Konzept für neue Sensoren-Generation: Mechanosensitive Polymerbürstensysteme erlauben hoch aufgelöste Detektion



Teilen: 

20.04.2023 17:00

Konzept für neue Sensoren-Generation: Mechanosensitive Polymerbürstensysteme erlauben hoch aufgelöste Detektion

Mit dem Innovationspreis 2022 des Vereins zur Förderung des Leibniz-Instituts für Polymerforschung Dresden e. V. (IPF) wird Herr Dr. Quinn Besford ausgezeichnet.
Er entwickelte neue Konzepte für mechanosensitive Polymerbürstensysteme, die den Weg zu innovativen Sensoren öffnen, da sie eine zerstörungsfreie, technisch gut realisierbare und hoch aufgelöste Detektion der Konformationen, also der räumlichen Anordnung der Polymerketten , in Polymerbürstenbeschichtungen ermöglichen.

Polymerbürsten wurden in den letzten Jahrzehnten wegen ihres Potenzials zur Erzeugung von umschaltbaren bzw. sensorischen Oberflächeneigenschaften stark beforscht. Polymerbürsten-Oberflächenbeschichtungen bestehen aus Polymerketten, die mit einem Ende an eine Verankerungsfläche angebunden sind. Äußere Einflussfaktoren wie Temperatur, pH-Wert, Lösungsmittel oder gelöste Stoffe im Umgebungsmedium ändern schnell und reversibel die Konformation der Ketten, z.B. die Ketten strecken sich von der Oberfläche weg oder ziehen sich zusammen. Dieses Umschaltverhalten wurde bereits vielfach für Sensoranwendungen genutzt, jedoch waren die Möglichkeiten, die Konformationsübergänge – und damit die Stimuli – ortsaufgelöst zu erfassen, bisher stark eingeschränkt. Ausgelesen werden konnte mit Rasterkraftmikroskopie oder spektroskopischer Ellipsometrie meistens nur die Höhe die Bürsten. Dabei war die Auflösung sehr gering (Höhe typischerweise gemittelt über einen Bereich von 10 x 10 Mikrometern); an komplexen Grenzflächen funktionierte die Detektion nicht und bei einigen Methoden wurden die Probenoberflächen irreversibel zerstört.

Quinn Besford hat in seiner Arbeit ein ganz neues Konzept entwickelt, mit dem Konformationsübergänge von Polymerbürsten mittels Fluoreszenzmikroskopie schnell, räumlich in vier Dimensionen (2 x lateral, senkrecht und mit der Zeit) und in komplexen Architekturen, also nicht nur auf planaren Substraten, detektiert werden können.
Dafür werden Fluorophore in spezifische Polymerarchitekturen so integriert, dass die Fluoreszenzeigenschaften die mechanische Konformation der Ketten widerspiegeln. Realisiert wird das unter Nutzung des so genannten FRET-Mechanismus (abstandsabhängige Energieübertragung von einem angeregten Donor auf einen Akzeptor). Dafür waren spezielle komplexe Diblock-Copolymer-Bürsten zu synthetisieren. Darüberhinaus fand Quinn Besford noch eine zusätzliche und einfachere Methode zur räumlichen Auflösung der Bürstenkonformation, die auf integrierten Selbstlöschungseffekten beruht, d.h. der Tatsache, dass die Fluorophore in Abhängigkeit von ihrer Konzentration in einer Lösung ihre Fluoreszenzeigenschaft verlieren.

Beide Ansätze wurden experimentell, aber auch durch Simulationen (Kooperation mit IPFInstitut Theorie der Polymer: Prof. Jens-Uwe Somme und Dr. Holger Merlitz) eindeutig belegt.

Die Preisübergabe findet am 20. April 2023, 17.00 Uhr, im Rahmen des Jahresempfangs des IPF im Großen Saal des Deutschen Hygiene-Museums Dresden statt.

Dr. Quinn A. Besford promovierte im Bereich theoretische/physikalische Chemie (2016) an der University of Melbourne (UoM), Australien mit Fokus auf statistischer Mechanik. Anschließend arbeitete er im ARC Centre of Excellence in Bio-Nano Science and Technology an der UoM, wo er sich auf die Entwicklung neuer Nanomaterialien für therapeutische Anwendungen spezialisierte, einschließlich der Arbeit an einem von der Industrie finanzierten Projekte zur Behandlung von Typ-1-Diabetes unter Verwendung von auf Glukose reagierenden Nanopartikeln. 2019 kam er als Alexander-von-Humboldt-Forschungsstipendiat (Ludwig-Leichhardt-Gedächtnisstipendium) ans IPF nach Dresden. Seit Mai 202 leitet er hier eine unabhängige Nachwuchsforschungsgruppe. Sein Team konzentriert sich auf die Entwicklung funktioneller Polymermaterialien für die Sensorik unter Nutzung von Fluoreszenzmethoden, sowie auf die Entwicklung von Nanopartikel- und Hydrogelsystemen für therapeutische Anwendungen und deren Wechselwirkungen im Blutkontakt.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Quinn Besford, besford@ipfdd.de, 0351 4658-365


Originalpublikation:

Mechanofluorescent polymer brush surfaces that spatially resolve surface solvation
Quinn A. Besford, Holger Merlitz, Simon Schubotz, Huaisong Yong, Soosang Chae,
Max J. Schnepf, Alessia C. G. Weiss, Günter K. Auernhammer, Jens-Uwe Sommer,
Petra Uhlmann und Andreas Fery
doi.org/10.1021/acsnano.2c00277


Bilder

Dr. Quinn Besford

Dr. Quinn Besford
Jörg Simanowski
IPF Dresden


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
Chemie, Physik / Astronomie, Werkstoffwissenschaften
überregional
Forschungsergebnisse, Wettbewerbe / Auszeichnungen
Deutsch


 

Quelle: IDW