Synthetische Biosensoren re-programmieren Treg-Zellen um Autoimmunität und chronische Entzündungen zu bekämpfen



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04.10.2022 08:39

Synthetische Biosensoren re-programmieren Treg-Zellen um Autoimmunität und chronische Entzündungen zu bekämpfen

Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Immuntherapie (LIT) haben eine neue Art synthetischer Biosensoren entwickelt, mit deren Hilfe Treg-Zellen zu intelligenten „smart“ Tregs umprogrammiert werden können. Die so modifizierten Zellen sollen entzündetes Gewebe aufspüren und regenerativ reagieren können. Der therapeutische Ansatz soll nun in weiteren präklinischen Krankheitsmodellen überprüft werden.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Fünf bis acht Prozent der Weltbevölkerung leiden an einer Autoimmunerkrankung. Autoimmunität bezeichnet eine fehlgeleitete Immunreaktion gegenüber dem eigenen Körper. Sie basiert auf einer fehlerhaften Unterscheidung des Immunsystems zwischen körpereigenen Strukturen und potenziell gefährlichen Angreifern wie Bakterien, Pilzen und Viren. Eine der wichtigsten Kontrollinstanzen zur Sicherstellung der Toleranz des Immunsystems gegenüber dem eigenen Körper sind sogenannte regulatorische T-Zellen (Treg-Zellen). Sie erkennen gezielt köpereigene Strukturen, modulieren die Funktion anderer Immunzellen und verhindern auf diese Weise die Entstehung von Autoimmunerkrankungen.

Forschungsarbeiten der letzten Jahre konnten zeigen, dass Treg-Zellen für innovative Therapieansätze gegen Krankheiten wie rheumatoide Arthritis, Typ-1 Diabetes und chronisch entzündliche Darmerkrankungen geeignet sind. Zudem kann durch Einsatz von Treg-Zellen bei Organ- und Stammzelltransplantation auch die Abstoßungsreaktion gegenüber dem Transplantat vermindert werden.

Wissenschaftler der Abteilung für Immunologie am Leibniz-Institut für Immuntherapie haben nun eine neue Art synthetischer Biosensoren, sogenannte Artifizielle Immunrezeptoren (AIRs), entwickelt, mit deren Hilfe Treg-Zellen zu intelligenten „smart“ Tregs umprogrammiert werden können. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden jetzt von den Wissenschaftlern Dr. Sebastian Bittner, Prof. Dr. Thomas Hehlgans und Prof. Dr. Markus Feuerer in der Zeitschrift PNAS veröffentlicht.

„AIRs erlauben es den Treg-Zellen, entzündetes Gewebe in ihrer Umgebung aufzuspüren und darauf zu reagieren. So werden unterschiedliche Entzündungsmoleküle der Tumor-Nekrose-Faktor-Superfamilie durch die synthetischen Biosensoren erkannt, wodurch die Treg-Zellen direkt im entzündeten Gewebe anfangen ihre schützende und regenerative Wirkung zu entfalten“, erklärt Sebastian Bittner. Im präklinischen Modell konnte die protektive Wirkung dieser modifizierten Treg-Zellen bereits zur Verhinderung von letaler Transplantat-gegen-Wirt Erkrankung, einer schweren Nebenwirkung der allogenen Stammzelltransplantation, nachgewiesen werden. „Auch die molekulare Funktionalität der Biosensoren in humanen Treg-Zellen wurde bereits bestätigt und zeigt die translationale Nutzbarkeit der Innovation“ sagt Thomas Hehlgans.

Die neuen Biosensoren könnten möglicherweise für mehrere medizinische Indikationen eingesetzt werden, da die Zielstrukturen der synthetischen Biosensoren, die entsprechenden Entzündungsbotenstoffe, bei unterschiedlichen Autoimmunerkrankungen, chronischen Entzündungen und Transplantation-Komplikationen gebildet werden. „Daher soll der therapeutische Einsatz dieser modifizierten Treg-Zellen in den nächsten Monaten in weiteren präklinischen Krankheitsmodellen z.B. zu Morbus Crohn, eine chronisch entzündliche Darmerkrankung, getestet werden“, beschreibt Markus Feuerer. Auf dieser Basis planen die LIT-Wissenschaftler nun, spezifische Immunzelltherapien mit Treg-Zellen, welche durch die AIR-Sensorik eine neue Funktionalität erhalten, zu entwickeln.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Markus Feuerer
Leitung Abteilung für Immunologie
Leibniz-Institut für Immuntherapie

Tel: 0941 944-38121
Fax: 0941 944-38123
E-Mail: markus.feuerer(at)ukr.de


Originalpublikation:

Sebastian Bittner, Brigitte Ruhland, Veronika Hofmann, Lisa Schmidleithner, Kathrin Schambeck, Asmita Pant, Philipp Stüve, Michael Bernd Echtenacher, Matthias Edinger, Petra Hoffmann, Michael Rehli, Claudia Gebhard, Nicholas Strieder, Thomas Hehlgans, and Markus Feuerer Biosensors for inflammation as a strategy to engineer regulatory T cells for cell therapy. PNAS Vol. 119 | No. 40, 2022
www.pnas.org/doi/10.1073/pnas.2208436119


Weitere Informationen:

https://www.rcii.de/aktuelles/im-detail/detail/News/synthetische-biosensoren-re-…


Bilder

Das Forscherteam (v.l.n.r.): Prof. Dr. Markus Feuerer, Dr. Sebastian Bittner und Prof. Dr. Thomas Hehlgans

Das Forscherteam (v.l.n.r.): Prof. Dr. Markus Feuerer, Dr. Sebastian Bittner und Prof. Dr. Thomas He
LIT
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW