Propionsäure schützt Nervenzellen und unterstützt ihre Regeneration



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24.01.2023 10:59

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Propionsäure schützt Nervenzellen und unterstützt ihre Regeneration

In Laborversuchen haben Forschende vom St. Josef Hospital Bochum gezeigt, dass Propionat, das Salz einer kurzkettigen Fettsäure, Nerven schützen und bei ihrer Regeneration helfen kann. Die Erkenntnisse könnten für die Behandlung von Autoimmunerkrankungen nützlich sein, bei denen Nervenzellen geschädigt werden, wie bei der chronisch entzündlichen demyelinisierenden Polyneuropathie (CIDP). Propionat entsteht natürlicherweise im Darm beim Abbau von Ballaststoffen.

In früheren Studien hatte ein Team derselben Abteilung vom St. Josef Hospital Bochum, Klinikum der Ruhr-Universität Bochum, bereits nachgewiesen, dass Menschen mit Multipler Sklerose (MS) einen Mangel an Propionat haben und von einer zusätzlichen Propionat-Einnahme profitieren können. Die Substanz könnte dementsprechend auch für Patientinnen und Patienten mit CIDP nützlich sein.

Die Ergebnisse veröffentlichte eine Gruppe um Dr. Thomas Grüter und Privatdozentin Dr. Kalliopi Pitarokoili von der Neurologischen Universitätsklinik am St. Josef Hospital (Leiter Prof. Dr. Ralf Gold), in der Zeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America“ am 20. Januar 2023.

Propionat mindert Zellsterben in Zellkulturexperimenten

Menschen mit CIDP leiden unter Gefühlsstörungen, Muskelschwäche und Schmerzen. Die Ursache der Erkrankung ist nicht vollständig verstanden. Das Immunsystem greift die Nerven in Armen und Beinen an. Die Nervenscheide, eine isolierende Ummantelung der Nervenzellen, wird abgebaut, schließlich sterben die Zellen ab. „Aktuell verfügbare Medikamente sind sehr teuer und wirken vor allem auf das Immunsystem“, sagt Thomas Grüter. „Eine nervenschützende und regenerative Therapie steht bislang nicht zur Verfügung.“

Die schützende Wirkung von Propionat erforschte das Team um Thomas Grüter in der aktuellen Studie nun in der Zellkultur und in Tierversuchen. Die Gruppe isolierte die beiden wichtigsten Zellarten im peripheren Nervensystem aus Ratten: Nervenzellen und Schwannzellen; letztere bilden die Ummantelung der Nervenzellen.

Die beiden Zellarten kultivierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler getrennt voneinander und setzten sie oxidativem Stress aus, was üblicherweise zu Schäden an den Zellen führt. Einige Zellkulturen behandelte das Team mit Propionat und verglich die Effekte mit unbehandelten Kulturen. In den behandelten Kulturen starben signifikant weniger Zellen ab. Außerdem wuchsen die Zellen nach der Behandlung besser wieder aus als ohne Propionat-Gabe. Diese Ergebnisse bestätigten sich im Tierversuch: Nach Einnahme von Propionat waren die Nervenzellen besser gegen oxidative Schäden geschützt.

Einblicke in Wirkmechanismus

Die Forschenden erlangten auch neue Einblicke in den Mechanismus der Propionat-Wirkung. Sie zeigten, dass die Substanz den Rezeptor FFAR3 auf der Oberfläche von Nervenzellen und Schwannzellen anspricht und außerdem das Ablesen der DNA über Histon-Moleküle beeinflusst. Hierdurch werden neue Enzyme und Eiweißstoffe hergestellt, die vor schädlichen Einflüssen schützen und helfen, Schäden zu reparieren.

Hintergrund: Studien mit MS-Patienten ergaben positive Effekte von Propionat

Ergebnisse aus früheren Untersuchungen mit MS-Patienten hatten die Bochumer Forschenden auf die Idee gebracht, dass Propionat einen günstigen Effekt auf CIDP-Patientinnen und -Patienten haben könnte. Die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Aiden Haghikia hatte gezeigt, dass die Einnahme von Propionat bei Menschen mit Multipler Sklerose eine anti-entzündliche Wirkung hat und die Schubrate reduziert.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Thomas Grüter
Neurologische Universitätsklinik
St. Josef Hospital
Katholisches Klinikum Bochum
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 509 2420
E-Mail: thomas.grueter@rub.de


Originalpublikation:

Thomas Grüter et al.: Propionate exerts neuroprotective and neuroregenerative effects in the peripheral nervous system, in: PNAS, 2023, DOI: 10.1073/pnas.2216941120, https://www.pnas.org/doi/10.1073/pnas.2216941120


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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW