Kein Anstieg der Suizide trotz zwei Jahren Corona-Pandemie – Analyse der Daten von elf Millionen Einwohnern



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09.05.2022 10:05

Kein Anstieg der Suizide trotz zwei Jahren Corona-Pandemie – Analyse der Daten von elf Millionen Einwohnern

Wie stark wirkt sich die Corona-Pandemie auf die Suizidsterblichkeit aus? Wissenschaftler:innen der Universitätsmedizin Leipzig haben die Suizidstatistiken, getrennt nach Altersgruppen und Geschlechtern, in drei Bundesländern erhoben. Die positive Nachricht: Trotz der psychischen Belastung der Bevölkerung in der Pandemie wurde in der Gesamtstichprobe kein Anstieg der Suizide beobachtet.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Es ist die aktuellste und bislang größte Datenerhebung zum Thema Suizidsterblichkeit während der COVID-19-Pandemie in Deutschland. Wissenschaftler:innen der Universitätsmedizin Leipzig sowie des Uniklinikums Ulm und der Universität Wien haben Suizidtodesfälle der polizeilichen Kriminalstatistiken in den Bundesländern Sachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein von elf Millionen Einwohnern ausgewertet. Die Forscher:innen betrachteten die Daten von Anfang 2017 bis Ende 2021, um die Zeiträume vor und während der Pandemie miteinander vergleichen zu können. Die Ergebnisse wurden aktuell im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht.

Aus der Vergangenheit ist bekannt, dass wirtschaftliche Krisen, Epidemien oder andere Bedrohungsszenarien die Suizidraten der betroffenen Menschen beeinflussen. Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie wurde daher eine Zunahme von Suiziden befürchtet. „Unser Ziel war es, belastbare Daten während der Covid-19-Pandemie zur Verfügung zu stellen. Insbesondere zu spezifischen Risiken einzelner Altersgruppen und dem Geschlecht“, sagt Studienleiter PD Dr. med. habil. Daniel Radeloff und fasst einige wichtige Ergebnisse zusammen: „Insbesondere eine generelle Erhöhung der Anzahl der Suizide älterer Menschen im Vergleich zum vorpandemischen Zeitraum, zum Beispiel aus Vereinsamung aufgrund von Kontaktbeschränkungen, ließ sich nicht nachweisen. In der Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen zeigte sich in unserer Analyse, analog zu Befunden aus Großbritannien, ebenfalls keine erhöhte Suizidrate.“

Bei den Männern sank die Anzahl der Gesamtsuizide im Zeitraum 2020-2021 im Vergleich zu den Jahren 2017–2019 leicht ab, bei den Frauen war ein leichter Anstieg der Suizide zu verzeichnen. In beiden Fällen war die Änderung jedoch nicht signifikant. Eine signifikante Reduktion ergab sich hingegen bei den Männern für die Altersspanne 81 bis 90 Jahre, ein signifikanter Anstieg für die über 90-Jährigen. Da die Merkmale männliches Geschlecht und hohes Lebensalter stark mit Suizid assoziiert sind, liegt bei dieser Gruppe ohnehin ein hohes Suizidrisiko vor, erklären die Wissenschaftler:innen.

Dr. Radeloff, kommissarischer Leiter der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Kindes- und Jugendalters am Universitätsklinikum Leipzig, betont: „Ein fortgeführtes Monitoring der Suizidraten erscheint sinnvoll, da auch in den kommenden Monaten und Jahren mit Begleit- beziehungsweise Folgeerscheinungen der aktuellen Krisen zu rechnen ist.“


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

PD Dr. med. habil. Daniel Radeloff
Kommissarischer Leiter der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Kindes- und Jugendalters
Telefon: +49 341 97-24010
E-Mail: Daniel.Radeloff@medizin.uni-leipzig.de


Originalpublikation:

Originaltitel der Publikation in Deutsches Ärzteblatt: Suizide in Deutschland während der COVID-19-Pandemie. DOI: 10.3238/arztebl.m2022.0198


Weitere Informationen:

https://www.aerzteblatt.de/archiv/225003/Suizide-in-Deutschland-waehrend-der-COV…


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Gesellschaft, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW