Maßgeschneiderte Wirkstoffe aus DNA-Nanopartikeln – Forschende der TU Darmstadt stellen neue Grundlagentechnologie vor



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28.09.2022 10:24

Maßgeschneiderte Wirkstoffe aus DNA-Nanopartikeln – Forschende der TU Darmstadt stellen neue Grundlagentechnologie vor

Darmstadt, 28. September 2022. Maßgeschneiderte Medikamente aus DNA-Nanopartikeln: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der TU Darmstadt haben gezeigt, dass eine neue Klasse synthetischer Wirkstoffe sich gezielt auf die Schwachstellen eines Krankheitserregers hin ausrichten lässt und diesen wirkungsvoll zerstört. Die Ergebnisse ihrer Forschungen veröffentlichten sie jetzt im Journal „ChemBioChem“.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Am Fachbereich Biologie der TU Darmstadt wird seit langem intensiv an innovativen Methoden geforscht, mit denen sich neue Therapeutika zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten herstellen lassen. Die große Bedeutung dieser Disziplin ist während der SARS-CoV2-Pandemie erneut mehr als deutlich geworden. Der Arbeitskreis von Professor H. Ulrich Göringer am Fachgebiet Molekulare Genetik hat nun eine neue Publikation auf diesem Forschungsgebiet vorgelegt. Im Aufsatz „Core-Shell DNA-Cholesterol Nanoparticles Exert Lysosomolytic Activity in African Trypanosomes“ berichten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über einen innovativen Ansatz zum Design synthetischer Wirkstoffe, die gezielt gegen die Schwachstellen eines Krankheitserregers ausgerichtet werden können.
Es handelt sich dabei um Nanopartikel, also Teilchen mit einer Größe von wenigen Nanometern, in denen ein Kern aus Membranlipiden von einer Hülle aus DNA-Molekülen umgeben ist. Während die Lipidmoleküle eine generelle, membranzerstörende Wirkung auf den Krankheitserreger ausüben, kann die DNA-Hülle so „programmiert“ werden, dass ein zweites biochemisches Ziel (target) des Krankheitserregers attackiert wird. Gegen die im tropischen Afrika vorkommenden Schlafkrankheit konstruierten die Autorinnen und Autoren ein derartiges DNA-Lipid-Nanopartikel quasi am Reißbrett, synthetisierten es und zeigten, wie es den infektiösen Parasiten zielgerichtet im Laufe weniger Stunden zerstört. Die Nanopartikel entfalten ihre Toxizität gegenüber dem Schlafkrankheitserreger bereits in sehr kleiner Menge, nämlich in einem Konzentrationsbereich, der eine Größenordnung unterhalb der wirksamen Konzentration bereits bekannter Wirkstoffe liegt. Die vom Arbeitskreis synthetisierten Partikel bestehen aus kurzen DNA- und Cholesterol-Molekülen – beides biogene, also in der Natur vorkommende, ungiftige (atoxische) Verbindungen.
Das hier vorgestellte Design der DNA-Nanopartikel lässt sich auch auf andere Infektionskrankheiten anpassen. Die Technologie könnte so zur Grundlage für eine Anwendung in der Pharmaindustrie werden.
Das Forschungsprojekt wendet konsequent synthetisch-biologische Prinzipien des Wirkstoffdesigns an und reiht sich damit in den Forschungsschwerpunkt des Centre for Synthetic Biology an der TU Darmstadt ein. Die Arbeit der Erstautoren Dr. Robert Knieß und Dr. Matthias Leeder erschien im Fachjournal ChemBioChem (https://doi.org/10.1002/cbic.202200410) und enthält unter anderem auch Ergebnisse der Bachelorstudierenden Paul Reißig und Felix Geyer an der TU Darmstadt. Das Projekt wurde durch die Dr. Illing-Stiftung für Makromolekulare Chemie gefördert.

Hintergrund:
Die Synthetische Biologie gilt als die Ingenieurwissenschaft der Biowissenschaften. Sie vereinigt das Wissen unterschiedlicher Fachdisziplinen, darunter die Systembiologie, Gentechnik, Informationstheorie und Nanotechnologie. Sie verfolgt das Ziel neuartige, in der Natur nicht vorkommende (Bio)moleküle und genetische wie metabolische Schaltkreise zu bauen. Dies geschieht unter Anwendung ingenieurswissenschaftlicher Prinzipien wie zum Beispiel dem modularen Design und der Konstruktion von Prototypen sowie der Optimierung und Standardisierung aller involvierten Komponenten und Prozessschritte.

Über die TU Darmstadt
Die TU Darmstadt zählt zu den führenden Technischen Universitäten in Deutschland und steht für exzellente und relevante Wissenschaft. Globale Transformationen – von der Energiewende über Industrie 4.0 bis zur Künstlichen Intelligenz – gestaltet die TU Darmstadt durch herausragende Erkenntnisse und zukunftsweisende Studienangebote entscheidend mit.
Ihre Spitzenforschung bündelt die TU Darmstadt in drei Feldern: Energy and Environment, Information and Intelligence, Matter and Materials. Ihre problemzentrierte Interdisziplinarität und der produktive Austausch mit Gesellschaft, Wirtschaft und Politik erzeugen Fortschritte für eine weltweit nachhaltige Entwicklung.
Seit ihrer Gründung 1877 zählt die TU Darmstadt zu den am stärksten international geprägten Universitäten in Deutschland; als Europäische Technische Universität baut sie in der Allianz Unite! einen transeuropäischen Campus auf. Mit ihren Partnern der Rhein-Main-Universitäten – der Goethe-Universität Frankfurt und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz – entwickelt sie die Metropolregion Frankfurt-Rhein-Main als global attraktiven Wissenschaftsraum weiter.

www.tu-darmstadt.de

MI-Nr. 52/2022, sip


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. H. Ulrich Göringer
Tel.: +49 6151/16-24642
E-Mail: goringer@bio.tu-darmstadt.de


Originalpublikation:

https://chemistry-europe.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/cbic.202200410


Bilder


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW