Forschungsprojekt ReNaRe zeigt, wie Kreislaufwirtschaft für Elektrolyseure Realität werden kann



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02.12.2025 10:15

Forschungsprojekt ReNaRe zeigt, wie Kreislaufwirtschaft für Elektrolyseure Realität werden kann

Besonderer Fokus auf der Rückgewinnung kritischer und strategischer Rohstoffe

Forschende haben in den vergangenen vier Jahren im Projekt „ReNaRe: Recycling – Nachhaltige Ressourcennutzung“ innovative Ansätze für das Recycling von wertvollen Materialien aus Elektrolyseuren entwickelt. Dazu arbeiteten elf interdisziplinäre Teams aus Forschung und Industrie von 2021 bis 2025 gemeinsam an der Entwicklung von Strategien und Technologien, mit denen die Elektrolyseure nach ihrem Lebensende ressourcenschonend und wirtschaftlich recycelt werden können. Besonders im Fokus stand dabei die Rückgewinnung kritischer und wertvoller Rohstoffe wie Iridium, Platin, Ruthenium und Seltener Erden. Ihre weltweite Verfügbarkeit ist begrenzt, gleichzeitig sind sie für eine künftige Hochskalierung der Elektrolyseurproduktion unverzichtbar. Im vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) und der EU geförderten Projekt ReNaRe als Teil des Wasserstoff-Leitprojekts H2Giga konnten die Forschenden aufzeigen, wie eine funktionierende Kreislaufwirtschaft im Wasserstoffsektor Realität werden kann.

Recyclingkette für PEM- und HT-Elektrolyseure

Zentraler Bestandteil von ReNaRe war die Entwicklung spezifischer Prozessschemata für das Recycling. Im Projekt wurde jeweils eine vollständige Recyclingkette sowohl für Protonenaustauschmembran- (PEM) als auch für Hochtemperatur (HT)-Elektrolyseure entwickelt. Sie beginnt mit der automatisierten und schonenden Zerlegung der Elektrolyseure und umfasst den gezielten mechanischen Aufschluss, die Trennung und Aufbereitung wertvoller Materialien in Partikelform. Darüber hinaus beinhaltet sie hydrometallurgische Verfahren, mit denen sich seltene Metalle rückgewinnen lassen, sowie erste Ansätze, diese in künftigen Anwendungen wiederzuverwenden.

Automatisierte Demontage

Einer der Schwerpunkte des Projekts war die Entwicklung effizienter Konzepte zur automatisierten Demontage von Elektrolyseur-Stacks. Ziel war es, die Einheiten der Stacks so zu zerlegen, dass die darin enthaltenen funktionellen Materialien zugänglich werden und in weiteren Schritten gezielt zurückgewonnen werden können. Unter der Leitung des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung, gemeinsam mit der Forschungszentrum Jülich GmbH und dem Karlsruher Institut für Technologie, wurden automatisierte, mechanische Demontageprozesse entwickelt, mit denen sich einzelne Bauteile wie Bipolarplatten, Membranen, Verbindungen und Rahmen zerstörungsfrei trennen lassen. Für PEM-Stacks wurde ein Verfahren zur präzisen Separation von Membran-Elektroden-Einheiten erarbeitet, das bereits erfolgreich getestet wurde. Auch für HT-Stacks konnte ein automatisiertes Trennverfahren für Zellen und Rahmen validiert werden. Dabei kamen eigens entwickelte Werkzeuge sowie integrierte Sensorsysteme zum Einsatz, die den Trennvorgang intelligent steuern.

Mechanische Aufschluss- und Trennverfahren

Nach der Demontage der Elektrolyseur-Stacks stehen der Aufschluss der verbleibenden Materialverbunde und die Voranreicherung der enthaltenen Wertstoffe im Fokus. Die Projektpartner des Instituts für Mechanische Verfahrenstechnik und Aufbereitungstechnik der TU Bergakademie Freiberg entwickelten dazu innovative Verfahren sowohl für PEM- als auch für HT-Elektrolyseure, um die wertvollen Materialien aus den dünnen Elektrodenschichten mechanisch von weiteren Funktionsschichten zu trennen. Diese effizienten Verfahren zum mechanischen Aufschluss von Werkstoffverbünden stellen einen grundlegenden Schritt im Recyclingprozess dar, da sie eine gezielte Voranreicherung kritischer Rohstoffe wie Platin und Iridium aus PEM-Elektrolyseuren oder Seltener Erden aus HT-Elektrolyseuren bei gleichzeitig hoher Materialausbeute ermöglichen sollen.

Ein weiterer Meilenstein des Projekts, entwickelt von den Projektpartnern des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf e.V., war die Entwicklung von weitergehenden mechanischen Trennverfahren für die im vorherigen Schritt konzentrierten Elektrodenmaterialien jeweils für PEM- als auch für HT-Elektrolyseure, mit denen sich die wertvollen und kritischen Materialien aus den Elektroden gezielt abtrennen lassen. Anstatt auf chemische Prozesse zu setzen, wurden hier physikalische und physikochemische Ansätze verfolgt und mit Modellmaterialien validiert. Durch die gezielte Nutzung von Oberflächeneigenschaften wie Benetzbarkeit und Dichteunterschied konnten die Modellmaterialien effizient voneinander getrennt und in konzentrierter Form für die Weiterverarbeitung aufbereitet werden.

Für HT-Elektrolyseure wurden erste Ansätze zur Trennung der in den Elektroden enthaltenen keramischen Materialien entwickelt, wobei insbesondere Partikel aus Nickel- und Zirkoniumoxid erfolgreich voneinander getrennt wurden. Die mechanischen Verfahren liefern damit eine künftige Grundlage für die gezielte Voranreicherung der wertvoller Funktionsmaterialien wie Platin, Iridium oder seltener Erden aus Elektrolyseuren und zeigen das Potential für die physikalische und physikochemische Trennung der Elektrodenmaterialien.

Hydrometallurgische Aufreinigung

Für die Extraktion der Edelmetalle Platin und Iridium aus den mechanisch aufgetrennten PEM-Elektrodenmaterialen wurde ein neues Laugungsverfahren auf Basis organischer Säuren von Forschenden des Instituts für Mechanische Verfahrenstechnik und Aufbereitungstechnik der TU Bergakademie Freiberg, des Instituts für Metallurgische Prozesstechnik und Metallrecycling der RWTH Aachen sowie des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf entwickelt. Durch die vorherige mechanische Separation kann der chemische Aufwand deutlich reduziert werden. Damit schafft das Verfahren die Voraussetzung für die Rückführung hochreiner Edelmetalle in neue Elektrolyseursysteme. Diese Kombination aus mechanischen und hydrometallurgischen Verfahren bildet somit eine aufeinander abgestimmte Prozesskette, die ökologische und technische Anforderungen gleichermaßen anstrebt.

Zusätzliche Rohstoffquellen und industrielle Übertragbarkeit

Auch die bei pyrometallurgischen Prozessen entstehenden Schlacken aus Interkonnektoren der HT-Elektrolyseure enthalten noch wertvolle Ressourcen. In ReNaRe wurden diese Rückstände von den Projektpartnern des Instituts für Mechanische Verfahrenstechnik und Aufbereitungstechnik der TU Bergakademie Freiberg und der Forschungszentrum Jülich GmbH – Institute of Energy Materials and Devices / Institute of Technology and Engineering umfassend analysiert, um ihr Recyclingpotenzial zu bewerten. Ziel war es, gezielt kritische Elemente wie Chrom, die in der Schlacke gebunden sind, mechanisch zurückzugewinnen. So konnten neue Wege aufgezeigt werden, wie selbst vermeintliche Abfallströme zu wertvollen Quellen für die Rohstoffrückgewinnung werden können.

Um die Praxistauglichkeit der entwickelten Recyclingverfahren unter realen Bedingungen zu bewerten, wurden die neuen Ansätze durch die Heraeus Precious Metals GmbH & Co. KG mit bestehenden industriellen Prozessen verglichen. Dabei wurde untersucht, ob sich die entwickelten Methoden an industrielle Abläufe anpassen lassen und für welche Materialströme vorhandene Verfahren bereits ausreichen. Erste Ergebnisse zeigen, dass eine Übertragung grundsätzlich möglich ist. Für eine belastbare Bewertung der industriellen Anwendbarkeit sind jedoch weitere Untersuchungen mit größeren Materialmengen notwendig.

Recyclingpfade

Außerdem wurde von Forschenden des Institute of Energy Materials and Devices / Institute of Technology and Engineering der Forschungszentrum Jülich GmbH, des Instituts für Keramik, Feuerfest und Verbundwerkstoffe der TU Bergakademie Freiberg sowie des Instituts für Metallurgische Prozesstechnik und Metallrecycling der RWTH Aachen untersucht, wie sich metallische und keramische Materialien aus betriebenen Stacks von HT-Elektrolyseuren wiederverwerten lassen. Dafür wurden unterschiedliche Recyclingpfade erprobt, um die Materialien entweder direkt wieder in neue Komponenten einzubringen oder gezielt durch alternative Werkstoffe zu ersetzen. Die Ergebnisse zeigen ein hohes Potenzial: Bis zu 90 % der Keramik- und 100 % der Metallteile konnten erfolgreich innerhalb des Materialkreislaufs wiedergenutzt werden. Auf Basis dieser Erkenntnisse wurden zudem Designempfehlungen für recyclingfreundlich konstruierte Stacks erarbeitet, die die Wiederverwertung künftig deutlich vereinfachen können. Vor allem im Bereich des Recyclings der Keramikkomponenten leisteten die Forschenden Pionierarbeit, da Keramiken, im Gegensatz zu Metallen, Papier und Glas bis dato noch vergleichsweise geringe Recyclingquoten aufweisen.

Ökobilanz, Wirtschaftlichkeit und digitale Transparenz

Um die ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen der entwickelten Recyclingprozesse zu bewerten, wurden umfassende Ökobilanzierungen (LCA) durch das Öko-Institut e.V. und techno-ökonomische Analysen durch die Technische Universität München durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen deutlich: Das Recycling von Materialien aus PEM- und HT-Elektrolyseuren verursacht deutlich geringere Umweltbelastungen als die Herstellung aus Primärrohstoffen und ist zugleich wirtschaftlicher. Zudem wurde durch den DECHEMA e.V. ein Konzept für ein Tool zum digitalen Stoffstrominformationsmanagement entwickelt, um transparente Informationen z.B. über die Materialien, Umweltwirkung und Zustand des Elektrolyseurs über den gesamten Lebenszyklus von Elektrolyseuren hinweg bereitzustellen. Damit liefert ReNaRe nicht nur technologische Lösungen, sondern auch datenbasierte Entscheidungsgrundlagen für eine zirkuläre Wasserstoffwirtschaft.

Über ReNaRe

Das ReNaRe-Projekt wurde im Rahmen des Wasserstoff-Leitprojekts H2Giga durchgeführt und vereinte zahlreiche Forschungseinrichtungen, Universitäten und Industriepartner, wie die Technische Universität Bergakademie Freiberg – Institut für Mechanische Verfahrenstechnik und Aufbereitungstechnik, die das Projekt koordiniert und geleitet hat, das Institut für Keramik, Feuerfest und Verbundwerkstoffe der TU Bergakademie Freiberg, das wbk Institut für Produktionstechnik des Karlsruher Institut für Technologie, das Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf e.V. – Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie, das Institut für Metallurgische Prozesstechnik und Metallrecycling der RWTH Aachen, die Heraeus Precious Metals GmbH & Co. KG, das Öko-Institut e.V., die Forschungszentrum Jülich GmbH – Institute of Energy Materials and Devices / Institute of Technology and Engineering, den Lehrstuhl für Circular Economy and Sustainability Assessment am Campus Straubing für Biotechnologie und Nachhaltigkeit der Technischen Universität München sowie den Fachbereich Rohstoffe der DECHEMA Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V.


Bilder

ReNaRe-Konsortium beim Jahrestreffen in Jülich

ReNaRe-Konsortium beim Jahrestreffen in Jülich

Copyright: Forschungszentrum Jülich (FZJ)


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Energie, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch


 

Quelle: IDW