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27.10.2025 14:17
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‚Wissenschaft‘, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Herzerkrankungen mit KI vorbeugen
Im Projekt SmartHeart simulierten Forschende der Hochschule München (HM) ein pulsierendes Herz, welches mit Hilfe von KI-Methoden patientenspezifisch angepasst werden kann. Der Digitale Zwilling soll Medizinerinnen und Medizinern künftig dabei helfen, die Ursachen kardiovaskulärer Erkrankungen zu erforschen und die Auswirkungen von Eingriffen vorherzusagen.
Herzkreislauferkrankungen sind die häufigste Todesursache in Deutschland. Mehr als 300.000 Menschen sterben jährlich an kardiovaskulären Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Herzrhythmusstörungen oder Bluthochdruck. „Die Ursachen dieser Erkrankungen sind wahrscheinlich oft multifaktoriell: Es gibt zahlreiche Wechselwirkungen beispielsweise zwischen Blutdruck, der Form und Funktion des Herzmuskels sowie der Herzklappen. Diese komplexen Zusammenhänge lassen sich nur schwer an lebenden Patienten untersuchen“, erklärt Ludwig Wagmüller. Der Maschinenbauer entwickelte in seiner Promotionsarbeit an der HM das personalisierte Computermodell eines pulsierenden Herz-Kreislaufsystems. Damit soll es zukünftig möglich sein, das Verhalten des Herzens auch ohne invasive Diagnoseverfahren zu analysieren.
Bisherige Modelle oft langsam und ineffizient
Bisherige Simulationen waren hierfür einerseits zu langsam, andererseits nur in aufwendiger Weise patientenspezifisch adaptierbar. „Für die Berechnung und Visualisierung eines einzigen Pulsschlags benötigten Supercomputer mehrere Stunden“, erklärt Wagmüller. Zusammen mit den Simulationsexpertinnen und -experten an der Fakultät für Maschinenbau, Fahrzeugtechnik und Flugzeugtechnik der HM sowie der Technischen Universität München (TUM) entwarf er mit Hilfe von KI-Methoden ein neuartiges Herzmodell: Dieses kann die patientenspezifische Geometrie detailgetreu nachbilden und braucht dennoch weniger Rechnerleistung als traditionelle Simulationen.
Schneller rechnen mit KI
Der Trick: „Wir nutzen eine Kombination aus statistischen Verfahren und KI. Dieser Ansatz sorgt dafür, dass die Simulation weniger Rechenzeit benötigt“, sagt der Doktorand. Eine wichtige Rolle spielt dabei das „Reduced Order Model“. Solche reduzierten Modelle sind weniger komplex als klassische Simulationen, erreichen jedoch mit Berücksichtigung der wesentlichen Charakteristika eine hohe Übereinstimmung und sind außerdem wesentlich energieeffizienter. Die Forschenden konnten so erstmalig typische Bewegungsmuster in der Herzbewegung über verschiedene Patientengeometrien hinweg identifizieren und mathematisch beschreiben.
Das digitale Durchschnittsherz
Das neue Herzmodell basiert auf realen Daten von lebenden Patientinnen und Patienten. Mit Hilfe von siebzig anonymisierten MRT-Datensätzen gelang es Wagmüller, den Digitalen Zwilling eines Durchschnittsherzens inklusive seiner Abweichungen zu simulieren. Dieser wurde anschließend – ebenfalls mit anonymisierten – MRT-Daten trainiert. Das Ergebnis ist ein pulsierendes, digitales Herz-Kreislaufsystem, mit dem sich wesentliche physikalische Vorgänge abbilden und vorhersagen lassen. Dieser Digitale Zwilling lässt sich mit Hilfe von spezifischen Daten individualisieren.
Ein Modell auf dem Weg in die klinische Praxis
„Durch die Kombination von reduzierten Modellen, die die Simulation beschleunigen, sowie variablen Geometrien, die eine Individualisierung erlauben, eröffnet der Simulationstechnik völlig neue Anwendungen“, resümiert HM-Professor Markus Gitterle von der Fakultät für Maschinenbau, Fahrzeugtechnik, Flugzeugtechnik, der gemeinsam mit HM-Professor Michael Wibmer das Projekt leitete. So ermögliche der Digitale Zwilling langfristig Einblicke in pulsierende Herz-Kreislaufsysteme. Ein Zukunftstraum der Forscherinnen und Forscher sei die Visualisierung und Erprobung chirurgischer Eingriffe: „Der Digitale Zwilling wird laufend weiterentwickelt. Auf diese Weise lässt sich vielleicht eines Tages schon vor einem Eingriff am offenen Herzen untersuchen, ob die geplante Operation den gewünschten Erfolg bringt“, ergänzt Wibmer.
Das Projekt wird vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst gefördert und gemeinsam mit den Projektpartnern AdjuCor GmbH sowie Prof. Dr.-Ing. Michael W. Gee der Technischen Universität München umgesetzt.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr.-Ing. Markus Gitterle
Mail: markus.gitterle@hm.edu
Bilder
Wie lässt sich mit KI ein Herz realistisch simulieren? Daran arbeitete das HM-Forschungsteam im Proj …
Copyright: Foto: Alexander Ratzing
Arbeiteten gemeinsam am Projekt SmartHeart: Prof. Dr. Michael Wibmer, Prof. Dr. Markus Gitterle und …
Copyright: Foto: Alexander Ratzing
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Elektrotechnik, Informationstechnik, Maschinenbau, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch





































































































