Frühwarn-Score für chronische Schmerzen nach einer OP



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29.06.2022 10:00

Frühwarn-Score für chronische Schmerzen nach einer OP

Ein holländisch-deutsches Forschungsteam untersuchte Warnhinweise für eine Chronifizierung von Schmerzen nach einer Operation: Eingriffe am Skelettsystem, eine präoperative Opioideinnahme, zwei Wochen nach dem Eingriff anhaltende Schmerzen und schmerzhafte Kältereize erwiesen sich als wichtigste Risikofaktoren.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Operationsschmerzen verschwinden in den allermeisten Fällen nach wenigen Tagen – bei einigen Operierten können sich daraus jedoch chronische Schmerzen entwickeln, die die Betroffenen schwer beeinträchtigen. Ein bekanntes Beispiel sind Phantomschmerzen nach Amputationen, aber auch nach vielen anderen Operationen können sich chronische Schmerzen entwickeln. In einer jetzt im British Journal of Anaesthesia veröffentlichen Studie hat niederländisch-deutsche Forschungsgruppe untersucht, ob es Frühwarnzeichen für eine solche Chronifizierung gibt – dies würde eine rechtzeitige Identifikation der Betroffenen ermöglichen, so dass präventive Maßnahmen eingeleitet werden könnten.

Dazu hat die Gruppe an einem Kollektiv von 344 Patienten mit verschiedenen Operationen einen Frühwarn-Score entwickelt. Darüber hinaus jedoch wurde an einer zweiten Gruppe aus einer anderen Klinik die Validität des Scores überprüft – dieser Aufwand zeichnet die methodische Qualität der Studie aus.

Neben Risikofaktoren wie Operationen am Skelettsystem sowie einer präoperativen Opioideinnahme fielen vor allem zwei Faktoren auf: Wenn Patienten 14 Tage nach einer Operation immer noch über Schmerzen klagten, vor allem aber, wenn sie dabei berichteten, dass sich ein Kältereiz als schmerzhaft anfühlt, war das Risiko einer Chronifizierung drei Monate nach der Operation deutlich erhöht. „Eine veränderte Schmerzschwelle für Kälte ist ein Hinweis darauf, dass das schmerzverarbeitende System nicht mehr normal funktioniert“, berichtet Marjelle van Driel, Erstautorin der Studie, die die Arbeit zusammen mit Mienke Rijsdijk in den Universitätskliniken Utrecht und Rotterdam initiiert hat.

Die Studie wurde zusammen mit dem internationalen Schmerz-Forschungsnetzwerk PAIN OUT durchgeführt, das im Universitätsklinikum Jena in Deutschland koordiniert wird. „Die Arbeit verdeutlicht welches Potential eine einfache, aber zielgerichtete Nachbefragung von Patienten nach Operation und Narkose sein kann“, betont Winfried Meißner, Koordinator von PAIN OUT und Coautor der Studie. Im nächsten Schritt sollte nun untersucht werden, welche Verfahren bei den identifizierten Betroffenen mit erhöhtem Risiko eine Chronifizierung verhindern können.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

apl. Prof. Dr. Winfried Meißner
Sektion Schmerztherapie, Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Universitätsklinikum Jena
E-Mail: Winfried.Meissner@med.uni-jena.de


Originalpublikation:

van Driel et al: Development and validation of a multivariable prediction model forearly prediction of chronic postsurgical pain in adults: a prospective cohort study. British Journal of Anaesthesia 2022, doi: 10.1016/j.bja.2022.04.030


Weitere Informationen:

http://pain-out.med.uni-jena.de/contact PainOut-Projek


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW