Renommierter Omenn-Forschungspreis für Roderich Römhild



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19.08.2019 14:34

Renommierter Omenn-Forschungspreis für Roderich Römhild

Internationale Gesellschaft für Evolutionsmedizin zeichnet ehemaligen Kieler Nachwuchsforscher für seine Arbeit zur Vermeidung von Antibiotikaresistenzen aus

Dr. Roderich Römhild, ehemaliger Doktorand am Zoologischen Institut der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und aktuell Wissenschaftler am Institut für Medizinische Biochemie und Mikrobiologie der schwedischen Universität Uppsala, erhielt den Gilbert S. Omenn-Preis 2019 der Internationalen Gesellschaft für Evolutionsmedizin und Öffentliche Gesundheit (Englisch: International Society für Evolution, Medicine and Public Health, ISEMPH). Bei der diesjährigen ISEMPH-Jahrestagung, die vom 13. bis 16. August in Zürich stattfand, stellte Römhild seine zugrundeliegenden Forschungsergebnisse vor und nahm den mit 5.000 US-Dollar dotierten Preis entgegen. Das Auswahlgremium zeichnete den Evolutionsbiologen für seine Forschungen zur Resistenzevolution von Krankheitskeimen gegen antibiotische Wirkstoffe aus, mit denen Römhild in der CAU-Arbeitsgruppe Evolutionsökologie und Genetik und im Kiel Evolution Center (KEC) 2018 seinen Doktortitel erlangte. Speziell würdigte die Jury eine im vergangenen Jahr an der CAU angefertigte und in der Fachzeitschrift PNAS erschienene Arbeit. Darin deckte Römhild gemeinsam mit einem internationalen Forschungsteam ein bisher unbekanntes Prinzip auf, das eine komplett neue und gleichzeitig höchst nachhaltige Therapieform gegen Bakterieninfektionen ermöglicht.

Ein simples, hoch wirksames Prinzip

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Das untersuchte Behandlungsverfahren der sogenannten ‚Sequentiellen Antibiotikagabe‘ macht sich ein einfaches Prinzip zunutze: Auf die kurze, impulsartige Gabe eines bestimmten Präparats folgt anschließend die Anwendung eines Antibiotikums mit einer anderen Wirkungsweise. Am Beispiel des Bakteriums Pseudomonas aeruginosa, das laut der Weltgesundheitsorganisation zu den kritischsten Keimen mit multiplen Resistenzen gehört, erprobten die Kieler Forschenden diese abwechselnde Gabe unterschiedlich wirkender Medikamente. Sie fanden heraus, dass speziell die Abfolge eines Penicillin-ähnlichen Wirkstoffs und eines sogenannten Aminoglykosids und der schnelle Wechsel mit zufälligen Intervallen besonders gut wirkten.

„Ein kurzer einleitender Behandlungsimpuls macht den Keim anfällig, weil er das Eindringen weiterer Medikamente in die Bakterienzellen erleichtert. Das zweite Antibiotikum erledigt gewissermaßen den Rest und tötet die verbleibenden Krankheitserreger zuverlässig ab“, erklärt Professor Hinrich Schulenburg, Römhilds Doktorvater und Leiter der Arbeitsgruppe Evolutionsökologie und Genetik an der CAU. Ursache des Erfolgs dieser Sequenzbehandlung ist das sogenannte zelluläre Gedächtnis der Krankheitserreger. Durch das erste Antibiotikum werden die zellulären Eigenschaften der Keime über mehrere Generationen hinweg so verändert, dass das zweite Antibiotikum auch mit Verzögerung besser wirken kann.

„Mit dieser besonderen Auszeichnung würdigt die ISEMPH Römhilds wissenschaftliche Leistungen, die er bereits sehr früh in seiner Laufbahn erreicht hat“, freut sich der Kieler Evolutionsbiologe Schulenburg. „Die Anerkennung seiner Arbeit bestätigt uns außerdem auf unserem Weg, mit Hilfe von evolutionsbiologischen Konzepten und Methoden komplett neue Erkenntnisse für nachhaltige Therapieansätze zu gewinnen“, fasst Schulenburg zusammen.

Erfolgreiche Promotionsausbildung in der translationalen Evolutionsforschung

Diesen Weg beschreitet die CAU seit einigen Jahren erfolgreich und verfügt mit dem KEC über eine einzigartige Struktur, die gemeinsam mit Partnerinstitutionen in der Region für die Übertragung evolutionärer Konzepte unter anderem in die medizinische Anwendung sorgt. Im kommenden Jahr startet zudem das kürzlich von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) bewilligte Graduiertenkolleg (GRK) „Translational Evolutionary Research“ (TransEvo, deutsch: „Angewandte Evolutionsforschung“). Darin wird die CAU künftig gezielt Doktorandinnen und Doktoranden in der angewandten Evolutionsforschung ausbilden. Ein Fokus dabei liegt auch auf der Entwicklung nachhaltiger und evolutionsbasierter Lösungen für medizinische Herausforderungen wie zum Beispiel die Antibiotika-Krise. Die starke Evolutionsforschung in der Kieler Region wird mit dem neuen GRK um eine hochklassige Promotionsausbildung ergänzt – die hoffentlich in Zukunft weitere Erfolge nach Römhilds Vorbild ermöglichen wird. Der diesjährige Omenn-Preis für seine Arbeit zur Vermeidung von Resistenzbildungen bestätigt, dass die CAU mit dem Konzept der translationalen Evolutionsforschung insbesondere in der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses auf dem richtigen Weg ist.

Über den Gilbert S. Omenn-Preis
Die Internationale Gesellschaft für Evolutionsmedizin und Öffentliche Gesundheit (ISEMPH) vergibt den mit 5000 US-Dollar dotierten Preis jährlich für die beste Forschungsarbeit zu einem evolutionsbiologischen Thema im Zusammenhang mit der Medizin und öffentlichen Gesundheit. Mit dieser Auszeichnung sollen Forschungsarbeiten gefördert werden, die evolutionäre Prinzipien anwenden, um das Verständnis von Krankheiten und Krankheitsentstehung voranzutreiben. Stifter des Preises ist Dr. Gilbert S. Omenn, Professor für Innere Medizin, Humangenetik und Öffentliche Gesundheit und Direktor des Zentrums für Medizin- und Bioinformatik an der Universität Michigan.

Fotos stehen zum Download bereit:
https://www.uni-kiel.de/de/pressemitteilungen/2019/246-roemhild-omenn-prize.jpg
Bildunterschrift: Dr. Isabel Gordo vom portugiesischen Instituto Gulbenkian de Ciência überreichte im Namen der ISEMPH den Omenn-Preis 2019 an Dr. Roderich Römhild.
© Prof. Hinrich Schulenburg

Weitere Informationen:
Gilbert S. Omenn-Prize, International Society for Evolution, Medicine and Public Health: https://isemph.org/Omenn-Prize

International Society for Evolution, Medicine and Public Health (ISEMPH):
https://isemph.org

Arbeitsgruppe Evolutionsökologie und Genetik, Zoologisches Institut, CAU Kiel:
https://www.uni-kiel.de/zoologie/evoecogen

Forschungszentrum „Kiel Evolution Center“, CAU Kiel:
https://www.kec.uni-kiel.de

Infection Biology, Antimicrobial Resistance and Immunology
Department of Medical Biochemistry and Microbiology, Uppsala Universitet
https://katalog.uu.se/organisation/?orgId=X38:28


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Hinrich Schulenburg
Sprecher „Kiel Evolution Center“ (KEC) & GRK TransEvo, CAU Kiel:
Tel.: 0431-880-4141
E-Mail: hschulenburg@zoologie.uni-kiel.de


Originalpublikation:

Roderich Roemhild, Chaitanya S. Gokhale, Philipp Dirksen, Christopher Blake, Philip Rosenstiel, Arne Traulsen, Dan I. Andersson, and Hinrich Schulenburg (2018). Cellular hysteresis as a principle to maximize the efficacy of antibiotic therapy. Proceedings of the National Academy of Sciences 115:9767-9772.
https://doi.org/10.1073/pnas.1810004115


Weitere Informationen:

https://isemph.org/Omenn-Prize
https://isemph.org
https://www.uni-kiel.de/zoologie/evoecogen
https://www.kec.uni-kiel.de
https://katalog.uu.se/organisation/?orgId=X38:28


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Personalia
Deutsch


Quelle: IDW