Risikofaktoren für schwere COVID-19-Verläufe bei Rheumapatienten: Erste Daten aus dem COVID-19 Register der DGRh



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22.01.2021 10:12

Risikofaktoren für schwere COVID-19-Verläufe bei Rheumapatienten: Erste Daten aus dem COVID-19 Register der DGRh

Sind Rheumapatienten bei einer SARS-CoV-2-Infektion besonderen Risiken ausgesetzt und welchen Einfluss hat die Rheumamedikation? Um diese Fragen zu klären, hat die DGRh gemeinsam mit Experten der Universität Gießen bereits wenige Wochen nach dem Auftreten der ersten Covid-19 Fälle in Deutschland das online-Register „Covid19-rheuma.de“ ins Leben gerufen. In diesem werden Covid-19-Krankheitsverläufe von Patienten mit Rheuma dokumentiert. Eine erste wissenschaftliche Auswertung der Registerdaten erscheint nun in der Fachzeitschrift RMD Open. Sie definiert Risikofaktoren für schwere Verläufe, die mit einer rheumatischen Grunderkrankung zusammenhängen.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Entzündlich-rheumatische Erkrankungen stellen eine permanente Belastung für das Immunsystem der Patienten dar: Die krankheitstypische, gegen körpereigene Gewebe gerichtete Immunaktivität bindet die Kapazitäten des Immunsystems und kann zu einer erhöhten Infektneigung führen, insbesondere wenn die Erkrankung aktiv ist und nicht behandelt wird. „Andererseits können aber auch die Medikamente, die zur Rheumatherapie eingesetzt werden, die Abwehrkraft herabsetzen“, erklärt Professor Dr. med. Hendrik Schulze-Koops, Präsident der DGRh und Leiter der Rheumaeinheit am Universitätsklinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München. Zu Beginn der Corona-Pandemie habe es daher sowohl bei den Rheumapatienten als auch bei den behandelnden Ärzten eine große Verunsicherung gegeben. „Das wichtigste Ziel des Registers war und ist es daher, rheumabezogene Risikofaktoren für einen schweren COVID-19-Verlauf zu identifizieren sowie valide und evidenzbasierte Empfehlungen für die Behandlung von Rheumapatienten während der Pandemie zu geben.“

Im Rahmen der Analyse werteten die Experten einen COVID-19-Verlauf dann als schwer, wenn der jeweilige Patient stationär in eine Klinik aufgenommen werden musste. Innerhalb dieser Gruppe der hospitalisierten Patienten wurde dann noch zwischen Patienten unterschieden, die invasiv beatmet werden mussten und solchen, die ohne diese Maßnahme auskamen. „Von den insgesamt 468 registrierten Patienten mussten 136 hospitalisiert werden, 26 benötigten eine Beatmung“, fasst die korrespondierende Autorin der Publikation, Privatdozentin Dr. med. Anne C. Regierer vom Deutschen Rheuma-Forschungszentrum Berlin (DRFZ), die Ergebnisse zusammen, welche sie zusammen mit Dr. med. Rebecca Hasseli, der ärztlichen Koordinatorin des Registers aus der Kerckhoff-Klinik Bad Nauheim analysiert hat. Als unabhängiger Risikofaktor für einen schweren Covid-19-Verlauf zeigte sich besonders das Alter: Über 65-Jährige hatten ein 2,24-mal, über 75-Jährige sogar ein fast 4-mal so hohes Hospitalisierungsrisiko wie jüngere Patienten. Auch die Art und Anzahl der zusätzlichen Begleiterkrankungen beeinflusste den Verlauf der Erkrankung deutlich. „Besonders häufig waren Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronischen Nierenerkrankungen oder Lungenerkrankungen wie einer ILD oder COPD von einem schweren Krankheitsverlauf betroffen“, so die Autorinnen der Publikation. Für Asthma-Patienten hingegen habe sich kein erhöhtes Hospitalisierungsrisiko gezeigt.

Damit bestätigen die Registerdaten zunächst die auch für die Allgemeinbevölkerung geltenden Erkenntnisse zu SARS-CoV-2. „Daneben zeigten sich aber auch Risikofaktoren, die speziell mit einer rheumatischen Grunderkrankung und ihrer Therapie in Verbindung standen“, so Regierer. Als Risikogruppe hätten sich insbesondere Patienten erwiesen, die täglich mehr als 5 mg Glukokortikoide, die auf das Immunsystem wirken, einnahmen, bei ihnen war das Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf auf das 3,67-Fache erhöht, sowie Patienten, deren aktuelle Krankheitsaktivität als moderat bis hoch eingeschätzt worden war: Ihr Hospitalisierungsrisiko war fast doppelt so hoch wie das von Patienten mit niedriger Rheumaaktivität.

„Der Zusammenhang zwischen einer erhöhten entzündlich-rheumatischen Krankheitsaktivität und einem schweren Covid-19-Verlauf ist hier zum ersten Mal dokumentiert“, sagt Professor Dr. med. Christof Specker, Rheumatologe an den Kliniken Essen-Mitte und Leiter der „Ad hoc Kommission COVID-19 Register“ der DGRh. Aus den Registerdaten lasse sich daher die dringende Empfehlung ableiten, während der Pandemie auf eine möglichst gute medikamentöse Kontrolle der rheumatischen Grunderkrankung zu achten. Wo immer möglich solle auf die dauerhafte Gabe höher dosierter Glukokortikoide verzichtet werden. „Hier kommt der Behandlung mit Biologika eine wichtige Rolle zu“, sagt Specker. Mit ihnen lasse sich die Krankheitsaktivität wirksam kontrollieren und zugleich die Glukokortikoiddosis senken.

Eine monatlich aktualisierte Darstellung der Registerdaten ist online einsehbar.

Pressekontakt für Rückfragen:
Stephanie Priester
Pressestelle
Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh)
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Tel.: +49 711 8931-605
Fax: +49 711 8931-167
E-Mail: priester@medizinkommunikation.org


Originalpublikation:

Hasseli R, Mueller-Ladner U, Hoyer BF, et al
Older age, comorbidity, glucocorticoid use and disease activity are risk factors for COVID-19 hospitalisation in patients with inflammatory rheumatic and musculoskeletal diseases
RMD Open 2021;7:e001464. doi: 10.1136/rmdopen-2020-001464
https://rmdopen.bmj.com/content/7/1/e001464


Weitere Informationen:

https://dgrh.de/Start/Wissenschaft/Forschung/COVID-19/Register-COVID-19-Rheuma-%…


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW