Die Politik unterschätzt das Treibhausgas Methan



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16.05.2022 08:43

Die Politik unterschätzt das Treibhausgas Methan

Die Methanemissionen sind in den letzten Jahren stark gestiegen und tragen erheblich zur Klimaerwärmung bei. Von nationalen und internationalen Regelwerken wird Methan dennoch nur unzureichend reguliert. Forschende des Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS Potsdam) verdeutlichen in einer neuen Studie den dringenden Handlungsbedarf.

Im Pariser Klimaabkommen wird die Wirkung vom Treibhausgasen, inklusive Methan, in „CO2-Äquivalente“ umgerechnet, die das Erwärmungspotenzial über einen Zeitraum von 100 Jahren ausdrücken. Die Forschenden argumentieren, dass die Klimawirkung von Methan dadurch nicht angemessen dargestellt werde. Zudem würden die Folgen für die Ökosysteme und die Gesundheit kaum berücksichtigt.

„Die Regulierung von Methan auf der Grundlage einer ‚CO2-Äquivalenz‘ bedeutet, dass seine Klimawirkung nur auf einer 100-Jahres-Skala angemessen berücksichtigt wird – zum Beispiel auch bei der Festlegung von Kohlenstoffpreisen. Dies vernachlässigt die äußerst wichtige Rolle von Methan für Klimaänderungen im Laufe der nächsten 20 Jahre, in denen die Erwärmung durch Methan etwa 80-mal stärker ist als die durch CO2. Die kurze Lebensdauer von Methan in der Atmosphäre bedeutet, dass Maßnahmen zur Verringerung der Emissionen die atmosphärischen Konzentrationen und damit die Klimaerwärmung schnell reduzieren können“, sagt die Erstautorin der Studie, IASS-Forschungsgruppenleiterin Kathleen Mar. Zudem berücksichtigten das UN-Abkommen und andere Regelwerke den Beitrag von Methan zur Luftverschmutzung nicht hinreichend.

Politische Aufmerksamkeit wächst

Methan hat sowohl natürliche als auch anthropogene Quellen, darunter Sumpfgebiete, fossile Brennstoffe, die Landwirtschaft, Abfallwirtschaft, und die Verbrennung von Biomasse. Alarmierend ist, dass die Methan-Emissionen und -Konzentrationen in den letzten Jahren rapide zugenommen haben. Dieser Anstieg ist laut neuen Forschungsergebnissen zu etwa gleichen Teilen auf Emissionen aus fossilen Brennstoffen und auf die kombinierten Emissionen aus Landwirtschaft und Abfallwirtschaft zurückzuführen. Die Daten gelten allerdings als ungenau: Bei der Öl- und Gasförderung gibt es aufgrund von Leckagen erhebliche Abweichungen von den gemeldeten Emissionen und in der Landwirtschaft werden häufig einfache Schätzungen verwendet.

Die Herausforderungen für die Regulierung sind entsprechend groß, allerdings beschreiben die Forschenden auch positive Entwicklungen: So hat beispielsweise die EU vor kurzem eine Strategie zur Verringerung der Methan-Emissionen im Rahmen des europäischen Green Deal veröffentlicht. Und bei der Weltklimakonferenz in Glasgow 2021 schlossen sich mehr als 100 Staaten dem „Global Methan Pledge“ an, einer Initiative der USA und EU, um den Methan-Ausstoß bis 2030 um 30 Prozent zu verringern.

Mehr nichtstaatliche Akteure engagieren sich

Nach diesen Willenserklärungen müsse es jetzt zügig an die Umsetzung gehen, sagt Kathleen Mar: „Gerade in der Klimapolitik haben Regierungen ihre eigenen Versprechen in der Vergangenheit häufig nicht umgesetzt. Beim Methan sollte das anders laufen – und es ist auch möglich, da eine erhebliche Verringerung der Methanemissionen mit technisch verfügbaren und in vielen Fällen kostengünstigen Maßnahmen wie einer besseren Erkennung von Leckagen im Gasverteilungsnetz oder der Weiternutzung von Deponiegas erreicht werden kann.“ Hoffnung mache ihr zudem, dass sich in den letzten zehn Jahren die Akteurslandschaft erweitert hat: Eine Vielzahl von Nichtregierungsorganisationen, transnationalen Allianzen sowie Initiativen aus dem Privatsektor haben sich des Themas Methan angenommen und Wege für eine verstärkte Minderung vorgeschlagen.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Kathleen Mar
kathleen.mar@iass-potsdam.de


Originalpublikation:

Mar, K. A., Unger, C., Walderdorff, L., Butler, T. M. (2022): Beyond CO2 equivalence: The impacts of methane on climate, ecosystems, and health. – Environmental science & policy, 134, 127-136.
https://doi.org/10.1016/j.envsci.2022.03.027


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Chemie, Energie, Meer / Klima, Politik, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW