DLR-Challenge gewonnen: Rauchmelder „erschnüffelt“ Brandquellen



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11.07.2022 12:42

DLR-Challenge gewonnen: Rauchmelder „erschnüffelt“ Brandquellen

INNOspaceMasters ist ein jährlicher Ideenwettbewerb, mit dem neue Ideen für Raumfahrt- und Erdanwendungen vorgestellt werden. Ein Team des ZARM und des IWT der Universität Bremen hat in Zusammenarbeit mit dem Institut für Physikalische und Theoretische Chemie der Universität Tübingen dabei nun die DLR-Challenge gewonnen – mit einem hochinteressanten Projekt: einem Rauchmelder, der Brandquellen bereits vor Ausbruch des Brandes „erschnüffeln“ kann.

Beim INNOspace-Masters-Wettbewerb werden von verschiedenen Organisationen und Firmen insgesamt fünf Challenges ausgeschrieben – die vom DLR (Deutsches Zentrum für Lufts- und Raumfahrt) gewann jetzt das Bremer Team, bestehend aus Dipl.-Ing. Christian Eigenbrod und M.Sc. Florian Meyer vom Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM), Professor Lutz Mädler vom Institut für Werkstofftechnik (IWT) der Universität Bremen und Dr. Nicolae Bársan vom Institut für Physikalische und Theoretische Chemie der Universität Tübingen. Es wurde nun bei der Preisverleihung in Berlin dafür ausgezeichnet. Verbunden mit dem Sieg ist auch eine finanzielle Förderung des Projekts. „Insgesamt waren 153 Vorschläge eingegangen“, so Christian Eigenbrod. „Dass wir bei dieser Konkurrenz auf Platz 1 gelandet sind, macht uns daher sehr stolz.“

Alarm schon bevor es brennt

Im Projekt geht es um die Entwicklung von Brandmelde-Sensorik, die einen Brandherd „erschnüffeln“ soll, schon bevor es zu dessen Entzündung kommt. „Jeder kennt beispielsweise den eigentümlichen Geruch von überhitzter Elektrik oder Elektronik. Ganz ähnlich emittiert jeder Stoff, wenn er überhitzt ist, gasförmige Stoffe, die durch neuartige halbleitende Metall-Oxid Schichten detektiert werden können“, erklärt Christian Eigenbrod.

Was die Halbleiter dabei detektieren, was kritisch und was unkritisch ist, müssen sie über Machine-Learning-Routinen beigebracht bekommen. Die Schichten ändern ihren Widerstand nicht nur aufgrund spezieller Luft-Inhaltsstoffe, sondern auch aufgrund der allgemein veränderten Atmosphärenzusammensetzung. Dabei spielen nicht nur zusätzlich emittierte Stoffe eine Rolle, sondern auch das, was stattdessen weniger vorhanden ist. Nach entsprechendem Training gibt es kaum einen gasförmigen Stoff, der so nicht detektiert werden kann.

Einen konkreten technischen Aufbau gibt es noch nicht. Sensoren dieser Art werden von der Firma Sensirion AG – einer Ausgründung der ETH Zürich – vertrieben und finden unter anderem in Geräten zur Überwachung der Raumluftqualität Anwendung. Dabei geht es beispielsweise um CO2, CO oder Formaldehyd, welches aus Möbeln ausgasen kann. Aber auch eigene Sensoren können am IWT hergestellt und speziell auf die Anforderungen zur Branddetektion angepasst werden.

Idee kam aus der Raumfahrtforschung

Die Idee zu einem solchen Rauchmelder entstand vor einigen Jahren über ein ESA (European Space Agency)-MAP (Microgravity Application Promotion)-Projekt zusammen mit der Universität Tübingen und der ETH Zürich, um zu versuchen, neuartige Sensoren unter Mikrogravitationsbedingungen herzustellen. Bei der Herstellung werden die Schichten aus einer sehr heißen Spray-Flamme auf einem Substrat abgeschieden. Dabei liefert die Flamme die benötigten hohen Temperaturen. Die Flüssigkeit, die in Form eines brennbaren Sprays in die Flamme gebracht wird, enthält die Ausgangsstoffe für die Halbleiterschicht.

Das Standard-Verfahren heißt „Flame Spray Pyrolysis“ (FSP). Es zeigte sich, dass die benötigten hohen Temperaturen nur mittels Knallgasflammen (Wasserstoff/Sauerstoff) erzielt werden konnten. Da diese Flammen eine sehr schnelle Ausbreitungsgeschwindigkeit haben, sind sie hochturbulent und der Gravitationseinfluss ist verschwindend gering. Insofern war dieses Projekt nicht erfolgreich im Sinne, neue Materialien in Schwerelosigkeit herstellen zu können.

Erinnerung an frühere Zusammenarbeit führte zum neuen Projekt

Christian Eigenbrod hatte sich an eben diese Sensor-Schichten erinnert, als sich in der aktuellen Forschung zur Feuersicherheit in der astronautischen Raumfahrt zeigte, dass momentan verwendete Rauchmelder ihrer Aufgabe kaum gerecht werden. Dies können sie unter den Gegebenheiten auf der Internationalen Raumstation (ISS) auch prinzipiell nur sehr schlecht, da neben dem Rauch auch alle anderen Arten von feinen Partikeln erfasst werden, was zu häufigen Fehlalarmen führt. Auch wurde klar, dass klassische Rauchmelder auf einer Mondstation bei allgegenwärtigem feinstem Regolith-Staub kaum eine Chance auf zuverlässige Funktion haben. Darüber hinaus alarmieren Rauchmelder grundsätzlich erst dann, wenn es im Prinzip schon zu spät ist.

Also wurde der Kontakt nach Tübingen wieder aufgegriffen und nachgefragt, ob die Halbleitersensoren in der Lage sein könnten, Ausgasungen zu detektieren, die aus überhitzten Kunststoffen vielleicht schon vor deren Entzündung stammen. Diese Frage wurde ohne Einschränkungen bejaht, und die Idee eines neuartigen Brandmelders war somit geboren.

Durch den Erfolg beim INNOspaceMasters wird die Umsetzung der Idee nun in einem Entwicklungsprojekt untersucht. Dazu werden Förderungen bis zu 400.000 € bereitgestellt. Nach einer erfolgreichen ersten Projektphase könnte ein erster Prototyp des Systems entwickelt werden, der beispielsweise auf der ISS getestet werden könnte.

Fragen beantwortet:

Christian Eigenbrod
Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM)
Universität Bremen
Telefon +49 421 218-57780
E-Mail: christian.eigenbrod@zarm.uni-bremen.de


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Christian Eigenbrod
Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM)
Universität Bremen
Telefon +49 421 218-57780
E-Mail: christian.eigenbrod@zarm.uni-bremen.de


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
Chemie, Elektrotechnik, Informationstechnik, Maschinenbau, Physik / Astronomie
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch


Quelle: IDW