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20.05.2025 09:18
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‚Wissenschaft‘, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Hart gegen Entzündungen, sanft zum Kind – Sichere Nanomedizin in der Schwangerschaft
Bei Krankheiten während der Schwangerschaft ist besondere Vorsicht geboten, denn nicht alle Medikamente sind verträglich für Mutter und Kind. Darum entwickelt ein internationales Team unter Beteiligung von Empa-Forschenden nun Nanomedikamente, die eine sichere und effektive Therapie von Entzündungsprozessen in der Schwangerschaft ermöglichen sollen. Denn Schwangerschaftskomplikationen werden häufig von Entzündungen hervorgerufen oder begleitet, jedoch sind die Behandlungsmöglichkeiten oft nicht genügend effektiv oder stehen im Verdacht die Entwicklung des Fötus zu stören.
Wenn eine Schwangerschaft kompliziert wird, steht nicht nur das Leben der Mutter auf dem Spiel, sondern auch das des ungeborenen Kindes. Doch was tun, wenn Medikamente gegen weitverbreitete Infektionen und andere Schwangerschaftskomplikationen wie Schwangerschaftsvergiftung, Diabetes oder eine drohende Frühgeburt entweder nicht wirken oder zu riskant sind?
Die medizinische Forschung hat eine mögliche Antwort: Nanozyme. Die winzigen, künstlich hergestellten Partikel könnten dazu beitragen, Entzündungsprozesse in der Plazenta zu behandeln, ohne Mutter oder Kind zu schaden. Ein Team aus Forschenden der Empa, der ETH Zürich, des Kantonsspital St. Gallen und der chinesischen «Zhejiang University» entwickelt nun in einem vom Schweizer Nationalfonds (SNF) geförderten Projekt neuartige Nanozyme. Dabei wird der Entwicklungsprozess von umfassenden Studien zu deren Medikamentensicherheit begleitet.
Ein Baukasten für sichere Therapien
Nanozyme sind kleinste synthetische Verbindungen im Nanometer-Bereich mit Enzym-artigen Eigenschaften, die bereits in anderen medizinischen Feldern erforscht werden, etwa in der Krebstherapie. Aufgebaut sind sie aus einem nanostrukturierten Kern (z.B. Metallatome oder Metalloxide), der die enzymatische Aktivität bestimmt, und Oberflächenmodifikationen, die die Stabilität der Nanozyme erhöhen und ihre Spezifität verbessern. «Auf diese Weise wollen wir einen massgeschneiderten Einsatz für verschiedene Anwendungsbereiche ermöglichen», erklärt Empa-Forscher Tagaras.
Die Aktivität der Nanozyme ändert sich dabei, je nachdem welche Krankheitsprozesse im Einsatzgebiet vorherrschen: Aus einem «Stealth Mode», einer Art inaktivem Tarnkappen-Zustand, können sie aktiv werden, um bei Entzündungsprozessen etwa reaktive Sauerstoffspezies (ROS) einzufangen oder bei einer Infektion Bakterien zu zerstören.
Die Entwicklung der Nanozyme geht dabei mit Laborexperimenten zur Sicherheit der neuartigen Medikamente einher. Hier wenden die Forschenden in den Empa-Labors entwickelte und erprobte Modelle an, die das Geschehen an der Plazenta und im Organismus von Mutter und Kind naturgetreu abbilden. «Der Aufbau, der Stoffwechsel und das Ineinandergreifen von mütterlichem und fetalem Gewebe sind beim Menschen einzigartig», sagt Teamleiterin Tina Bürki vom «Nanomaterials in Health»-Labor der Empa in St. Gallen. Daher sei es erforderlich, die Wirkung der Nanozyme an Labormodellen mit menschlichen Zellen und Geweben zu untersuchen. Zum Einsatz kommt hier das bereits etablierte Plazenta-Modell, wofür das Team voll funktionsfähige menschliche Plazenten nutzt, die nach Kaiserschnitten zur Verfügung gestellt wurden. «Nur dank menschlichem Plazentagewebe lassen sich aussagekräftige Resultate zum Transport und der Wirkung der Nanozyme ermitteln», sagt die Empa-Forscherin.
Ein vielversprechender Start
Einen weiteren Schritt zu sicheren Nanomedikamenten ermöglicht der sogenannte Plazenta-Chip, ein fingerlanger Polymer-Chip, auf dem menschliche Zellen wachsen, die die Plazenta-Schranke und den Embryo in möglichst realitätsnahen Bedingungen repräsentieren. Auf diese Weise können nebst Transportprozessen an der Plazenta auch die direkten und indirekten Schadwirkungen der Nanozyme auf die frühe Embryonalentwicklung untersucht werden.
Erste Ergebnisse des Projekts sind vielversprechend. «Die Nanozyme beeinträchtigen die Plazentaschranke nicht und zeigen bisher keine negativen Auswirkungen auf die untersuchten Modelle », so Empa-Forscher Tagaras. Als nächstes wird das Team die entzündungshemmende und antibakterielle Wirkung der Nanozyme analysieren.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Tina Bürki
Nanomaterials in Health
Tel. +41 58 765 7696
tina.buerki@empa.ch
Nikolaos Tagaras
Nanomaterials in Health
Tel. +41 58 765 7054
nikolaos.tagaras@empa.ch
Originalpublikation:
N Tagaras, H Song, S Sahar, W Tong, Z Mao, and T Buerki-Thurnherr; Safety Landscape of Therapeutic Nanozymes and Future Research Directions; Advanced Science (2024); DOI: 10.1002/advs.202407816
Bilder
Die neuen Nanomedikamente zur Behandlung von Entzündungsprozessen in der Schwangerschaft sollen eine …
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
