TU Bergakademie Freiberg erforscht Virenhemmer aus dem Meer



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26.03.2020 11:27

TU Bergakademie Freiberg erforscht Virenhemmer aus dem Meer

Schon seit mehreren Jahren forschen Wissenschaftler der TU Freiberg an den einzigartigen Eigenschaften von Aplysina aerophoba, einer marinen Schwammart, die von Natur aus antivirale Substanzen produziert. Der Wirkstoff kann das Wachstum von Viren sowie den Eintritt von Viren in Zellen hemmen. Da es den Wissenschaftlern gelungen ist, größere Mengen der Substanz zu extrahieren, könnten damit jetzt sogar klinische Untersuchungen zur Anwendung gegen den Covid-19-Erreger durchgeführt werden.

Verantwortlich für die antivirale und außerdem antibakterielle sowie antiparasitäre Wirkung sind die sogenannten Bromtyrosine, die der Aplysina-Schwamm immer dann produziert, wenn sein Gewebe verletzt wurde und er sich in der Folge gegen verschiedene Erreger (Pathogene) zur Wehr setzen will. Die natürliche chemische Abwehrstrategie entwickelte die Schwammart im Laufe der Evolution: Durch das Zusammenbrechen der Verbindungen zwischen den Gewebezellen kommt es an der verletzten Stelle zu einer schnellen chemischen Reaktion. Das Produkt der Reaktion, das Aminosäurenderivat Bromtyrosin, vernichtet eindringende Fremdkörper, aber auch Viren und Bakterien sofort. Auf diese Weise hemmt der Wirkstoff die Proteinsynthese und damit die Vermehrung von RNA-Viren – zu denen auch das Coronavirus SARS-CoV-2 gehört – und verhindert außerdem das Eindringen von Viren in die Gewebezellen. Diesen Wirkmechanismus konnten die Freiberger Wissenschaftler/innen am Beispiel von Tumorzellen gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Dresden in vorklinischen Studien nachweisen und haben dabei keine zytotoxische Wirkung auf die Zellen festgestellt.

„Es ist uns gelungen diese bioaktiven Substanzen in einer rein kristallinen Form, in solchen Mengen (d.h. deutlich mehr als 10 Gramm) zu isolieren, dass diese für sofortige klinische Untersuchungen gegen den COVID-19 Erreger zur Verfügung stehen“, erklärt Prof. Dr. Hermann Ehrlich von der Arbeitsgruppe Biomineralogie und Extreme Biomimetik an der TU Bergakademie Freiberg. „Selbstverständlich sind wir in der aktuellen Situation offen für die Zusammenarbeit mit den entsprechenden Behörden und Institutionen“, so Ehrlich.

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Wertvolle Substanz umweltschonend gewinnen

Bis zu 100% des wertvollen Bromtyrosine konnten die Forscher in den vergangenen Jahren dank einer neuen Methode aus dem Schwamm gewinnen. „Wir nutzen dafür Mikrowellenstrahlung mit Hilfe derer die Bromtyrosine aus den Zellen und Skelettfasern der gezüchteten Schwämme isoliert und extrahiert werden können“, erklärt der Leiter des Biomineralogie-Labors am Institut für Elektronik- und Sensormaterialien. Gemeinsam mit dem sächsischen Start-up Unternehmen BromMarin GmbH forscht das Team um Prof. Ehrlich weiter an der okölogisch schonenden Methode, bei der nur ein Teil des Schwamms unter Wasser abgeschnitten wird und dessen Regenerationsfähigkeit so vollständig erhalten bleibt.

Der Marinehornschwamm Aplysina aerophoba

Der Marinehornschwamm Aplysina aerophoba wächst seit mehr als 500 Millionen Jahren in den flachen Küstengebieten von warmen Meeren. Die größten Vorkommen dieser Schwammart gibt es heute im europäischen Mittelmeer, insbesondere vor Montenegro, Kroatien und Albanien. Seit 2014 betreuen die Wissenschaftler/innen der TU Bergakademie Freiberg zusammen mit Meeresbiotechnologen des Instituts für Marine Biologie im montenegrinischen Kotor eine 100 Quadratmeter große Schwammzuchtanlage.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Hermann Ehrlich, Tel.: +49 3731 39 2867


Originalpublikation:

Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Freiberger Forscher aktuell in der Zeitschrift „Materials Science and Engineering“ unter dem Titel: Marine biomaterials: Biomimetic and pharmacological potential of cultivated Aplysina aerophoba marine demosponge.
https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0928493119331996


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Biologie, Chemie, Medizin, Meer / Klima
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW