Registerbasierte randomisierte Studien: das Beste aus beiden Welten?



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15.09.2022 17:26

Registerbasierte randomisierte Studien: das Beste aus beiden Welten?

Registerbasierte randomisierte Studien: das Beste aus beiden Welten?
IQWiG-Autoren stellen die Vor- und Nachteile von Studiendesigns vor, die explanatorische und pragmatische Aspekte vereinen. Vor allem RCT auf Registerbasis haben Potenzial.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Randomisierte kontrollierte Studien (RCT), wie sie etwa für die Zulassung neuer Arzneimittel erforderlich sind, werden oft kritisiert, weil sie zu komplex, zu langwierig und – wegen der stark kontrollierten Studienbedingungen – kaum auf den klinischen Versorgungsalltag übertragbar seien. Kritiker bevorzugen sogenannte pragmatische Studien, in denen „Real World Evidence“ gewonnen werden könne.
In einem Artikel in der Zeitschrift Prävention und Gesundheitsförderung stellen Stefan Lange, stellvertretender Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), und sein Kollege Jörg Lauterberg das Spektrum vor, das zwischen den Reinformen dieser beiden Studiendesigns liegt. Mit einem allzu pragmatischen Design handelt man sich einen erheblichen Verlust an Aussagekraft ein, weil man zu wenige Parameter kontrolliert und damit unter Umständen unterschiedliche Effekte nicht mehr voneinander trennen kann. Um dennoch sinnvolle Aussagen treffen zu können, muss man sehr viele Patientinnen und Patienten einschließen. Das stellt das Credo der leichteren Realisierbarkeit pragmatischer Studien infrage.
Sogenannte registerbasierte RCT (RRCT) sollen das Beste aus beiden Welten vereinen – also sichere und zugleich in die Routineversorgung übertragbare Erkenntnisse liefern – und zudem weniger aufwändig durchzuführen sein, da sie auf bereits bestehenden Strukturen aus Patientenregistern zurückgreifen. Die Autoren würdigen das Potenzial eines solchen Designs, weisen aber darauf hin, dass die Datenqualität der Basisvariablen und Outcomes in vielen Registern für gute RRCT noch nicht genügt.
Abschließend regen Lange und Lauterberg eine Modifikation der Gesetzgebung zur sogenannten anwendungsbegleitenden Datenerhebung für Arzneimittel mit sehr begrenzter Evidenz an: In ihr sind randomisierte Vergleiche bislang ausdrücklich ausgeschlossen. Solche neuen Wirkstoffe mit relativ unaufwändigen und zugleich aussagekräftigen registerbasierten RCT weiter zu erforschen, sollte nach Ansicht der Autoren unbedingt ermöglicht werden.


Weitere Informationen:

https://www.iqwig.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen-detailseite_77…


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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW