Neurobiologisches Modell zum besseren Verständnis kreativer Prozesse entwickelt



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02.06.2022 10:30

Neurobiologisches Modell zum besseren Verständnis kreativer Prozesse entwickelt

„Viele glauben, dass die Kreativität nur einer einzigen Gehirnregion zugeordnet ist. Das ist aber nicht der Fall“, sagt Dr. Radwa Khalil. Die Neurobiologin an der Jacobs University Bremen hat gemeinsam mit Wissenschaftler:innen aus Südafrika und Australien ein computergestütztes Modell entwickelt, das kreative Prozesse einem Netzwerk im Gehirn zuordnet. Je nach Art der kreativen Aktivität können diese Netzwerke unterschiedlich ausgestaltet sein. Die Forschungsergebnisse sind vor kurzem in der renommierten Zeitschrift „Neuroscience & Biobehavioral Reviews“ veröffentlicht worden.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
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Kreativität wird als die Schaffung neuartiger, nützlicher und überraschender Lösungen verstanden. Die Forschenden argumentieren, dass die damit verbundenen kognitiven Prozesse wie die Fähigkeit zur Abstraktion, Improvisation oder zum divergenten Denken verschiedene Hirnareale umfassen, die miteinander verbunden sind. Zu diesen Arealen zählen das Kleinhirn, der Hippocampus, der präfrontale Cortex und die Basalganglien (siehe Abbildung). Je nach Art der Kreativität werden unterschiedliche Bereiche des Hirns aktiviert. Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen diesen Kreativitätstypen und ihren neuronalen Schaltkreisen beschreibt das Modell mithilfe von Algorithmen. Eine bedeutende Rolle in diesem Prozess spielt auch der Botenstoff Dopamin als Modulator für die Kontrolle und Optimierung der kreativen Nervenbahnen.

Mit diesem vorgeschlagenen neuronalen Netzwerkmodell liefern die Wissenschaftler:innen erstmals einen einheitlichen Rahmen für drei scheinbar ganz unterschiedliche Formen der Kreativität. „Wir hoffen, damit einen Beitrag zum besseren Verständnis von neuronalen Mechanismen geleistet zu haben“, sagt Khalil. „Je mehr wir über diese Mechanismen wissen, desto gezielter kann man die Kreativität fördern und möglicherweise zur besseren Behandlung von Menschen beitragen, bei denen entsprechende Hirnareale gestört sind.“

Die Wissenschaftler:innen möchten mit ihrem Modell auch eine Diskussion über Neurobiologie und Kreativität anstoßen, ergänzt Radwa Khalil. Beteiligt an der Forschung waren Dr. Ahmed A. Moustafa von der Universität in Johannesburg sowie die School of Psychology der Bond University in Australien. Als Gastprofessor des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) wird Dr. Moustafa seine Kreativitätsforschung in diesem Sommer an der Jacobs University fortsetzten, wo er von Dr. Ben Godde, Professor für Neurowissenschaften betreut wird.

Über die Jacobs University Bremen:
In einer internationalen Gemeinschaft studieren. Sich für verantwortungsvolle Aufgaben in einer digitalisierten und globalisierten Gesellschaft qualifizieren. Über Fächer- und Ländergrenzen hinweg lernen, forschen und lehren. Mit innovativen Lösungen und Weiterbildungsprogrammen Menschen und Märkte stärken. Für all das steht die Jacobs University Bremen. 2001 als private, englischsprachige Campus-Universität gegründet, erzielt sie immer wieder Spitzenergebnisse in nationalen und internationalen Hochschulrankings. Ihre mehr als 1.600 Studierenden stammen aus mehr als 110 Ländern, rund 80 Prozent sind für ihr Studium nach Deutschland gezogen. Forschungsprojekte der Jacobs University werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder aus dem Rahmenprogramm für Forschung und Innovation der Europäischen Union ebenso gefördert wie von global führenden Unternehmen.
Für weitere Informationen: www.jacobs-university.de
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Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Radwa Khalil
Neurobiologin
Tel. +49 421 200-3430
Email: R.Khalil@jacobs-university.de


Originalpublikation:

A neurocomputational model of creative processes. https://doi.org/10.1016/j.neubiorev.2022.104656


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Biologie, Medizin, Psychologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW