Möglicher neuer Therapieansatz gegen Neurodermitis gefunden



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18.03.2019 10:00

Möglicher neuer Therapieansatz gegen Neurodermitis gefunden

Wie reagiert das Immunsystem auf Pilze auf unserer Haut? Forschende der Universität Zü-rich weisen nach, dass die gleichen Abwehrzellen, die vor Hefepilzen schützen, die ent-zündlichen Symptome der Neurodermitis begünstigen. Eine Therapie mit Antikörpern könnte die chronische Hautkrankheit lindern.

Die Haut von Mensch und Tier ist dicht mit Pilzen besiedelt. Man vermutet, dass die kleinen Hefe-pilze namens Malassezia, die nebst Bakterien und Viren Bestandteil der gesunden Mikroflora der Haut sind, die Abwehrkräfte stärken und das Immunsystem auf die Begegnung mit gefährlichen Krankheitserregern vorbereiten – ähnlich wie gewisse Bakterien dies tun. Anders als bei den Bak-terien weiss man jedoch noch wenig über die physiologischen Prozesse, die die allgegenwärtigen Pilze auf der Haut unter Kontrolle behalten.

Immunologinnen und Immunologen der Universität Zürich zeigen nun, dass das Immunsystem für das Gleichgewicht auf der Haut verantwortlich ist. Sie konnten erstmals bei Mäusen und beim Menschen nachweisen, dass die Malassezia-Pilze das Immunsystem dazu anregen, den Boten-stoff Interleukin-17 zu bilden. “Wird der Botenstoff nicht ausgeschüttet oder fehlen die Interleu-kin-17-produzierenden Abwehrzellen, kann der Pilz uneingeschränkt wachsen und überwuchert die Haut”, erklärt Salomé LeibundGut-Landmann, Professorin und Leiterin der Abteilung für Im-munologie an der Vetsuisse-Fakultät der UZH.

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Plötzlich gesund

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Pilz kann Hautallergie fördern

Was aber passiert, wenn das Gleichgewicht auf der Körperoberfläche aus den Fugen gerät? Es gibt Hinweise, dass die normalerweise harmlosen Malassezia-Pilze gerade bei Neurodermitis eine Rolle spielen. Bei dieser chronisch-entzündlichen Hautallergie kommt es zu einer Überreaktion des Immunsystems gegen Antigene aus der Umwelt, etwa gegen Hausstaubmilben. Es bilden sich Ekzeme, die sich durch trockene, gerötete Haut und starken Juckreiz zum Beispiel in den Gelenkbeugen kennzeichnen und bis zu 20 Prozent der Kinder und bis zu 10 Prozent der Er-wachsenen betreffen. Auch bei Hunden gehört diese allergische Dermatitis zu den allerhäufigs-ten Hauterkrankungen.

Die vorliegende Studie bestätigt, dass die Interleukin-17-produzierenden Immunzellen, die norma-lerweise vor den Pilzen schützen und deren Wachstum in Schach halten, zur Entstehung von Neurodermitis beitragen. Der Pilz wird sozusagen auf der Haut zum Allergen und ruft eine Über-reaktion des Immunsystems mit entsprechenden Entzündungsmerkmalen auf der Haut hervor. Experimente mit Zellen von betroffenen Neurodermitis-Patienten, die zusammen mit dem Universi-tätsspital Zürich und der ETH Zürich durchgeführt wurden, untermauern diese Erkenntnis.

Behandlung mit therapeutischen Antikörpern

“Die Ergebnisse unserer Studie legen nahe, dass bei Neurodermitis therapeutische Antikörper, die die Wirkung von Interleukin 17 neutralisieren, wirksam sein könnten. Diese Antikörper existie-ren bereits und werden bei der Behandlung von Schuppenflechten mit grossem Erfolg einge-setzt”, sagt die verantwortliche Autorin LeibundGut-Landmann.
Allerdings bleibt noch zu klären, warum die Immunantwort gegen den allgegenwärtigen Malasse-zia-Pilz krankhaft werden kann und warum die normalerweise schützenden Immunmechanismen bei Neurodermitis-Patienten versagen.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Salomé LeibundGut-Landmann
Professorin für Immunologie
Abteilung für Immunologie, Virologisches Institut
Universität Zürich
Tel. +41 44 635 8721
E-Mail: salome.leibundgut-landmann@uzh.ch


Originalpublikation:

Literatur:
Florian Sparber et al. The skin commensal yeast Malassezia triggers a type 17-response that co-ordinates anti-fungal immunity and exacerbates skin inflammation. 13 March, 2019, Cell Host & Microbe. DOI: 10.1016/j.chom.2019.02.002


Weitere Informationen:

https://www.media.uzh.ch/de/medienmitteilungen/2019/Hautpilze.html


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW