„Flechten mit und fürs Herz!“ – die Entwicklung innovativer Stents geht in die heiße Phase



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29.01.2021 12:35

„Flechten mit und fürs Herz!“ – die Entwicklung innovativer Stents geht in die heiße Phase

Hof, 29.01.2021 – Seit mehreren Jahren forscht das Institut für Materialwissenschaften (ifm) der Hochschule Hof an der Entwicklung bewegungsflexibler Gefäßprothesen für die Medizintechnik. Am Hochschulcampus in Münchberg werden die neuartigen Stents dabei erstmals aus geeigneten Werkstoffen in ihrer Einsatzgröße geflochten. Zwei im Rahmen des Wissens- und Technologietransfer-Programms (WIPANO) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderte Projekte gehen nun in die entscheidende Phase. Ziel der Unterstützung durch den Bund ist insbesondere die Weiterentwicklung der Innovationen bis hin zum praktischen Einsatz am Markt.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

„GeVeS – Geflochtene, verzweigte Strukturen für den Einsatz in Medizintechnik und Rohrsanierung“ sowie „KISS – Knospendes Implantierverfahren für Stentstrukturen“ – die Namen für die laufenden Projekte klingen so komplex, wie das Forschungsgebiet nun einmal ist. Zweifellos: Die Produktentwicklung für den medizinischen Einsatz am Menschen gehört auch in der Wissenschaft zu den größten Herausforderungen, denen man sich stellen kann. Genau dies ist in Münchberg der Fall. Beide dort betriebenen Förderprojekte knüpfen an eine bemerkenswerte Erfindung des Instituts selbst an: Auf medizinische Stents für verengte Gefäße, die aus geflochtenen Strukturen bestehen, und ein entsprechendes Implantationsverfahren hat man dort zwei Schutzrechte. Nun folgt die Weiterentwicklung – bis hin zur Marktreife.

Patentschutz auf geflochtene Stents

Das Münchberger Patent beschreibt und schützt die Erfindung einer speziellen geflochtenen und verzweigten Struktur mitsamt einem automatisiert geflochtenen Übergangsbereich, der – als besonderes Kennzeichen – völlig frei von Löchern ist. Dieser lochfreie Zwickel wird durch zusätzliches Kreuzen und Verdrehen von Fäden untereinander erreicht und dadurch besonders haltbar und robust – eine bemerkenswerte und in der Vergangenheit bereits Aufsehen erregende Innovation auf diesem Gebiet. „Um die Struktur noch weiter zu verbessern, wird derzeit der Einsatz einer größeren Anzahl an Fadensystemen im Übergangsbereich der Verzweigung erforscht. Damit sollen eine weitere Erhöhung der Dichte sowie ein verbesserter Lochschluss erreicht werden“, so Prof. Dr. Frank Ficker, Leiter des Instituts für Materialwissenschaften.

Erweiterung von Einsatzfeldern

Generell möchten die Forscherinnen und Forscher am Institut durch kontinuierliche Weiterentwicklung die Eigenschaften von geflochtenen Stentsystemen in der Medizintechnik deutlich optimieren und so in der Konsequenz auch Einsatzfelder ausbauen und Marktpotentiale erweitern. Um dies zu erreichen ist es zum Beispiel Teil der aktuellen Projektarbeit, geschlossene Zwickel mit mehr als einer Verzweigung zu produzieren. Mehrfach verzweigte Stents werden bisher – nach gängigem Stand der Technik – in aufwändigen Prozessen aus mehreren einzelnen Stents zusammengesetzt. Mit der Entwicklung des ifm wird nun aber der direkte Einsatz in verzweigten Adersystemen möglich, da durch den verbesserten Lochschluss das Einwachsen von Gewebe deutlich verringert werden kann. „Außerdem sichert diese Struktur eine gleichmäßige Medikation für alle betroffenen Körperbereiche und das hat positive Folgen für Gewebewachstum und Heilung“, so Prof. Dr. Frank Ficker.

Stent öffnet sich wie Blüte

Für die Implantation eines so verzweigten Stents konnte mit dem Projekt „KISS“ nun auch ein innovatives Verfahren zur Anwendung entwickelt und vertieft werden. Dabei wird der verzweigte Stent aus NiTiNOL (also einer Nickel-Titan-Form-Gedächtnis-Legierung), die für den Einsatz im Körperinneren zugelassen ist, so in den Körper eingebracht, dass er sich erst an seinem Bestimmungsort wie eine Blumenknospe entfaltet. Auf diese Weise kann eine sichere Transplantation gewährleistet werden. Die Vorteile liegen auf der Hand: „Gegenüber Koronar-Stents, die laut Stand der Technik mittels Präzisionslasertechnik hergestellt werden, zeichnen sich die geflochtenen Strukturen durch eine hohe Flexibilität im Einsatz aus“, so Prof. Dr. Frank Ficker.

Größere Flexibilität und Beweglichkeit

Aktuell werden bei Operationen häufig noch Gefäßprothesen mit einer Röhrengeometrie mit geradem Abschluss verwendet, die bei Verzweigungen wie beschrieben zusammengesetzt werden müssen. Diese sind nach Ansicht von Operateuren aber besonders bei kleinen Gefäßen und engen Radien und aufgrund der eingeschränkten Beweglichkeit schwierig zu positionieren. Diese Problematik soll durch die Entwicklung verzweigter, geflochtener Stents mit einziehbarem Seitenarm gelöst werden.
Im Rahmen der Forschungsarbeiten zur Anmeldung des Schutzrechts wurde das Verfahren lediglich in sehr großem Maßstab in seiner Theorie bestätigt. Im Projekt konnten nun aber maßstabsgerechte Stents für koronare Gefäßgabelungen entwickelt werden. Diese ermöglichen Forschern wie Ärzten nun bereits detaillierte Rückschlüsse auf das spätere Implantierverhalten. Die Stents aus Münchberg zeigen dabei eine hohe Flexibilität und superelastische Eigenschaften. „Das Material springt nach einer Verformung von bis zu 50 % des Belastungsniveaus in die gewünschte Form zurück und liefert so die notwendigen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Transplantation“, freuen sich Prof. Dr. Ficker und seine Mitarbeiter.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Frank Ficker

Ingenieurwissenschaften
Innovative Textilien

Hochschule Hof
Alfons-Goppel-Platz 1
95028 Hof
E-Mail: frank.ficker(at)hof-university.de


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Werkstoffwissenschaften
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch


Quelle: IDW