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25.11.2024 13:53
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Inceptor reguliert Insulinhaushalt: Neuer Ansatz für Diabetes-Therapien
Bereits 2021 hat ein Forschungsteam um Prof. Heiko Lickert von Helmholtz Munich den Insulin-inhibitorischen Rezeptor „Inceptor“ und seine Rolle als Hemmer des Insulinsignalwegs entdeckt. Nun ist es den Forschenden gelungen, eine weitere, noch bedeutendere Funktion des Rezeptors zu entschlüsseln: Er bindet Insulin und steuert dessen Abbau in Betazellen. Diese Erkenntnis könnte zu neuen Therapieansätzen führen, die nicht nur die Funktion der Betazellen stärken, sondern auch eine ursächliche Behandlung von Diabetes ermöglichen.
Das Team um Prof. Heiko Lickert, Direktor des Instituts für Diabetes- und Regenerationsforschung bei Helmholtz Munich, Professor an der Technischen Universität München (TUM) und Wissenschaftler am Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD), hat Inceptor im Jahr 2021 entdeckt und seine Rolle als Hemmer des Insulinsignalwegs beschrieben. Inceptor und der Insulinrezeptor befinden sich beide auf der Oberfläche der Betazellen, wobei Inceptor den Insulinrezeptor blockieren kann und so die Insulinempfindlichkeit der Zellen verringert. Dies schwächt den Signalweg ab. Die aktuelle Studie geht noch weiter: Sie zeigt, dass Inceptor überschüssiges Insulin in der Betazelle bindet und es zum Abbau leitet. „Das Wissen über diese Funktion von Inceptor gibt uns ein tieferes Verständnis dafür, wie Betazellen ihren Insulinhaushalt regulieren“, sagt Heiko Lickert.
Regeneration geschädigter Betazellen
Das vermehrte Auftreten von Inceptor in Betazellen legt nahe, dass der Rezeptor eine Rolle bei der Insulinausschüttung spielt, die von Betazellen gesteuert wird. Dieser Prozess ist bei Diabetes häufig beeinträchtigt, was zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels führt. Durch das Blockieren von Inceptor gelang es den Forschenden, die Insulinspeicher von Betazellen aufzufüllen, die Freisetzung von Insulin zu verbessern und den Zelltod von Betazellen zu verhindern. „Insbesondere bei bereits geschädigten Zellen könnte eine Blockade von Inceptor helfen, die Insulinproduktion anzukurbeln und die Betazellen zu schützen“, so Lickert.
Hoffnung für Menschen mit Typ-2-Diabetes
Die Ergebnisse legen nahe, dass die gezielte Beeinflussung von Inceptor eine vielversprechende Strategie sein könnte, um die Funktion der insulinproduzierenden Zellen bei Menschen mit Diabetes zu verbessern. „Unser Ziel ist es, mit Hilfe unserer Entdeckung neue Medikamente zu entwickeln, die den Insulinhaushalt der Zellen unterstützen und ihre Lebensfähigkeit verlängern“, sagt Lickert. Eine solche Therapie könnte insbesondere Menschen im frühen Stadium von Typ-2-Diabetes helfen, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen und das Risiko von Komplikationen zu reduzieren.
Vom Labor in die Praxis: Ein Start-up für neue Diabetes-Therapien
Um die Erkenntnisse aus dem Labor in die Praxis zu überführen, hat Lickert ein Start-up gegründet. Das Unternehmen arbeitet an der Entwicklung von Medikamenten, die gezielt Inceptor blockieren und dadurch die Betazellen schützen oder regenerieren sollen. Dafür sind zunächst präklinische Studien nötig, in denen die Sicherheit und Wirksamkeit der neuen Therapieansätze getestet werden. „Unser Ziel ist es, den Weg für klinische Studien freizumachen und damit einen Beitrag zur Behandlung, ja hoffentlich sogar zur Heilung von Diabetes zu leisten“, so Lickert.
Über Helmholtz Munich
Helmholtz Munich ist ein biomedizinisches Spitzenforschungszentrum. Seine Mission ist, bahnbrechende Lösungen für eine gesündere Gesellschaft in einer sich schnell verändernden Welt zu entwickeln. Interdisziplinäre Forschungsteams fokussieren sich auf umweltbedingte Krankheiten, insbesondere die Therapie und die Prävention von Diabetes, Adipositas, Allergien und chronischen Lungenerkrankungen. Mittels künstlicher Intelligenz und Bioengineering transferieren die Forschenden ihre Erkenntnisse schneller zu den Patient:innen. Helmholtz Munich zählt rund 2.500 Mitarbeitende und hat seinen Sitz in München/Neuherberg. Es ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, mit mehr als 43.000 Mitarbeitenden und 18 Forschungszentren die größte Wissenschaftsorganisation in Deutschland. Mehr über Helmholtz Munich (Helmholtz Zentrum München Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt GmbH): www.helmholtz-munich.de
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Heiko Lickert
E-Mail: heiko.lickert@helmholtz-munich.de
Originalpublikation:
Siehler et al. (2024): Inceptor binds to and directs insulin towards lysosomal degradation in β-cells. Nature Metabolism. DOI: 10.1038/s42255-024-01164-y.
https://www.nature.com/articles/s42255-024-01164-y
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch