Bislang unbekannter Wahrnehmungsmechanismus bei Pflanzen entdeckt



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07.10.2024 09:58

Bislang unbekannter Wahrnehmungsmechanismus bei Pflanzen entdeckt

Forschende der Universität Bayreuth und der Heinrich Heine Universität Düsseldorf haben einen bislang unbekannten Mechanismus in der Licht- und Wärmewahrnehmung von Pflanzen beschrieben. Die Ergebnisse tragen nicht zuletzt zum besseren Verständnis von pflanzlichen physiologischen Prozessen bei. Die Forschenden berichten darüber im Journal „The Plant Cell“.


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Pflanzen können Licht und Wärme über sogenannte Phytochrome wahrnehmen und über diese Pigmente lebenswichtige Reaktionen wie Wachstum auslösen. Der Klimawandel und die stetig steigenden Temperaturen können den pflanzlichen Stoffwechsel stören, was das Wachstum verlangsamt und zum Absterben führen kann – auch bei Nutzpflanzen. Vor diesem Hintergrund ist ein Verständnis der molekularen Grundlagen der Mechanismen, die die Licht- und Wärmewahrnehmung von Pflanzen steuern, unerlässlich. Ebenso können die Ergebnisse auch zu Fortschritten in der Kontrolle zellulärer Aktivität durch Licht (Optogenetik), in der Biotechnologie und bei der Grundlagenforschung führen.

Pflanzen müssen sich ständig an verschiedene Umweltbedingungen wie im Tagesverlauf unterschiedliche Temperatur- und Lichtverhältnisse anpassen. Die Wahrnehmung dieser Reize passiert auf molekularer Ebene unter anderem über Phytochrome, die durch veränderte Temperatur oder Wellenlängen ihre Zustände ändern. Sie interagieren mit weiteren Proteinen wie Phytochrome-interacting factors (PIFs), welche physiologische Antworten auf die Reize auslösen, beispielsweise Wachstum. Phytochrome reagieren dabei auf Rotlicht: Im Dunklen befinden sich Phytochrome im inaktiven Pr-Zustand, unter Bestrahlung mit Rotlicht wird dieser in den aktiven Pfr-Zustand überführt. Diese Zustandsänderung ist reversibel, kann also durch sich ändernde Temperatur oder die Bestrahlung mit fernrotem Licht zwischen 710 und 740 nm Wellenlänge wieder rückgängig gemacht werden. Diese Reaktion verdeutlicht die Doppelfunktion von Phytochromen in der Wahrnehmung von Wärme und Licht, also als Thermo- und Photorezeptoren. Eine zentrale Komponente der Thermorezeption des Phytochroms B der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) ist die ausgeprägte Temperaturabhängigkeit der Überführung des Pfr-Zustands in den Pr-Zustand. Diese Überführung beschleunigt sich um mehr als das Zehnfache bei Temperaturen zwischen 4°C und 27°C. Allerdings war bisher nicht bekannt, inwiefern die Interaktion zwischen Phytochrom B und verschiedenen PIFs zur Thermorezeption von Pflanzen beitragen kann.

Hier setzten Prof. Dr. Andreas Möglich und der Doktorand Chengwei Yi von der Arbeitsgruppe Photobiochemie der Universität Bayreuth an. Zusammen mit Forschenden der Heinrich Heine Universität Düsseldorf untersuchten sie die Geschwindigkeit der Bildung und Auflösung von Komplexen aus Phytochrom B und verschiedenen PIFs unter rotem und fernrotem Licht und bei verschiedenen Temperaturen. Das Auflösen der Komplexe beschleunigte sich zwischen 15°C und 30°C um ein Vielfaches, während das nicht auf die Komplexbildung zutraf.

Bei der Untersuchung der Interaktion zwischen Phytochrom und PIF unter Rotlicht stießen die Forschenden auf einen unerwarteten Effekt: Unter starkem Dauerlicht nahm das Ausmaß der Komplexbildung mit der Intensität des roten Lichts ab anstatt, wie erwartet, zu. Grund hierfür ist eine schnelle, durch Rotlicht angetriebene und bidirektionale Umwandlung zwischen den Zuständen Pr und Pfr. „Pflanzliche Phytochrome können also unterschiedliche Rotlichtstärken und Temperaturen über einen zusätzlichen, bisher unbekannten und daher unerforschten molekularen Mechanismus in physiologische Reaktionen umwandeln“, sagt Chengwei Yi, Erstautor der Studie.

Die Ergebnisse ermöglichen Fortschritte beim Einsatz von pflanzlichen Phytochromen in der Biotechnologie, beispielsweise zur genauen Kontrolle von Genaktivierung zur Produktion von Proteinen. Des Weiteren wirken sie sich auch auf die Wahrnehmung und Integration von Licht- und Temperatursignalen in Pflanzen aus.

Die Forschenden aus Bayreuth wurden durch den FET Open NEUROPA Grant 863214 und das Elite Netzwerk Bayern Biological Physics gefördert.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Andreas Möglich
Arbeitsgruppe Photobiochemie
Universität Bayreuth
Tel.: +49 (0)921 / 55-7835
E-Mail: andreas.moeglich@uni-bayreuth.de


Originalpublikation:

Plant Phytochrome Interactions Decode Light and Temperature Signals. Chengwei Yi, Uwe Gerken, Kun Tang, Michael Philipp, Matias D Zurbriggen, Jürgen Köhler, Andreas Möglich. The Plant Cell 2024

DOI: https://doi.org/10.1093/plcell/koae249


Bilder

Doktorand Chengwei Yi von der Arbeitsgruppe Photobiochemie der Universität Bayreuth ist Erstautor der Studie.

Doktorand Chengwei Yi von der Arbeitsgruppe Photobiochemie der Universität Bayreuth ist Erstautor de

UBT/Andreas Möglich


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Chemie, Physik / Astronomie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW