Forschende der Universitätsmedizin Mainz identifizieren Jekyll- und Hyde-Schlüsselprotein



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05.06.2023 10:52

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Forschende der Universitätsmedizin Mainz identifizieren Jekyll- und Hyde-Schlüsselprotein

Forschende des Instituts für Physiologische Chemie haben ein neues Schlüsselprotein identifiziert, das die Neubildung von Nervenzellen im Gehirn reguliert: das Protein Yap1. Sie fanden heraus, dass Yap1 ein Jekyll- und Hyde-Protein ist. Es aktiviert einerseits die Bildung von neuen Nervenzellen. Bei einer Überaktivierung könnte es andererseits dazu beitragen, dass Stammzellen im Gehirn sich in Krebszellen entwickeln. Diese ersten vorklinischen Erkenntnisse der Mainzer Forschenden bieten einen Ansatz, um aufzuklären, wie Tumore im Gehirn entstehen. Darüber hinaus könnten sie die Grundlage für Maßnahmen bieten, die der im Alter abnehmenden Erneuerung von Nervenzellen im Gehirn entgegenwirken

Yap1 fördert die Neubildung von Nervenzellen und möglicherweise auch die Tumorbildung im Gehirn

Wissenschaftler:innen des Instituts für Physiologische Chemie der Universitätsmedizin Mainz haben ein Schlüsselprotein bei der Neubildung von Nervenzellen im erwachsenen Gehirn identifiziert: das Protein Yap1. Sie fanden heraus, dass Yap1 dabei möglicherweise eine Doppelrolle hat. Es aktiviert einerseits die Bildung von neuen Nervenzellen. Bei einer Überaktivierung könnte es andererseits dazu beitragen, dass Stammzellen im Gehirn sich zu Krebszellen entwickeln. Diese ersten vorklinischen Erkenntnisse der Mainzer Forschenden bieten einen Ansatz, um aufzuklären, wie Tumore im Gehirn entstehen. Darüber hinaus könnten sie die Grundlage für Maßnahmen bieten, die der im Alter abnehmenden Erneuerung von Nervenzellen im Gehirn entgegenwirken. Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift The EMBO Journal veröffentlicht.

Die Neurogenese ist ein Prozess, bei dem neue Nervenzellen im Gehirn gebildet werden. Dabei teilen sich sogenannte neurale Stammzellen, die sich zu Nervenzellen weiterentwickeln können. Der Prozess findet vor allem in der embryonalen Entwicklung statt. Im Erwachsenenalter befinden sich die meisten Stammzellen dagegen im Ruhezustand. Nur gelegentlich werden sie aktiviert und beginnen sich zu teilen, um neue Nervenzellen zu bilden. Welche Mechanismen diese Aktivierung beeinflussen, ist noch nicht vollständig geklärt.

„Wir konnten erstmals zeigen, dass das Protein Yap1 maßgeblich an der Aktivierung neuraler Stammzellen beteiligt ist. Unsere Erkenntnisse können es ermöglichen, neuartige Wege zu finden, um die Neurogenese zu stimulieren. Dadurch könnte die Gedächtnis- und Lernfähigkeit des Gehirns im Alter aufrechterhalten werden“, erläutert Univ.-Prof. Dr. Benedikt Berninger, Arbeitsgruppenleiter am Institut für Physiologische Chemie der Universitätsmedizin Mainz.

In ersten vorklinischen Untersuchungen haben die Mainzer Forschenden gemeinsam mit Wissenschaftler:innen vom King’s College London sowie von der Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg-Erlangen gezeigt, dass neurale Stammzellen mehr Yap1 herstellen als alle anderen Zellen. Die Inaktivierung von Yap1 führte dazu, dass auch zunehmend weniger Stammzellen aktiviert wurden. Durch die Aktivierung von Yap1 wurden dagegen die inaktiven Stammzellen stimuliert, sich zu teilen und neue Nervenzellen zu bilden.
Bei einer Überaktivierung von Yap1 wurden allerdings vermehrt Proteine gebildet, die mit dem sogenannten Glioblastom in Verbindung gebracht werden. Dabei handelt es sich um eine Hirntumorart, die schnell wächst und sehr aggressiv ist.

„Diese Entdeckung deutet darauf hin, dass das Protein Yap1 ein Janusgesicht hat: Neben seiner wichtigen Rolle bei der Regulation der Neubildung von Nervenzellen hat es das Potenzial, neurale Stammzellen in Krebszellen zu umzuwandeln“, sagt Professor Berninger. Und ergänzt: „Um nur die positiven Effekte von Yap1 zu erhalten, müssten wir die Aktivität des Proteins genauestens kontrollieren. Dafür könnte zum Beispiel ein hemmender Wirkstoff verwendet werden. Die Herausforderung jedoch ist, dass die Hemmung gezielt in bestimmten Stammzellen des Gehirns erfolgt und nicht in anderen Zellen des Körpers, wo Yap1 ebenfalls vorkommt. Dafür ist es notwendig, die komplexen Prozesse rund um Yap1 noch tiefergehender zu verstehen.“

Originalpublikation:
W. Fan, J. Jurado-Arjona, G. Alanis-Lobato, S. Péron, C. Berger, M.A. Andrade-Navarro, S. Falk, B. Berninger; The transcriptional co‐activator Yap1 promotes adult hippocampal neural stem cell activation. The EMBO journal, 2023, S. e110384.
DOI: https://doi.org/10.15252/embj.2021110384

Bildunterschrift: Forschende der Universitätsmedizin Mainz haben ein neues Schlüsselprotein identifiziert, das die Nervenzellbildung im Gehirn reguliert. Das Bild zeigt einen Querschnitt durch die Region des Hippocampus im Gehirn, die neurale Stammzellen (weiß) beherbergt. Das Protein Yap1 aktiviert die Stammzellen zur Zellteilung (rot).
Bildquelle: © Universitätsmedizin Mainz / Dr. Wenqian Fan

Kontakt
Univ.-Prof. Dr. Benedikt Berninger, Institut für Physiologische Chemie,
Universitätsmedizin Mainz,
Telefon 06131 39-21334, E-Mail berningb@uni-mainz.de

Pressekontakt
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Telefon 06131 17-7771, E-Mail pr@unimedizin-mainz.de

Über die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige medizinische Einrichtung der Supramaximalversorgung in Rheinland-Pfalz und ein international anerkannter Wissenschaftsstandort. Sie umfasst mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen, die fächerübergreifend zusammenarbeiten und jährlich mehr als 320.000 Menschen stationär und ambulant versorgen. Hochspezialisierte Patientenversorgung, Forschung und Lehre bilden in der Universitätsmedizin Mainz eine untrennbare Einheit. Mehr als 3.500 Studierende der Medizin und Zahnmedizin sowie rund 700 Fachkräfte in den verschiedensten Gesundheitsfachberufen, kaufmännischen und technischen Berufen werden hier ausgebildet. Mit rund 8.700 Mitarbeitenden ist die Universitätsmedizin Mainz zudem einer der größten Arbeitgeber der Region und ein wichtiger Wachstums- und Innovationsmotor. Weitere Informationen im Internet unter www.unimedizin-mainz.de.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Univ.-Prof. Dr. Benedikt Berninger, Institut für Physiologische Chemie,
Universitätsmedizin Mainz,
Telefon 06131 39-21334, E-Mail berningb@uni-mainz.de


Originalpublikation:

W. Fan, J. Jurado-Arjona, G. Alanis-Lobato, S. Péron, C. Berger, M.A. Andrade-Navarro, S. Falk, B. Berninger; The transcriptional co‐activator Yap1 promotes adult hippocampal neural stem cell activation. The EMBO journal, 2023, S. e110384.
DOI: https://doi.org/10.15252/embj.2021110384


Bilder

Ein Querschnitt durch die Region des Hippocampus, die neurale Stammzellen (weiß) beherbergt. Das von den Mainzer Forschenden untersuchte Protein Yap1 aktiviert die Stammzellen zur Zellteilung (rot) und unterstützt somit die Neubildung von Nervenzellen.

Ein Querschnitt durch die Region des Hippocampus, die neurale Stammzellen (weiß) beherbergt. Das von
UM Mainz / Dr. Wenqian Fan


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW