Forschungsteam der Jacobs University entdeckt neue Methode zum Transport von Wirkstoff



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24.03.2022 11:21

Forschungsteam der Jacobs University entdeckt neue Methode zum Transport von Wirkstoff

Zellen sind Meister im Selbstschutz. Ihre Membranen lassen die für sie lebensnotwendigen Stoffe hinein, sperren aber andere Substanzen aus – auch solche, mit denen etwa Krankheiten bekämpft werden könnten. Diese natürliche Barriere zu überwinden, ist ein zentrales Anliegen der Zellforschung. Wissenschaftler:innen der Jacobs University Bremen und der spanischen Universität Santiago de Compostela ist dies nun geglückt. Sie haben eine neue Methode entwickelt mit der Medikamente und Peptide in die Zelle transportiert werden können. Die Ergebnisse ihrer Forschung sind jetzt in der renommierten Zeitschrift „Nature“ erschienen.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

„Unser Verfahren hat ein breites Anwendungspotenzial“, sagt Dr. Werner Nau, Professor für Chemie, in dessen Arbeitsgruppe die Methode entwickelt wurde. Sie basiert auf einem neuen chemischen Konzept, an dem die Forschenden bereits seit 2015 arbeiten. Bislang mussten komplexe und teilweise toxische Formulierungen verwendet werden, um die Zellwände zu überwinden. Diesen Effekt erzielen die Forschenden der Jacobs University nun durch die Nutzung wasserlöslicher Cluster auf Basis des chemischen Elementes Bor. In Experimenten wiesen sie nach, dass es eine optimale Größe für diese Bor-Cluster gibt, bei der der Durchdringungsprozess besonders effizient ist. „Sind die Moleküle zu klein, wirken sie nicht. Sind sie zu groß, haben sie membranschädigende Eigenschaften“, berichtet Dr. Andrea Barba-Bon, die als Erst-Autorin des Artikels in „Nature“ und Post-Doktorandin die ersten erfolgreichen Experimente durchführte.

Den Wissenschafter:innen gelang es, beispielhaft verschiedene Wirkstoffe in Zellen zu platzieren. Darunter auch solche, die erfolgreich Antibiotikaresistenzen überwinden. „Für die neue Methode gibt es viele Anwendungen, zum Beispiel für den Transport von Medikamenten der neuesten Generation, insbesondere von Peptiden oder sogar protein-basierten Wirkstoffen“, meint Javier Montenegro, in dessen spanischer Arbeitsgruppe die zellbiologischen Experimente durchgeführt wurden. Peptide sind gefragte Wirkstoffe. Sie kommen etwa bei Krebstherapien, in Antibiotika, Vakzinen und in zahlreichen neuartigen Arzneimitteln zur Anwendung. Auch in der Kosmetikindustrie werden sie genutzt.
Das Verfahren hat zudem das Potenzial, der zellbiologischen Grundlagenforschung einen Schub zu geben. Sie vereinfacht es erheblich, positiv geladene und neutrale Wirkstoff-Moleküle oder Fluoreszenzfarbstoffe in lebende Zellen zu transportieren, die bislang nicht eingeschleust werden konnten.

„Bor-Cluster als Breitband-Membrantransporter“, lautet der Titel des Artikels in Nature. Die 1869 in Großbritannien erstmals erschienene Zeitschrift ist eine der wichtigsten und angesehensten Publikationen auf dem Gebiet der Naturwissenschaften. „Nach mehreren Jahren intensiver Grundlagenforschung ist es nun ein großer Erfolg für uns, das Anwendungspotential unserer Forschungsergebnisse dort veröffentlichen zu können“, meint Nau.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Fragen beantwortet:
Prof. Dr. Werner Nau
Dekan und Professor für Chemie
Email: w.nau@jacobs-university.de
Tel.: +49 421 200-4339


Weitere Informationen:

https://www.nature.com/articles/s41586-022-04413-w


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Biologie, Chemie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW