Traum-Diamanten mit 10 cm Durchmesser könnten bald Realität werden

Wissen Sie über künstliche Diamanten Bescheid?

Auf der Suche nach der Weltformel benötigt der Protagonist des gleichnamigen SciFi-Romans “Professor Allman” mindestens sechs diamantene Pyramiden um die im Kristall gespeicherten Informationen vollständig zu entschlüsseln. Professor Allman vermutet, dass die diamantenen Pyramiden mit der Kantenlänge 10 cm durch eine sehr fortschrittliche Zivilisation in den parallelen Universen hinterlassen wurden, da ihm keine Methode bekannt ist, solche riesigen Diamanten künstlich herzustellen. Nun erzielen Augsburger Physiker mit einem neuem Verfahren entscheidende Fortschritte in der Herstellung künstlicher Diamanten.

Diamantschicht(idw). Weltweit wird von vielen Wissenschaftlern an der Erforschung einer neuen Methode zur Herstellung von Diamant aus kohlenstoffhaltigen Gasen gearbeitet. Zu diesen zählt auch eine Gruppe von Experimentalphysikern der Universität Augsburg, die sich das Ziel gesetzt haben, ein Verfahren zu entwickeln, das es erlaubt, dünne Einkristalle von Diamant von nahezu beliebiger Größe zu synthetisieren. Bei diesen Bemühungen ist der Gruppe um Prof. Dr. Bernd Stritzker und Dr. Matthias Schreck in den letzten Monaten ein entscheidender Fortschritt gelungen, der großflächige Diamant-Einkristalle, wie sie für die zukünftige Realisierung einer Hochtemperaturelektronik notwendig sind, in greifbare Nähe rücken läßt.

Vergleicht man die physikalischen Materialparameter von Diamant mit denen aller anderen bekannten Werkstoffe, so findet man, daß Diamant in einigen Fällen – z. B. was Härte und Wärmeleitfähigkeit betrifft – absoluter Spitzenreiter ist; bei einer Reihe weiterer Größen weist er zusammen mit anderen Materialien die höchsten Werte auf. Diese einzigartige Kombination extremer Eigenschaften verschafft Diamant eine Sonderstellung unter allen Werkstoffen. Für eine Reihe technischer Anwendungen birgt dies das Potential, ultimative Lösungen zu finden, d. h. Lösungen, die durch weitere Entwicklungen nicht mehr zu verbessern sind – beispielsweise Leistungstransistoren, die bei extremen Temperaturen (800o C) arbeiten, oder Fenster für Hochleistungslaser.

Seit vor über 200 Jahren der französische Chemiker Lavoisier die ersten Hinweise hatte, daß Diamant ausschließlich aus Kohlenstoff besteht, haben Alchemisten, Chemiker und Physiker nach einem künstlichen Syntheseweg gesucht. Die Synthese, wie sie für die heutigen Industriediamanten verwendet wird, gelang aber erst in den 50er Jahren dieses Jahrhunderts bei Temperaturen von über 1400o C und Drücken von über 65.000 Atmosphären. Angesichts dieser unwirtlichen Bedingungen sowie der relativ geringen erreichbaren Größe der Kristalle – nach tagelanger Kristallzucht günstigstenfalls ca. 1 cm – bemühte man sich in den letzten Jahren um Alternativen. Diese Bemühungen führten zu einem neuen Verfahren, bei dem man in einer kohlenstoffhaltigen Gasatmosphäre unzählige – eine Milliarde pro Quadratzentimeter – kleinste Diamantkristallite wachsen läßt. Dünne, superharte Schichten, nach diesem Verfahren z. B. auf Bohrer als Verschleißschutz aufgebracht, sind schon heute käuflich erhältlich.

Da die Korngrenzen zwischen den einzelnen, unterschiedlich orientierten Kristalliten den Elektronenfluß behindern, sind sie in dieser Form für Mikroelektronik allerdings nicht zu verwenden. Bei anderen Materialien behelfen sich Wissenschaftler in solch einem Fall üblicherweise damit, daß sie die einzelnen Kristallite – auf einer geschickt gewählten Unterlage – alle identisch ausrichten, so daß sie zu einem perfekten Einkristall zusammenwachsen können. Die Augsburger Physiker haben dieses Verfahren für Diamant nun entscheidend optimiert: Im Rahmen einer Diplomarbeit von Harald Roll haben sie das für das Diamantwachstum üblicherweise als Unterlage verwendete Silizium durch eine hauchdünne, auf einen Einkristall von Strontiumtitanat aufgebrachte Schicht des Edelmetalls Iridium ersetzt. Damit erzielten sie sofort eine im Vergleich zu allen früheren Arbeiten fünf- bis zehnfach bessere Ausrichtung der Diamantkristallite. Stritzker und Schreck sind zuversichtlich, die von ihnen erreichte und zur Zeit unübertroffene Präzision der Ausrichtung von wenigen Zehntel Grad in der nächsten Zeit weiter verbessern zu können. Der Traum vieler Materialwissenschaftler, Einkristalle aus dem einzigartigen Material Diamant mit Durchmessern von 10 cm und mehr für verschiedenste Anwendungen zur Verfügung zu haben, könnte damit schon bald Realität werden.