Unterbrechung der Gallensäureaufnahme durch Leberzellen nach einer Paracetamol-Überdosis mildert Leberschädigung



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10.06.2022 10:53

Unterbrechung der Gallensäureaufnahme durch Leberzellen nach einer Paracetamol-Überdosis mildert Leberschädigung

Vergiftungen mit Paracetamol (APAP) sind eine häufige Ursache für Leberversagen. Doch noch sind nicht alle Zusammenhänge bekannt, die zu einer Leberschädigung durch APAP führen. Vor allem die Rolle der Gallensäuren ist unklar. Das Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo) hat daher untersucht, warum die Konzentration von Gallensäuren nach einer APAP-Vergiftung in der Leber ansteigt. Die neuesten Erkenntnisse haben die Forschenden im Journal of Hepatology veröffentlicht: Die Gallensäuren werden durch einen Kreislauf immer wieder in die Leber geleitet, statt direkt aus der Leber zu fließen. Die Unterbrechung dieses Kreislaufs verringert die Leberschädigung massiv.

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Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Das Leberversagen auf Grund einer APAP-Vergiftung geht häufig mit einem erhöhten Gallesäurenspiegel einher. Mit Hilfe von Intravitalmikroskopie und speziellen Bildgebungsverfahren in Mäusen analysierte die Forschungsgruppe von Dr. Ahmed Ghallab den Gallesäuretransport deshalb genauer. Dabei wurde ein neuer Mechanismus entdeckt, den die Gruppe „futile bile acid cycling“ genannt hat.

Eine Überdosis APAP verletzt die Barriere zwischen Galle und Blutgefäßen. So gelangen Gallensäuren in das Blut und werden durch das Kreislaufsystem immer wieder zurück in die Leberzellen geleitet und fließen nicht aus der Leber ab. Dadurch entsteht eine hohe Gallensäurenkonzentration in den einzelnen Leberzellen, die schließlich zu ihrem Tod führt.

Entdecker Mechanismus bietet neue Therapiemöglichkeiten

Eine weitere wichtige Beobachtung war, dass die Unterbrechung des Kreislaufs der Gallensäuren in den Leberzellen, die durch APAP verursachte Leberschädigung reduziert. Die Verhinderung des Gallensäuretransports könnte daher eine therapeutische Option nach einer APAP-Vergiftung darstellen. Aktuell ist nämlich nur ein Medikament (N-Acetylcystein) für die Behandlung einer Paracetamol-Überdosis zugelassen, das nur wirksam ist, wenn es innerhalb von acht Stunden nach der Überdosis verabreicht wird.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. med. Jan G. Hengstler
Leiter des Forschungsbereichs Toxikologie
Telefon: +49 231 1084-348
E-Mail: hengstler@ifado.de

Dr. Ahmed Ghallab
Gruppenleiter IntravitalTox
Telefon: +49 231 1084-356
E-Mail: ghallab@ifado.de


Originalpublikation:

A. Ghallab, R. Hassan, U. Hofmann, A. Friebel, Z. Hobloss, L. Brackhagen, B. Begher-Tibbe, M. Myllys, J. Reinders, N. Overbeck, S. Sezgin, S. Zühlke, A. Seddek, W. Murad, T. Brecklinghaus, F. Kappenberg, J. Rahnenführer, D. González, C. Goldring, I. Copple, R. Marchan, T. Longerich, M. Vucur, T. Luedde, S. Urban, A. Canbay, T. Schreiter, M. Trauner, J. Akakpo, M. Olyaee, S. Curry, J. Sowa, H. Jaeschke, S. Hoehme, J. Hengstler: Interruption of bile acid uptake by hepatocytes after acetaminophen overdose ameliorates hepatotoxicity, J. Hepatol, 2022, https://doi.org/10.1016/j.jhep.2022.01.020


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW