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15.12.2025 15:01
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‚Wissenschaft‘, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Eine gesunde Dosis KI: Maschinelles Lernen beschleunigt die Forschung zur Schilddrüsengesundheit
Ein gemeinsames Team von Forscher:innen der Constructor University und Constructor Technology hat die Möglichkeiten des maschinellen Lernens genutzt, um neue Erkenntnisse zur menschlichen Schilddrüsengesundheit zu gewinnen. In einer kürzlich in der Frontiers in Endocrinology erschienenen Studie entwickelte das Team um Klaudia Brix, Professorin für Zellbiologie an der Constructor University, die neue Bildanalyse-App „CU Cilia“. Die App nutzt Algorithmen des maschinellen Lernens, um Primärzilien in menschlichen Schilddrüsenzellen zu erkennen und zu vermessen.
Neben der im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren deutlich höheren Geschwindigkeit, Präzision und Zugänglichkeit von CU Cilia bestätigte die Studie einen Zusammenhang zwischen bestimmten Enzymen und der Länge der Primärzilien in Schilddrüsenzellen – ein Befund mit potenziell wichtigen Folgen für die Schilddrüsengesundheit.
Primärzilien sind winzige, haarähnliche Fortsätze, die aus der Zellmembran ragen. Die in der Studie untersuchten Schilddrüsenepithelzellen versorgen den Körper mit lebenswichtigen Schilddrüsenhormonen und nutzen Primärzilien als eine Art Antenne, um Umweltsignale wahrzunehmen und diese zentralen Prozesse zu steuern. Das Forschungsteam ging der Frage nach, ob Primärzilien in menschlichen Schilddrüsenzellen von sogenannten Kathepsinen beeinflusst werden. Dabei handelt es sich um Enzyme, die frühere Studien an Mäusen mit der Zilienentwicklung und der Schilddrüsengesundheit in Verbindung gebracht haben. Wie Professorin Brix erklärt: „Mit dieser Studie wollten wir untersuchen, ob die Struktur von Primärzilien von Proteasen abhängt“ – einer Enzymklasse, zu der auch Kathepsine gehören und die Proteine und Peptide abbauen. „Das ist eine wichtige Frage der Grundlagenforschung, denn diese empfindlichen zellulären Antennen dienen als Biomarker für Gesundheit und Krankheit.“
Für das Projekt mussten große Mengen hochaufgelöster Aufnahmen aus der Laser-Scanning-Mikroskopie von Primärzilien ausgewertet werden. Für Brix war das die Chance, gemeinsam mit den Machine-Learning-Expert:innen von Constructor Technology neue, innovative Ansätze zu entwickeln: „Kurz gesagt: CU Cilia ermöglicht uns, Hunderte von Bildern zu analysieren. So können wir den Ansatz, strukturelle Veränderungen von Primärzilien als Biomarker für Gesundheit und Krankheit zu nutzen, für Forscher:innen in der Grundlagen- wie auch in der medizinischen Forschung zugänglich machen.“
Auf Basis der interdisziplinären Expertise der beiden Organisationen der Constructor Group testete das Team CU Cilia parallel zu herkömmlichen regelbasierten Bildanalyseprogrammen. Das Ergebnis war eine schnellere und leichter zugängliche Analyse sowohl zur Erkennung von Primärzilien als auch zur Segmentierung von Zellkernen. „Nachdem wir gelernt hatten, uns über die zugrunde liegende Zellbiologie und die rechnerischen Herausforderungen der High-Content-Bildanalyse auszutauschen, war es eine tolle Erfahrung, an der Umsetzung dieser ML-basierten App zu arbeiten“, resümiert die wissenschaftliche Mitarbeiterin Maren Rehders.
Die Auswertungen mit CU Cilia bestätigten einen Zusammenhang zwischen Kathepsinen und der Länge von Primärzilien. Das deutet auf eine strukturelle Rolle dieser Enzyme in Schilddrüsenzellen hin, beim Menschen ebenso wie bei Mäusen, und eröffnet neue Ansatzpunkte für weitere Untersuchungen. Durch die Kombination der Präzision des maschinellen Lernens mit den biologischen Einblicken der hochauflösenden Mikroskopie zeigt die Studie, wie sehr ML-Entdeckungen beschleunigen kann, selbst im kleinsten Maßstab des Lebens. „Diese Arbeit macht die Stärke interdisziplinärer Zusammenarbeit deutlich: Wenn Machine-Learning-Ingenieur:innen und Molekularbiolog:innen ihre Kräfte bündeln, treiben sie wissenschaftliche Entdeckungen voran und schaffen wirkungsvolle Werkzeuge“, ergänzt Professor Peter Popov, Machine-Learning-Experte der Constructor Group.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Klaudia Brix, Professorin für Zellbiologie an der Constructor University, kbrix@constructor.university
Originalpublikation:
https://www.frontiersin.org/journals/endocrinology/articles/10.3389/fendo.2025.1…
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
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