Signalübertragung im Immun- und Nervensystem mithilfe von NEMO



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03.02.2023 09:23

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Signalübertragung im Immun- und Nervensystem mithilfe von NEMO

In Zellen lagern sich bestimmte Biomoleküle in Form aktiver Komplexe vorübergehend zusammen. Das kann entscheidend sein für ihre Funktionsfähigkeit.

Bei der Übertragung von Signalen innerhalb von Zellen greifen viele einzelne Schritte ineinander. Unter anderem werden Proteine mit bestimmten Bausteinen versehen, die ihre Funktion ein- oder ausschalten. Um eine schnelle Signalübertragung zu gewährleisten, sammeln sich diese Bausteine in der Zelle an bestimmten Orten zeitlich begrenzt an; Forschende sprechen von biomolekularen Kondensaten. Ein Team um Prof. Dr. Konstanze Winklhofer, Leiterin des Lehrstuhls Molekulare Zellbiologie an der Ruhr-Universität Bochum, hat gezeigt, dass auch das Protein NEMO Kondensate bildet und welcher Mechanismus der NEMO-Kondensatbildung zugrunde liegt. Die Erkenntnisse sind bedeutend für das Verständnis von Signalübertragungen im Immun- und Nervensystem. Die Forschenden berichten in der Zeitschrift Life Science Alliance vom 31. Januar 2023.

Proteine ein- und ausschalten

Verschiedene zelluläre Prozesse werden durch Bindung von Botenstoffen wie Hormonen, Neurotransmittern oder Zytokinen an spezifische Rezeptoren in der Zellmembran initiiert. „Die Signalübertragung muss zeitlich und räumlich strikt reguliert werden, um einerseits eine adäquate zelluläre Reaktion auszulösen und andererseits überschießende Reaktionen zu vermeiden“, erklärt Konstanze Winklhofer. Die Regulation erfolgt beispielsweise dadurch, dass Proteine vorübergehend verändert werden, etwa durch das Anhängen von Phosphatgruppen oder von Ketten bestehend aus kleinen Ubiquitin-Proteinen.

Um eine schnelle Regulation zu ermöglichen, können sich die dafür erforderlichen Biomoleküle in sogenannten Kondensaten zusammenfinden. „Das kann man sich so vorstellen, dass sich diese Moleküle an bestimmten Orten in der Zelle vorübergehend ansammeln“, erklärt Konstanze Winklhofer. Diese Ansammlung von Molekülen gleicht einem Tropfen, verfügt aber über keine äußere Abgrenzung durch eine Membran.

NEMO braucht Ubiquitin-Ketten

Die Arbeitsgruppe von Konstanze Winklhofer konnte nun zeigen, dass solche biomolekularen Kondensate bei der Aktivierung des Transkriptionsfaktors NF-κB gebildet werden. Dieser Transkriptionsfaktor wird durch verschiedenen Signalwege aktiviert, beispielsweise bei Immunreaktionen durch die Zytokine Interleukin-1 (IL-1) und Tumornekrose-Faktor (TNF) oder durch verschiedene Faktoren im Nervensystem.

Eine zentrale Rolle bei der Aktivierung von NF-κB spielt das Protein NEMO (NF-κB essential modulator). Verschiedene NF-κB-aktivierende Reize bewirken die Bildung von Ketten aus Ubiquitin-Molekülen. NEMO bindet and diese Ketten, ändert seine Konformation und aktiviert dadurch bestimmte Enzyme, die für die Signalweitergabe erforderlich sind.

Konstanze Winklhofer und ihr Team haben herausgefunden, dass NEMO nur dann biomolekulare Kondensate bilden kann, wenn es mit Ubiquitin-Ketten interagiert. Ist die Bindung von NEMO an Ubiquitin-Ketten beeinträchtigt durch eine Mutation im NEMO-Gen, bilden sich keine Kondensate und NF-κB wird nicht aktiviert.

Mutation hindert NEMO am Funktionieren

„Wir haben eine Mutation im NEMO-Gen auf dem X-Chromosom identifiziert, die dazu führt, dass NEMO nicht mehr an die Ubiquitin-Ketten binden kann“, berichtet Konstanze Winklhofer. Dadurch wird NEMO funktionsunfähig. Die Mutante ist mit dem Krankheitsbild Incontinentia pigmenti assoziiert. Klinische Manifestationen dieser Erkrankung sind Anomalien der Haut sowie Veränderungen im zentralen Nervensystem. Die Erkrankung ist in der Regel tödlich für männliche Betroffene, da diese nur ein X-Chromosom aufweisen. „Die Charakterisierung dieser NEMO-Mutante in zellulären Modellen lieferte einen bedeutenden Beitrag zum Verständnis von Signalprozessen im Rahmen der NF-κB-Aktivierung“, sagt Konstanze Winklhofer. „In weiterführenden Studien untersuchen wir derzeit die Rolle von NEMO bei spezifischen Funktionen von Nervenzellen und Immunzellen“.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Dr. Konstanze F. Winklhofer
Lehrstuhl Molekulare Zellbiologie
Institut für Biochemie und Pathobiochemie
Medizinische Fakultät
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 28428
E-Mail: konstanze.winklhofer@ruhr-uni-bochum.de


Originalpublikation:

Simran Goel et al.: Linear ubiquitination induces NEMO phase separation to activate NF-κB signaling, in: Life Science Alliance, 2023, DOI: 10.26508/lsa.202201607, https://www.life-science-alliance.org/content/6/4/e202201607


Bilder

Jörg Tatzelt, Konstanze Winklhofer und Simran Goel (von links) haben die Untersuchungen gemeinsam durchgeführt.

Jörg Tatzelt, Konstanze Winklhofer und Simran Goel (von links) haben die Untersuchungen gemeinsam d

© RUB, Marquard


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW