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08.01.2025 14:36
Ein optischer Hochleistungsverstärker für Mikrogeräte
Forschende des DESY haben einen millimeterkleinen Hochleistungsverstärker mit mehr als einem Watt Ausgangsleistung auf siliziumbasierten optischen Mikrochips realisiert. Dieser Ausgangsleistung ist ein Vielfaches dessen, was bislang in diesem winzigen Maßstab erreichbar war und ermöglicht den Einsatz von On-chip-Verstärkern hoher Leistung im Sinne der integrierten Photonik, anstatt externer Verstärker. So könnten erheblich einfacher und günstiger als bislang miniaturisierte Geräte und Sensoren betrieben werden.
Hochleistungsverstärker sind kritische Komponenten in modernen optischen Systemen. „Um sie breiter einsetzen zu können, sollen solche Systeme sehr klein sein analog zur Mikroelektronik – möglichst im Millimeterbereich – allerdings ohne weniger Leistung zu erbringen. Außerdem sollten sie in Massen produzierbar sein und dadurch wenig kosten“, sagt der Erstautor der Studie Neetesh Singh, der in der DESY-Gruppe für Ultrakurzzeit-Laser- und Röntgenphysik am Center for Free-Electron Laser Science (CFEL) arbeitet. Die Miniaturisierung stoße allerdings an Grenzen, weil ein optisches System umso weniger Energie speichern und Leistung zur Verfügung stellen kann, je kleiner es ist. Bis dato ist es nicht gelungen, entsprechend kleine optische Hochleistungsverstärker zu bauen, die sich auf einem Mikrochip integrieren lassen. Stattdessen sind solche Mikrosysteme im Einsatz bislang auf externe, viel größere Benchtop-Verstärker angewiesen.
In der neuen Studie jedoch hat das Team um Singh einen sogenannten Large Mode Area (LMA)-Wellenleiter, den es zuvor eigens entwickelt hatte, erstmals verwendet, um ein Lichtsignal auf kleinstem Raum zu verstärken. Entscheidend ist dabei die Querschnittsfläche des vom Wellenleiter geführten elektrischen Feldes, „Mode“ genannt. In den aktuellen Versuchen ist es Singhs Team gelungen, die Moden-Querschnitssfläche in einem photonischen Wellenleiter aus Siliziumnitrid und Aluminiumoxid von nur einem auf 30 Quadrat-Mikrometer zu vergrößern. So konnte die Ausgangsleistung von wenigen Dutzend Milliwatt auf über ein Watt vergrößert werden.
Zu verdanken ist dies einem ausgeklügelten Design der nur vier Quadratmillimeter großen Mikrochip-Oberfläche, auf der das Lichtsignal durch einen schmalen, eingebetetten Siliziumnitrid-Wellenleiter geschickt wird, der mit Aluminiumoxid-Schicht kontrollierte Dicke bedeckt ist. Der Siliziumnitrid-Wellenleiter kann dabei mehrfach durch eine sogenannte LMA-Region führt werden. Das im Wellenleiter geführte optische Signal startet wie in anderen photonischen Wellenleitern klein, schwach und im Wellenleiter geführt. Dann jedoch durchläuft es eine gezielt gestaltete Verjüngung des Wellenleiters. „Dadurch wird die Mode sozusagen aus dem Wellenleiter herausgepresst, vergrößert dabei erheblich ihren Querschnitt und schwebt nun wie eine Wolke durch die über dem Wellenleiter gelegene Aluminiumoxid-Schicht“, erklärt Singh. „Dabei bleibt sie jedoch mit dem ursprünglichen Wellenleiter als Führung verbunden wie ein Heißluftballon mit seinem Korb.“
Die Aluminiumoxid-Schicht steckt voller Thulium-Ionen, die durch eine sogenannte optische Pumpe – einem externen Laser – in einen angeregten, d.h. energiereichen, Zustand versetzt sind. Mit diesen Ionen wechselwirken nun die Signalphotonen der Mode in einem vergleichsweise großen Bereich, der als „Large Mode Area“ oder „LMA-Bereich“ bezeichnet wird. Und eben weil die Mode nun so groß ist, können die Photonen mit sehr vielen energiegeladenen Ionen wechselwirken und ihnen Energie entziehen: „Wie ein großer Schneepflug mehr Schnee auf einmal kehren kann als eine kleine Schneeschaufel, kann eine große Mode mehr Ionen beinhalten“, sagt Singh.
Noch weiter verstärken die Forschenden das Signal, indem sie es mehrfach durch den LMA-Bereich schicken. Dazu weitet sich der Wellenleiter wieder aus, zieht dadurch die über ihm schwebende Signalwolke zurück in den engen Siliziumnitridwellenleiter, macht am Rande des Chips eine 180-Grad-Kurve, leitet das Signal erneut durch den LMA-Bereich und verjüngt sich dabei wieder, so dass die Mode erneut in die energiereiche Schicht gepresst wird, um noch mehr Leistung zu tanken.
Am Ende erhält man so ein wesentlich stärkeres Signal als zu Anfang. Und das auf kleinstem Raum, integriert auf einem Mikrochip. Wobei die Qualität des Signals erhalten bleibt. Externe Verstärker werden so in vielen Systemen unnötig, und die Systeme dadurch nicht nur kleiner, sondern auch kostengünstiger und zuverlässiger: „Unser Mikro-LMA-Hochleistungsverstärker erlaubt uns in Zukunft komplexe optische Schaltungen mit hoher Ausgangsleistung zu integrieren, so wie wir dies schon lange aus der Mikroelektronik kennen. Das erlaubt uns in der Zukunft komplexe optische Systeme für Beschleuniger, Röntgenquellen oder auch viele andere Anwendungen kostengünstig mit hoher Zuverlässigkeit herzustellen,“ betont der Leiter der Gruppe für Ultrakurzzeit-Laser- und Röntgenphysik, Franz Kärtner, der auch als Professor für Physik an der Universität Hamburg lehrt.
Diese Forschungsarbeit wurde sowohl durch das European Innovation Council – EIC-Pathfinder Program „Femtochip“ als auch durch das Schwerpunktsprogramm 2111 der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG): „Ultraschnelle Signalverarbeitung durch Verwendung von nanophotonischer/-elektronischer Technologie“ Projekt PACE (403188360) gefördert. Die umfangreiche Fabrikation wurde in Kooperation mit der Firma LIGENTEC, SA in der Schweiz und der Gruppe von Sonia M. Garcia-Blanco am MESA+-Institut der Universität Twente in den Niederlanden durchgeführt, siehe auch https://www.femtochip.eu/.
Die DOI Nummer der Originalpublikation ‘Watt-class silicon photonics-based optical high-power amplifier’ ist 10.1038/s41566-024-01587-9: https://www.nature.com/articles/s41566-024-01587-9
Originalpublikation:
10.1038/s41566-024-01587-9
Bilder
Der Hochleistungsverstärker
Neteesh Singh / Jan Lorenzen
DESY
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
Physik / Astronomie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch