobe zu gewinnen. Das heißt ich kann quasi ins Gehirn schauen, wenn ich diese Vesikel untersuche“, erklärt die Assistenzärztin Annika Kluge von der Klinik für Neurologie am UKSH, Campus Kiel. In diesen isolierten Nervenzell-Vesikeln wurde dann in einem zweiten Schritt gezielt nach dem Protein gesucht, das die Erkrankung verursacht. Es handelt sich dabei um eine veränderte Form von α-Synuclein. Diese krankmachende Form des α-Synucleins kann durch Struktur-spezifische Antikörper nachgewiesen werden. Besonders stolz ist die junge Ärztin auf den dritten und wesentlichen Schritt des Nachweisverfahrens: „Das eigentlich Schönste an unserer Arbeit ist, dass es uns dann gelungen ist, diese fehlgefalteten α-Synuclein-Formen von Parkinsonpatienten zu vervielfältigen. Das ist aus anderen Gewebeproben schon gelungen, aber bisher noch niemals aus Vesikeln, gewonnen aus dem Blut von Patienten.“ Diese Anhäufung von krankhaft verändertem α-Synuclein ist das, was zum Untergang der betroffenen Nervenzellen führt und letztlich die Krankheit verursacht. „Dass wir diese Aggregatbildung nachweisen konnten, ist die Bestätigung dafür, dass in der Probe pathologische α-Synuclein-Formen vorliegen.“

Originalpublikation:
Kluge A, Bunk J, Schaeffer E, Drobny A, Xiang W, Knacke H, Bub S, Lückstädt W, Arnold P, Lucius R, Berg D und Zunke F. Detection of neuron-derived pathological α-synuclein in blood. Brain (2022) https://doi.org/10.1093/brain/awac115

Bildmaterial steht zum Download bereit:
http://www.uni-kiel.de/de/pressemitteilungen/portraitbilder/annika-kluge.jpg
Dr. Annika Kluge, Assistenzärztin an der Klinik für Neurologie am UKSH, Campus Kiel, hat eine Methode entwickelt, die Grundlage für einen Bluttest für die Parkinsonkrankheit sein könnte.
© UKSH

Wissenschaftlicher Kontakt:
Dr. Annika Kluge
Klinik für Neurologie, UKSH, Campus Kiel
Medizinische Fakultät, CAU
Telefon: 0431-500 23842
E-Mail: Annika.Kluge@uksh.de

Prof. Dr. Daniela Berg
Klinik für Neurologie, UKSH, Campus Kiel
Medizinische Fakultät der CAU
Telefon: 0431/500-23800
E-Mail: Daniela.Berg@uksh.de

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
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Telefon: 0431-500 23842
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Prof. Dr. Daniela Berg
Klinik für Neurologie, UKSH, Campus Kiel
Medizinische Fakultät der CAU
Telefon: 0431/500-23800
E-Mail: Daniela.Berg@uksh.de


Originalpublikation:

Kluge A, Bunk J, Schaeffer E, Drobny A, Xiang W, Knacke H, Bub S, Lückstädt W, Arnold P, Lucius R, Berg D und Zunke F. Detection of neuron-derived pathological α-synuclein in blood. Brain (2022) https://doi.org/10.1093/brain/awac115


Weitere Informationen:

http://Link zur Meldung: www.uni-kiel.de/de/089-blutmarker-parkinson


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW