Wie Sport hilft, verloren geglaubte Herzmuskelzellen zu regenerieren



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13.06.2019 12:03

Wie Sport hilft, verloren geglaubte Herzmuskelzellen zu regenerieren

Säugetierherzen haben eine große Schwäche: Sind sie erst einmal ausgewachsen, können sie kaum noch neue Muskelzellen bilden. Schäden am Herzmuskel – etwa nach einem Infarkt – gelten daher als irreversibel und sind für eine hohe Zahl von Todesfällen verantwortlich. Bei Untersuchungen an Mäusen konnten Wissenschaftler um die Heidelberger Kardiologin Dr. med. Carolin Lerchenmüller nun jedoch zeigen, dass die Zahl neu gebildeter Kardiomyozyten sich durch Ausdauersport deutlich steigern lässt.

Für die Forschungsarbeit, die im vergangenen Jahr im Wissenschaftsjournal Nature Communications erschienen ist, wurde Lerchenmüller mit dem Präventionspreis ausgezeichnet. Den mit 10.000 Euro dotierten Preis verleiht alljährlich die Deutsche Stiftung Innere Medizin (DSIM) gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM) auf dem Internistenkongress.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Dass Sport gut für das Herz ist, kann als Gemeinplatz gelten – wissenschaftlich zu beweisen oder gar zu quantifizieren ist die Aussage jedoch nur schwer. Der diesjährigen Preisträgerin ist dies nun in aufwändigen Versuchsreihen gelungen. Im Rahmen der ausgezeichneten Studie stellte sie der Hälfte ihrer Versuchstiere über acht Wochen hinweg ein Laufrad zur Verfügung, der anderen Hälfte nicht. Während der gesamten Zeit erhielten die Mäuse per Infusion DNA-Bausteine, die anstelle von normalem Stickstoff (14N) dessen „schwere“ Variante 15N enthielten. Per Massenspektrometrie ließ sich daher neu gebildetes von bereits zuvor bestehendem oder lediglich repariertem Erbgut unterscheiden – und damit auch neu entstandene Herzmuskelzellen identifizieren.

Wie sich am Ende der achtwöchigen Versuchsspanne zeigte, waren die Herzen der trainierten Tiere nicht nur größer und schwerer geworden, sie hatten auch mehr als viermal so viele neue Kardiomyozyten, also Herzmuskelzellen, gebildet wie die Herzen der untrainierten Tiere. In einer zweiten Versuchsreihe konnten Lerchenmüller und ihr Team diesen Befund auch bei Mäusen bestätigen, die vor Beginn der Trainingsphase einem künstlich verursachten Herzinfarkt ausgesetzt worden waren.

Den Forschern gelang es darüber hinaus, ein biochemisches Bindeglied zu identifizieren, dem offenbar eine Mittlerrolle zwischen sportlicher Aktivität und Regeneration des Herzmuskels zukommt: Eine als miR-222 bezeichnete mikro-RNA wird unter Training vermehrt gebildet. Als die Forscher diese mikro-RNA blockierten, verhinderte das den positiven Effekt des Sports auf die Entstehung neuer Herzmuskelzellen. Ob sich hieraus mögliche Ansätze für eine medikamentöse Unterstützung des Regenerationsprozesses ergeben, muss in weiteren Studien untersucht werden.

Die Preiskommission begründet ihre Entscheidung unter anderem mit der vielfältigen Methodik der Studie, die ein breites Spektrum von der Erfassung des Verhaltens – die Laufrad-Mäuse liefen im Schnitt 5,5 Kilometer am Tag – über klinische Parameter bis hin zu histologischen und biochemischen Untersuchungen umfasst. „Die Arbeit zeigt, dass die Neubildung von Kardiomyozyten in einem Rahmen gesteigert werden kann, der durchaus gesundheitsrelevant sein kann“, sagt Professor Dr. med. Jürgen Schölmerich, Vorsitzender der DSIM aus Wiesbaden. Dass dieser Prozess sowohl in gesunden, als auch in vorgeschädigten Herzen angestoßen werden konnte, belege die große Bedeutung, die dem Sport sowohl in der Primär- als auch in der Sekundärprävention von Herzerkrankungen zukomme.

Dr. med. Carolin Lerchenmüller leitet seit 2017 das Labor für kardiales Remodeling und Regeneration in Heidelberg. Der Präventionspreis wurde ihr während der DGIM-Jahrestagung traditionsgemäß im Rahmen der Festlichen Abendveranstaltung verliehen. Ebenso verlieh die Fachgesellschaft dort den Theodor Frerichs-Preis, weitere Informationen dazu finden Interessierte hier: https://www.dgim.de/fileadmin/user_upload/PDF/Pressemeldungen/DGIM_PM_Frerichspr…

Quelle:
Vujic A*, Lerchenmüller C*, Wu TD, Guillermier C, Rabolli CP, Gonzalez E, Senyo SE, Liu X, Guerquin-Kern JL, Steinhauser ML, Lee RT, Rosenzweig A. (*authors contributed equally)
Exercise induces new cardiomyocyte generation in the adult mammalian heart
Nature Communications. 1659(2018)
doi:10.1038/s41467-018-04083-1

Die Meldung finden Sie auch online: https://www.dgim.de/fileadmin/user_upload/PDF/Pressemeldungen/DGIM_PM_Praeventio…

– Bei Abdruck Beleg erbeten –

Pressekontakt für Rückfragen:
Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM)
Pressestelle
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Tel.: 0711 8931-457 und -173
Fax: 0711 8931-167
wetzstein@medizinkommunikation.org
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Personalia
Deutsch


Quelle: IDW