Parkinson: Medikamente verändern Darmflora stärker als gedacht



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10.12.2019 10:13

Parkinson: Medikamente verändern Darmflora stärker als gedacht

Die Parkinson-Krankheit zeichnet sich durch einen langsam fortschreitenden Verlust von Nervenzellen aus. Noch ist die Krankheit unheilbar. Über die genauen Ursachen herrscht Unklarheit, der Dopamin-Mangel im Gehirn ist ursächlich nicht bekämpfbar. Mit Grundlagenforschung wird versucht, dem Rätsel Parkinson auf die Spur zu kommen. Nun ist eine wissenschaftliche Arbeit erschienen, die sich einem besonderen Aspekt widmet: Der Darmflora von Parkinson-Patientinnen und -Patienten, die mit bestimmten Medikamenten behandelt werden.

„Was ist der Einfluss der Krankheit und was ist der Einfluss der Medikation auf das Darm-Mikrobiom? Das war unsere Ausgangsfrage“, erläutert Prof. Dr. Markus Egert, der an der Hochschule Furtwangen am Campus Schwenningen lehrt. Bislang ist unklar, ob Veränderungen der Darmflora eine Folge der Erkrankung sind oder ursächlich zu ihrer Entstehung beitragen.

Im Zuge einer personalisierten Medizin werden vermehrt individuelle Auswirkungen von Krankheit und Medikament untersucht. Warum eignet sich die Parkinson-Krankheit so gut für eine exemplarische Studie? Weil es zwei besonders häufig verabreichte Medikamente gibt, nämlich Levodopa und Entacapon. Hier belegt die Studie, dass die Darmflora von Personen, die mit einem dieser beiden Wirkstoffe behandelt werden, signifikant verändert ist.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Es gibt zwar Studien aus den USA und Skandinavien zum Darmmikrobiom von Parkinson-Patienten. Aber diese sind aufgrund der vielfältigen Einflussfaktoren nicht unbedingt auf Mitteleuropa übertragbar. Nun liegt eine Studie mit in Deutschland lebenden, unterschiedlich therapierten Probanden vor. „Wir haben deren Stuhlflora sequenziert und nach Bakterien gesucht. Dabei haben wir zwischen 70.000 und 400.000 bakterielle DNS-Sequenzen pro Probe analysiert“, erläutert Markus Egert. „Vor kurzem hat eine These Furore gemacht: Bei der Entstehung von Parkinson könnte der Verdauungstrakt und das Darmmikrobiom eine wichtige, allerdings noch wenig verstandene Rolle spielen. Sicherlich kann unsere Studie zur Klärung dieser Rolle beitragen und mittelfristig helfen, mikrobielle Stuhlanalytik als einen neuen Baustein der Parkinson-Diagnostik zu etablieren.“

Die Studie wurde durch ein Forscherteam der Hochschulen Furtwangen und Kaiserslautern, der Universitäten Gießen und des Saarlandes sowie dem MVZ Institut für Mikroökologie, Herborn, erstellt. Erschienen ist sie im Nature Partner Journal „npj Parkinson’s Disease“ mit dem Titel „Effect of Parkinson’s disease and related medications on the composition of the fecal bacterial microbiota”.
https://doi.org/10.1038/s41531-019-0100-x


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Markus Egert, ege@hs-furtwangen.de


Originalpublikation:

npj Parkinson’s Disease: „Effect of Parkinson’s disease and related medications on the composition of the fecal bacterial microbiota”.
https://doi.org/10.1038/s41531-019-0100-x


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW