Optimierte Naturstoffe als Schlüssel zur Behandlung bei chronischer Lungenerkrankung?



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27.01.2023 11:55

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Optimierte Naturstoffe als Schlüssel zur Behandlung bei chronischer Lungenerkrankung?

Forscherteam von Universität und Fraunhofer IME Gießen optimieren neuartiges Antibiotikum und zeigen zusammen mit dem LMU Klinikum München hervorragende Wirksamkeit gegen resistente gramnegative Erreger – Publikation in der Fachzeitschrift „Microbiology Spectrum“

Antibiotika verfehlen immer häufiger ihre Wirkung. Das Problem der antimikrobiellen Resistenz (AMR) bei Bakterien stellt die Gesundheitssysteme weltweit vor große Herausforderungen, zumal es längst nicht mehr nur herkömmliche Antibiotika betrifft. Dies zeigt sich auch am Beispiel chronischer Lungenerkrankungen: Selbst neue Medikamente sind oft wirkungslos für die Behandlung von Infektionen, die von sogenannten gramnegativen Erregern wie Pseudomonas aeruginosa, einem relevanten Erreger der Lungenentzündung, verursacht werden – eine erhebliche Gefahr insbesondere für immunsupprimierte Patientinnen und Patienten. Um den Betroffenen helfen zu können, müssen innovative Antibiotika mit einem neuen Wirkmechanismus entwickelt werden.

Einem Forscherteam der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), des Fraunhofer-Instituts für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie (IME), Institutsteil Bioressourcen in Gießen, und der Pädiatrischen Infektiologie des Klinikums der Universität München (LMU Klinikum München) ist es gelungen, ein neuartiges Antibiotikum zu entwickeln, das gezielt gramnegative Erreger angreift. Die Substanzen sind aktiv gegen multiresistente Pseudomonas-Stämme. Die Ergebnisse ihrer Studie haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Gießen und München nun unter dem Titel Antimicrobial Activity of Ceftazidime-Avibactam, Ceftolozane-Tazobactam, Cefiderocol, and Novel Darobactin Analogs against Multidrug-Resistant Pseudomonas aeruginosa Isolates from Pediatric and Adolescent Cystic Fibrosis Patients („Antimikrobielle Aktivität von Ceftazidim-Avibactam, Ceftolozan-Tazobactam, Cefiderocol und neuartigen Darobactin-Analoga gegen multiresistente Pseudomonas aeruginosa-Isolate aus pädiatrischen und jugendlichen Mukoviszidose-Patienten“) in der renommierten Fachzeitschrift „Microbiology Spectrum“ veröffentlicht.

Das Team von Naturstoff-Forscherinnen und -Forschern am Institut für Insektenbiotechnologie der JLU und des Gießener Fraunhofer-Instituts IME unter der Federführung von Prof. Dr. Till Schäberle hat im Rahmen der aktuellen Studie die Naturstoffklasse der Darobactine, an deren Entdeckung sie im Jahr 2019 beteiligt waren, weiter optimiert. „Es handelt sich um neuartige Peptide, die gramnegative Bakterien an einem bislang klinisch nicht genutzten Wirkort angreifen“, erläutert Prof. Schäberle. „Bisher zeigen die Darobactine, bei sehr guter antimikrobieller Aktivität in-vivo, keine Zelltoxizität – eine Kernvoraussetzung für den Einsatz als Antibiotikum“, so Schäberle weiter. Durch biotechnologische Arbeiten im Bereich der Naturstoffforschung habe man die Produktion dieser Substanz verbessert. Vor allem sei es nun gelungen, neue Analoga zu generieren.

Die Gießener Forschenden haben eine biotechnologische Plattform entwickelt, um die Substanzen aus der Naturstoffklasse der Darobactine herzustellen und entsprechend zu verändern. Sie optimierten die Substanzen und testeten die Moleküle zusammen mit einem Wissenschaftlerteam im Dr. von Haunerschen Kinderspital am LMU Klinikum München gegen multiresistente Erreger, die von Patientinnen und Patienten mit Cystischer Fibrose (CF) stammen.

PD Dr. Ulrich von Both, pädiatrischer Infektiologe und Wissenschaftler am LMU Klinikum München, sucht nach neuen Behandlungsoptionen bei teils schwerstkranken Patienten. Er erklärt: „Gegen multiresistente gramnegative (MRGN) Erreger wirken nur noch die letzten Reserveantibiotika. Insbesondere bei der wichtigen unterstützenden antibiotischen Behandlung von Cystischer Fibrose bedeutet dies oft ein deutlich erhöhtes Risiko an toxischen Nebenwirkungen für die Patientinnen und Patienten.“ Die jetzt publizierten Forschungsergebnisse, so erklärt von Both weiter, könnten ein wichtiger Schritt sein, der langfristig Hoffnung auf eine erfolgreiche Behandlung auch von Patientinnen und Patienten mit Cystischer Fibrose macht. Bei der Mukoviszidose, so der geläufigere Krankheitsname, handelt sich um eine angeborene Stoffwechsel-Erkrankung, die zu den häufigsten Erbkrankheiten zählt.

Mitautorin Laura Kolberg, ebenfalls München, ergänzt: „Jeder zweite hier untersuchte von CF Patientinnen und Patienten isolierte Pseudomonas-Keim ist bereits gegen die neuen Reserveantibiotika-Kombinationspräparate Ceftazidim/Avibactam und Ceftolozan /Tazobactam resistent. Der Wirkstoff Cefiderocol war nur noch gegen zwei Drittel der Isolate in vitro wirksam.“ Dr. Michael Marner, Gießen, ist dennoch zuversichtlich: „Dahingegen ist die neue Substanzklasse der Darobactine sehr vielversprechend, da sie nicht nur gegen Pseudomonas-Erreger, sondern auch gegen weitere klinisch relevante Erreger wie Klebsiella pneumoniae und Acinetobacter baumannii wirksam ist.“

Die beiden Leiter der Studie, PD Dr. Ulrich von Both und Prof. Dr. Till Schäberle, sind Wissenschaftler im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) an den Standorten München bzw. Gießen. Einhellig heben sie hervor, dass Antibiotika sorgsam verwendet werden sollten, um Behandlungsoptionen gegen schwere bakterielle Infektionen dauerhaft zu erhalten. Neue, wirksame Antibiotika gegen MRGN-Erreger würden dringend benötigt. Insbesondere Moleküle mit einem neuen Wirkmechanismus, wie die hier getesteten „Spitzenkandidaten“ müssten so rasch wie möglich zu lebensrettenden einsatzfähigen Antibiotika entwickelt werden.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Till Schäberle
Institut für Insektenbiotechnologie der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU)
Naturstoffforschung
Heinrich-Buff-Ring 26-32
Telefon: 0641 99-37140
E-Mail: Till.F.Schaeberle@agrar.uni-giessen.de

PD. Dr. Ulrich von Both
Klinikum der Universität München (LMU München)
Pädiatrische Infektiologie
Kinderklinik und Kinderpoliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital
Lindwurmstraße 4, 80337 München
Telefon: 089 4400 52811
E-Mail: ulrich.von.both@med.lmu.de


Originalpublikation:

Marner M, Kolberg L, Horst J, Böhringer N, Hübner J, Kresna ID, Liu Y, Mettal U, Wang L, Meyer-Bühn M, Mihajlovic S, Kappler M, Schäberle TF, von Both U: Antimicrobial Activity of Ceftazidime-Avibactam, Ceftolozane-Tazobactam, Cefiderocol, and Novel Darobactin Analogs against Multidrug-Resistant Pseudomonas aeruginosa Isolates fromPediatric and Adolescent Cystic Fibrosis Patients
Microbiol Spectr, 2023,
DOI: doi.org/10.1128/spectrum.04437-22


Weitere Informationen:

https://doi.org/10.1128/spectrum.04437-22
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36692293/


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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Kooperationen
Deutsch


 

Quelle: IDW