23.08.2022 09:26
Asiatische Elefanten haben eine nasale Aussprache
Säugetier-Laute könnten allgemein doch flexibler sein als bisher angenommen
Forscher*innen von der Universität Wien untersuchten mit Hilfe einer akustischen Kamera, die Schalldruck sichtbar machen kann, die Laute von Asiatischen Elefanten. Die Tiere äußern ihre tieffrequenten Laute demnach meistens aus dem Rüssel, oder aber gleichzeitig aus Mund und Rüssel und nur selten aus dem Mund alleine. Damit gelang es Wissenschafter*innen nun zum ersten Mal, die Kombination von oraler und nasaler Lautäußerung bei einer Tierart abseits des Menschen zweifelsfrei nachzuweisen. Die Wiener Studie wurde aktuell im Fachmagazin Animals publiziert.
Elefanten haben die längste Nase der Welt. So ist es nicht verwunderlich, dass auch die Resonanzen der tieffrequenten, bis in den Infraschall reichenden Groll-Laute, noch tiefer schwingen, wenn sie aus dem langen Rüssel kommen. Ein Team rund um die Kognitionsbiologinnen Veronika Beeck und Angela Stöger-Horwath von der Universität Wien zeigte nun, dass solche Resonanzen des Vokaltraktes, die man bei Menschen als nasale Aussprache bezeichnen würde, auch im Tierreich eine wichtige Rolle spielen. Die Wissenschafter*innen gehen davon aus, dass Asiatischen Elefanten durch diese Flexibilität potenziell mehr Informationen mit ihren Lauten vermitteln können oder aber die tieffrequenten Resonanzen dazu beitragen, dass die Laute über weitere Distanzen hörbar sind.
Im Vergleich: Menschen produzieren Vokale, indem sie die Stellung der Zunge, die Form der Lippen und die Öffnung des Mundes ändern. Eine Besonderheit dabei ist, dass Menschen durch das Öffnen des Gaumensegels die Resonanzen des Mund- und Rachenraumes kombinieren können, und durch diese „nasale“ Aussprache den Klang der Vokale ändern. In vielen Sprachen, zum Beispiel Französisch oder Hindi, ändert die nasale Aussprache eines Lautes in einem Wort dessen Bedeutung. Etwa heißt beau [bo] auf Französisch “schön” und das nasal gesprochene bon [bõ] “gut”.
Bisher wurde angenommen, dass Säugetiere weitaus weniger Spielraum bei der Modifikation ihres Vokaltraktes (das heißt, der Mund- und Nasenraum oberhalb des Kehlkopfes) und damit auch auf die Klangfarbe ihrer Laute haben. Bei Säugetieren unterscheiden sich Laute oft allein dadurch, dass sie durch Nase oder Mund geäußert werden. In der aktuellen Studie schlossen sich die Wissenschafter*innen mit den Ingenieuren Gunnar Heilmann und Michael Kerscher zusammen. Das Team richtete eine akustische Kamera auf Asiatische Elefanten von Tiger Tops, Nepal, um zu sehen, ob auch diese ihre Laute durch Mund oder Nase äußern. Die akustische Kamera kann, ähnlich einer Wärmebildkamera, Schalldruck farblich darstellen.
Die meisten Laute kamen durch den Rüssel allein. „Zu unserer Überraschung jedoch, zeigte die akustische Kamera zweifelsfrei auch Laute, die gleichzeitig aus Mund und Rüssel kamen, und deren Resonanzspektrum tatsächlich den nasalen Vokalen von Menschen ähnelten“, erklärt Veronika Beeck. Auch wenn dies bei wenigen Tieren, Damhirschen, Walrossen und Meerkatzen vermutet wurde, ist das nun die erste Studie, die diese Kombination beweisen kann.
Basierend auf diesen neuen Erkenntnissen, vermuten die Forscher*innen, dass Säugetier-Laute allgemein doch flexibler sein könnten als bisher angenommen. Akustische Kommunikation spielt in sozialen Systemen, sowie dem komplexen Matriarchat der Elefanten, eine wichtige Rolle. Welche Funktion hier genau die kombinierten Mund- und Rüssellaute haben, gilt es noch zu erforschen.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Veronika Beeck, M.Sc.
Department für Verhaltens- und Kognitionsbiologie
Djerassiplatz 1, 1030 Wien
T 0677 62476355
veronika.beeck@univie.ac.at
Mag. Dr. Angela Stöger-Horwath, Privatdoz.
Department für Verhaltens- und Kognitionsbiologie
Djerassiplatz 1, 1030 Wien
+43-1-4277-76122
T 0676 7837326
angela.stoeger-horwath@univie.ac.at
Originalpublikation:
Beeck, V.C.; Heilmann, G.; Kerscher, M.; Stoeger, A.S. Sound Visualization Demonstrates Velopharyngeal Coupling and Complex Spectral Variability in Asian Elephants. Animals 2022, 12, 2119.
https://doi.org/10.3390/ani12162119
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Tier / Land / Forst
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch