Kann eine ungesunde Ernährung des Vaters vor der Zeugung Einfluss auf die Gesundheit des Kindes haben?



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22.04.2022 11:17

Kann eine ungesunde Ernährung des Vaters vor der Zeugung Einfluss auf die Gesundheit des Kindes haben?

Aktuelle tierexperimentelle Studie gibt deutliche Hinweise darauf, dass eine ungesunde Ernährung während der Spermienbildung insbesondere bei weiblichen Nachkommen zu Nierenerkrankungen führen kann.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Dass Umweltfaktoren, die die Gesundheit einer werdenden Mutter in der Schwangerschaft beeinträchtigen, wie Umweltverschmutzung, Stress oder eine ungesunde Ernährung, auch die Gesundheit des ungeborenen Kindes schädigen können, ist bekannt. Seit einiger Zeit weiß man auch, dass sogenannte epigenetische Mechanismen – vererbbare Veränderungen der Genexpression, die nicht in der Erbsubstanz selbst kodiert sind – für langfristige Schädigungen der Nachkommen verantwortlich sein können. Das Konzept einer mütterlichen Programmierung von Herz-Kreislauf- und Nierenkrankheiten wurde bereits in mehreren Studien nachgewiesen. Wie aber sieht es mit dem väterlichen Einfluss auf die Gesundheit des Kindes aus?

Eine aktuelle internationale, tierexperimentelle Studie unter der Beteiligung der V. Medizinischen Klinik der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) hat nun untersucht, ob es auch eine väterliche Programmierung von Nierenkrankheiten geben kann. Konkret wurde der Fragestellung nachgegangen, ob eine ungesunde Ernährung des Vaters/Großvaters negative Auswirkungen auf die Nierenfunktion und die Morphologie der Nieren der Nachkommen haben kann. Die Untersuchungen erfolgten an Ratten.

Männliche Tiere wurden über zwei Generationen einer ungesunden Diät mit hohen Konzentrationen von Fett, Kohlenhydraten und Salz – vergleichbar einer Fast Food-Kost – unterzogen und die Auswirkungen auf die Nierengesundheit der Nachkommen analysiert. Dazu wurde die glomeruläre Filtrationsrate – das pro Zeiteinheit von den Glomeruli der Nieren filtrierte Volumen – erfasst und die Albuminausscheidung im Urin ermittelt. Die glomeruläre Filtrationsrate ist einer der wichtigsten Parameter zur Abschätzung der Nierenfunktion, während eine erhöhte Albuminausscheidung ein frühes Zeichen einer Nierenschädigung sein kann.

In der ersten Generation der Nachkommen (F1) waren die Abweichungen beider Parameter nicht signifikant. Weibliche Nachkommen der zweiten Generation (F2) aber, deren Väter ebenfalls mit der ungesunden Kost ernährt wurden, wiesen eine signifikant verringerte glomeruläre Filtrationsrate und eine signifikant erhöhte Albuminausscheidung auf. Diese Tiere wurden einer detaillierten morphologischen und biochemischen Analyse unterzogen. Dabei zeigten Untersuchungen mittels computergestützten Bildanalyseverfahren, dass damit tatsächlich auch Schädigungen der Nieren einhergingen: Die weiblichen F2-Nachkommen entwickelten eine Nierenfibrose und eine Sklerose des Glomerulus.

Die Wissenschaftler konnten außerdem zeigen, auf welche Weise eine ungesunde Ernährung des Vaters und Großvaters während der Spermienbildung die weiblichen Nachkommen anfällig für Nierenerkrankungen macht: Durch eine unterschiedliche Expression von bestimmten Genen in der Niere, die durch epigenetische Veränderungen vermittelt werden. Es wurden Veränderungen sowohl in der Methylierung von Genen als auch in der Expression von nicht-kodierenden regulatorischen RNA Molekülen in der Niere beobachtet.

„Die tierexperimentelle Studie zeigt tatsächlich, dass eine ungesunde Ernährung des Vaters vor der Zeugung über zwei Generationen hinweg weibliche F2-Nachkommen für die Entwicklung einer chronischen Nierenerkrankung prädisponiert“, fasst Professor Dr. Bernhard Krämer, Direktor der V. Medizinischen Klinik, die Ergebnisse der Studie zusammen.

Und Professor Dr. Berthold Hocher, Leiter der Arbeitsgruppe für experimentelle und translationale Nephrologie, ergänzt: „Es muss jetzt in weiteren Studien überprüft werden, inwiefern diese Befunde auf den Menschen übertragbar sind. Sollte sich dies bestätigen, hat dies eine wichtige Bedeutung für die präventive Ernährungsmedizin.“


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. med. Berthold Hocher
Universitätsmedizin Mannheim
V. Medizinische Klinik
Arbeitsgruppe für experimentelle und translationale Nephrologie
Telefon 0621/383-5172 (Sekretariat)
Telefax 0621/383-3804
berthold.hocher@medma.uni-heidelberg.de


Originalpublikation:

High-fat, sucrose and salt-rich diet during rat spermatogenesis lead to the development of chronic kidney disease in the female offspring of the F2 generation
Xiaoli Zhang, Ahmed A Hasan, Hongwei Wu, Mohamed M. S. Gaballa, Suimin Zeng, Liping Liu, Li Xie, Tobias Jung, Tilman Grune, Bernhard K Krämer, Burkhard Kleuser, Jian Li, Berthold Hocher
FASEB J, 2022; 36:e22259
DOI: https://doi.org/10.1096/fj.202101789RR


Anhang

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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW