Lebendige Erinnerungen an den Kampf gegen HIV/AIDS in Europa



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29.11.2019 11:52

Lebendige Erinnerungen an den Kampf gegen HIV/AIDS in Europa

Das neuegegründete European HIV/AIDS Archiv der Humboldt-Universität ist jetzt online.

Das neugegründete European HIV/AIDS Archive (EHAA) der Humboldt-Universität zu Berlin dokumentiert Vergangenheit, Gegenwart und Zukunftsvisionen der HIV/Aids-Epidemie in Europa und ist zum Weltaidstag am 1. Dezember 2020 online zugänglich. Mit Interviews und Materialien aus Deutschland, Griechenland, Großbritannien, Polen, Portugal und Russland eröffnet es Einblicke in die komplexe Geschichte des europaweiten Kampfes gegen die Epidemie. Bis zum Jahresende werden mehr als 100 Interviews dort abzurufen sein. Die Eröffnung des Archivs schließt das Forschungsprojekt Disentangling European HIV/AIDS Policies: Activism, Citizenship and Health (EUROPACH) ab.

Als lebendige Chronik der HIV-Epidemie in Europa zeigt das EHAA, wie unterschiedlich HIV/AIDS erlebt, gelebt und bekämpft wurde. Die Sammlung umfasst die persönlichen Berichte von Menschen, die mit HIV/AIDS leben, von Vertreter*innen sozialer Gruppen und Communities, die vom Virus betroffen sind, von Aktivist*innen, Politiker*innen und Medizinier*innen, von Mitarbeiter*innen von Hilfsorganisationen und von Künstler*innen. Das Archiv dokumentiert die unterschiedlichen Entstehungsweisen und Entwicklungen des AIDS-Aktivismus in einzelnen Ländern und zeigt, wie dabei auf einzigartige Weise Solidarität, Empowerment, politische Interventionen und Organisationsformen unter Menschen und Gruppen entstanden, deren Rechte und Anerkennung oft beschnitten werden. Die Aufgabe, aus der Vergangenheit zu lernen, wird oft nicht ernst genommen, in einigen Fällen wird sie gar aktiv bekämpft. Dieses Archiv bietet eine wertvolle Ressource, um von jenen Personen und Gruppen zu lernen, die im Epizentrum der Epidemie standen und die gesundheitspolitischen Geschicke maßgeblich beeinflusst haben.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

In jenem Moment, in dem die Vereinten Nationen und nationale Regierungen das „Ende von AIDS“ „BIS 2030“ verkünden, weist Europa laut Weltgesundheitsorganisation die weltweit zweithöchste Rate an HIV-Neuinfektionen auf – mit großen geographischen Disparitäten und sehr unterschiedlich betroffenen sozialen Gruppen. Diese Ungleichheiten fordern uns dazu auf, die vor allem in Deutschland dominante Erzählung eines erfolgreichen Kampfes gegen die Epidemie in Frage zu stellen. Sie führen uns nicht nur die zunehmend gespaltene politisch Landschaft in Europa vor Augen, sondern auch die Heterogenität des zivilgesellschaftlichen Kampfes gegen HIV/Aids – ein Kampf der maßgeblich von Sexarbeiter*innen, Drogengebraucher*innen, Inhaftierten, Frauen, Migrant*innen und schwulen Männern getragen wurde.

Das Archiv ist aus einer Kooperation zwischen den Forschungsprojekten Disentangling European HIV/AIDS: Activism, Citizenship and Health (finanziert durch HERA) und “Keine Rechenschaft für Leidenschaft!” Aids-Krise und politische Mobilisierung in den 1980er und frühen 1990er Jahren in Deutschland (finanziert durch die DFG) und dem Arbeitskreis AIDS-Geschichte ins Museum, angesiedelt an der Deutschen AIDS-Hilfe, entstanden.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Beate Binder, Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Europäische Ethnologie, Sammlungsleiterin, E-Mail: ehaa.euroethno@hu-berlin.de


Weitere Informationen:

https://hu.berlin/HIV-Archiv
http://www.europach.eu


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Gesellschaft, Medizin, Politik
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW