Polyploide Zellen im Fokus – neues Werkzeug zeigt räumliche DNA-Verteilung in Geweben



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09.12.2025 14:00

Polyploide Zellen im Fokus – neues Werkzeug zeigt räumliche DNA-Verteilung in Geweben

In Zusammenarbeit zwischen dem Formosa-Jordan-Labor des Max-Planck-Instituts für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln, dem Fox-Labor der Duke University und dem Roeder-Labor der Cornell University, beide in den USA, wurde eine neue rechnergestützte Pipeline entwickelt. Diese ermöglicht eine hochdurchsatzfähige Bestimmung der Ploidie, also der Anzahl der Chromosomenkopien, in verschiedenen Geweben anhand von Mikroskopbildern. Die Studie wurde nun in Cell Reports Methods veröffentlicht.

Seit Langem ist bekannt, dass manche Zellen innerhalb eines Gewebes einen besonderen Prozess durchlaufen, bei dem sie ihr gesamtes Genom vervielfältigen, ohne sich anschließend zu teilen. Dieser Vorgang wird als Endopolyploidie bezeichnet. Die Ploidie beschreibt dabei die Anzahl der Chromosomenkopien in einer Zelle; polyploide Zellen besitzen mehr als zwei Kopien jedes Chromosoms. Statt sich nach der Verdopplung ihres genetischen Materials in zwei Tochterzellen zu teilen, behalten diese spezialisierten Zellen die zusätzliche DNA und verbleiben als einzelne, vergrößerte Zellen.

Endopolyploidie ist in der Natur weit verbreitet und kommt in pflanzlichen, tierischen und menschlichen Geweben vor. Diese natürliche Strategie ist für die Entwicklung oder Regeneration von Geweben unerlässlich. Sie wird jedoch auch mit Krankheiten wie Krebs in Verbindung gebracht.

Trotz ihrer großen Bedeutung ist noch immer unklar, was diesen Prozess auslöst, welche Zellen ihn durchlaufen und wie sein Auftreten im Gewebe räumlich reguliert wird. Entscheidend für das Verständnis von Wachstum, Regeneration und Krankheit ist daher die präzise Bestimmung, in welchen Zellen Endopolyploidie auftritt und wo sich diese Zellen innerhalb des Gewebes befinden. Bisher war eine solche Quantifizierung jedoch äußerst schwierig: Entweder kamen Methoden zum Einsatz, die die Gewebearchitektur zerstören, oder es war eine aufwendige manuelle Analyse jedes einzelnen Zellkerns erforderlich.

Mit der neuen Pipeline iSPy (Inferring Spatial Ploidy) ist es dem multidisziplinären, internationalen Team gelungen, diese langjährige Einschränkung zu überwinden.
iSPy ermöglicht es Forschenden, polyploide Zellen direkt in intaktem, lebendem Gewebe zu visualisieren und zu untersuchen.

iSPy ist eine automatisierte Pipeline mit hohem Durchsatz, die experimentelle Methoden mit fortschrittlicher Bildsoftwareanalyse kombiniert. Ausgehend von Mikroskopbildern identifiziert eine Segmentierungssoftware die Zellkerne und berechnet bestimmte Kernmerkmale wie das Kernvolumen. Aufbauend auf diesen segmentierten Bildern erkennt iSPy die polyploiden Zellkerne im gesamten Gewebe und erstellt detaillierte Karten ihrer räumlichen Anordnung. Es zeigte sich, dass iSPy in verschiedenen Situationen eingesetzt werden kann: bei der entwicklungsbedingten programmierten Endopolyploidie in der Blattentwicklung von Arabidopsis, in menschlichen Kardiomyozyten und bei der regenerationsinduzierten Polyploidie in der Fruchtfliege.

Somit ist iSPy ein leistungsstarkes und benutzerfreundliches Werkzeug zur Identifizierung und Analyse polyploider Zellen in verschiedenen Geweben unterschiedlicher Organismen. Erstmals können Forschende diese spezifischen Zellen nun über die Zeit hinweg eindeutig identifizieren, verfolgen und ihre Verteilung innerhalb der jeweiligen Gewebearchitektur effizient und im Hochdurchsatz analysieren.

Nicholas Russell, Author der Arbeit, sagt: „Die Identifizierung polyploider Zellen ohne die Zerstörung von Gewebe ist seit langem ein Wunsch der Fachwelt, und ich hoffe, dass diese Pipeline im Laufe der Jahre genutzt und angepasst werden kann, um bisher unbekannte räumliche und zeitliche Ploidie-Muster in vielen Organismen zu identifizieren.“ Pau Formosa-Jordan fügt hinzu: „Viele differenzierte Gewebe weisen räumliche Ploidie-Muster in verschiedenen Organismen auf, über die wir nur sehr wenig wissen. Unsere Pipeline wird hoffentlich dazu beitragen, zu verstehen, wie sich lebendes Gewebe entwickelt, altert oder nach Verletzungen repariert wird. Dies könnte neue Wege zum Verständnis bestimmter Krankheiten wie Krebs eröffnen.“

Die Arbeit ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit des „Polyploidy Integration and Innovation Institute“ (https://www.pi3biology.org/), einer neuen, von der National Science Foundation (NSF) finanzierten Initiative, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Entstehung, Funktion und Folgen von Polyploidie in verschiedenen Organismen zu erforschen.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Pau Formosa-Jordan
pformosa@mpipz.mpg.de


Originalpublikation:

https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2667237525002851


Bilder

Die iSPy-Pipeline zur Quantifizierung der Kernploidie auf einen Blick.

Die iSPy-Pipeline zur Quantifizierung der Kernploidie auf einen Blick.
Quelle: Nicholas J. Russell
Copyright: Nicholas J. Russell


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW