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19.05.2025 11:14
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‚Wissenschaft‘, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Körpereigene Abwehr hilft bei Speiseröhrenkrebs
Immunzellen spielen eine zentrale Rolle beim Behandlungserfolg / Studie in Nature Cancer zeigt, dass Veränderungen im Tumorumfeld wichtiger sind als neue Mutationen
Bei Patient*innen mit Speiseröhrenkrebs entscheidet nicht nur die Chemotherapie, sondern vor allem das Immunsystem über den Erfolg der Behandlung. Das zeigt eine jetzt veröffentlichte Studie unter maßgeblicher Beteiligung des Universitätsklinikums Freiburg. Die Forschenden fanden heraus: Wenn körpereigene Abwehrzellen – insbesondere sogenannte T-Zellen – aktiv bleiben, ist die Chance auf eine erfolgreiche Therapie deutlich höher. Erscheint das Immunsystem hingegen geschwächt oder blockiert, spricht der Tumor häufig schlecht auf die Behandlung an. Die Ergebnisse wurden am 14. Mai 2025 in der Fachzeitschrift Nature Cancer veröffentlicht.
„Unsere Daten zeigen, dass die Reaktion des Immunsystems entscheidend mitbestimmt, wie gut eine Therapie wirkt – selbst wenn der Tumor sich genetisch kaum verändert“, sagt Co-Studienleiter Prof. Dr. Michael Quante, Leiter des Zentrums Gastrointestinale Tumore der Klinik für Innere Medizin II am Universitätsklinikum Freiburg
Tumor bleibt gleich – Umgebung verändert sich
Für die Studie wurden Gewebeproben von 27 Patient*innen mit lokal fortgeschrittenem Speiseröhrenkrebs untersucht. Alle hatten eine sogenannte neoadjuvante Therapie erhalten – also eine Behandlung vor der Operation, meist in Form einer Chemotherapie oder kombinierten Strahlen-Chemotherapie. Dabei zeigte sich: Die Krebszellen selbst blieben erstaunlich stabil. Die Veränderungen fanden vor allem im Umfeld des Tumors statt – in den Immunzellen, dem Bindegewebe und den Signalwegen zwischen Zellen.
Immunflucht als Schwachstelle
Besonders auffällig war: In Tumoren, die schlecht auf die Therapie ansprachen, fanden die Forschenden Hinweise auf eine sogenannte Immunflucht. Dabei verändert der Krebs bestimmte Oberflächenmerkmale, um vom Immunsystem nicht mehr erkannt zu werden. Auch hemmende Signale wie das Molekül PD-L1 waren bei diesen Patient*innen erhöht – sie gelten als mögliche Ziele für moderne Immuntherapien.
Perspektiven für neue Kombinationstherapien
Die Untersuchung wurde im Rahmen der MEMORI-Studie durchgeführt, an der mehrere Standorte des Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) beteiligt waren – darunter München, Freiburg und Essen. Eine zentrale Komponente der Studie war die Analyse der Tumorevolution unter Therapie mittels Gensequenzierung, die zusammen mit Co-Studienleiter Prof. Trevor Graham, Direktor des Centre for Evolution and Cancer am Institute of Cancer Research in London, im Rahmen eines Krebshilfe Mildret Scheel Stipendiums für Dr. Melissa Barroux durchgeführt wurde.
Die Ergebnisse liefern wichtige Hinweise, wie Immunantworten frühzeitig erkannt und in der Zukunft gezielt unterstützt werden könnten – etwa durch Kombinationen von Chemotherapie immunaktivierenden Medikamenten. Ziel ist es, Therapien für Patient*innen mit Speiseröhrenkrebs wirksamer und besser steuerbar zu machen.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. med. Michael Quante
Klinik für Innere Medizin II
Gastrointestinale Onkologie
Universitätsklinikum Freiburg
michael.quante@uniklinik-freiburg.de
Originalpublikation:
Originaltitel der Publikation: Evolutionary and immune microenvironment dynamics during neoadjuvant treatment of esophageal adenocarcinoma
DOI: 10.1038/s43018-025-00955-w
Link zur Studie: https://www.nature.com/articles/s43018-025-00955-w
Bilder
Gedächtnis-T-Zellen (rot) und Killer-T-Zellen (lila) sind gemeinsam direkt in der Nähe von Krebszell …
Universitätsklinikum Freiburg / Bertram Bengsch, Martin Borgmann, Michael Quante
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
