Internationale Kommission mit Dresdner Wissenschaftlern schlägt umfassende Überarbeitung der Adipositas-Diagnose vor



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17.01.2025 13:23

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Internationale Kommission mit Dresdner Wissenschaftlern schlägt umfassende Überarbeitung der Adipositas-Diagnose vor

Die internationale Kommission für klinische Adipositas (Commission on Clinical Obesity) schlägt eine umfassende Neugestaltung der Adipositas-Diagnostik vor. Der neue Ansatz geht über den Body-Mass-Index (BMI) hinaus und berücksichtigt zusätzliche Messungen des Körperfetts sowie objektive Krankheitszeichen auf individueller Ebene. Auch Forschende der TU Dresden am Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) waren an der Kommission beteiligt. Die Ergebnisse werden erstmals in einer Veranstaltung von The Lancet Diabetes & Endocrinology am 16. Januar in London vorgestellt und dann in einem Artikel in der Fachzeitschrift veröffentlicht.

Weltweit sind etwa eine Milliarde Menschen adipös. In Deutschland ist jeder vierte Erwachsene stark übergewichtig. Viele leiden unter der Erkrankung. Die Kosten für die Behandlung von Adipositas und den daraus resultierenden Folgeerkrankungen, u. a. Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Arthrose, bestimmte Krebsarten und psychische Beschwerden, belasten die Gesundheitssysteme. Präzisere Diagnosen bei Übergewicht könnten Betroffenen gezielter helfen und gleichzeitig Kosten senken.

Derzeit stützen sich medizinische Ansätze zur Diagnose von Adipositas hauptsächlich auf den sogenannten Body-Mass-Index (BMI). Der BMI ist jedoch auf individueller Ebene kein zuverlässiges Maß für Gesundheit oder Krankheit. Dies kann zu Fehldiagnosen und negativen Folgen für Betroffene und die Gesellschaft führen. Die Commission on Clinical Obesity, ein international und interdisziplinär aus weltweit hochrangigen Expertinnen und Experten besetztes Gremium, empfiehlt daher, neben dem BMI auch Messungen des Taillenumfangs oder direkte Fettmessungen zur Erkennung von Fettleibigkeit zu verwenden, um das Risiko einer Fehlklassifizierung zu verringern.

Vorschlag für zwei diagnostische Kategorien: Klinische und Präklinische Adipositas

Die Kommission stellte im Rahmen der Vorstellung ihrer Arbeit zwei neue diagnostische Kategorien vor: “klinische Adipositas” und “präklinische Adipositas”. Klinische Adipositas wird als chronische Krankheit definiert, die mit einer anhaltenden Organfunktionsstörung aufgrund des starken Überwichts einhergeht. Präklinische Adipositas ist mit einem erhöhten Gesundheitsrisiko verbunden, jedoch keine anhaltende Erkrankung.

Personalisierte Gesundheitsberatung und evidenzbasierte Versorgung

Die Kommission macht sich dafür stark, dass alle Menschen mit Adipositas eine personalisierte Gesundheitsberatung und evidenzbasierte Versorgung erhalten – frei von Stigmatisierung und Schuldzuweisungen. Dies soll durch unterschiedliche Strategien für klinische und präklinische Adipositas erreicht werden. „Adipositas nur als Risikofaktor und niemals als Krankheit zu betrachten, kann Menschen, die allein aufgrund von Adipositas gesundheitlich krank sind, zu Unrecht den Zugang zu zeitkritischer Versorgung verweigern. Auf der anderen Seite führt eine pauschale Definition von Adipositas als Krankheit zu Überdiagnosen und ungerechtfertigtem Einsatz von Medikamenten und chirurgischen Eingriffen, mit potenziellem Schaden für den Einzelnen und schwindelerregenden Kosten für die Gesellschaft“, sagt der Vorsitzende der Kommission, Prof. Francesco Rubino vom King’s College London.

„Eine gründliche und ausgewogene Definition von Adipositas ist längst überfällig, um die medizinischen und sozioökonomischen Herausforderungen anzugehen“, betont Prof. Stefan Bornstein, Mitglied der Kommission und Direktor des Zentrums für Innere Medizin am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden sowie Wissenschaftler am Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD). Der Vorschlag der Kommission biete den Gesundheitssystemen die Möglichkeit, eine klinisch relevante Definition von Adipositas sowie genauere Methoden für ihre Diagnose zu verabschieden. Dies könne helfen, die Ressourcen effizienter zu nutzen und den Menschen gezielter zu helfen.

Commission on Clinical Obesity

Die Kommission unter dem Vorsitz von Prof. Francesco Rubino vom King’s College London umfasst 56 internationale Expertinnen und Experten aus einem breiten Spektrum medizinischer Fachgebiete, darunter Endokrinologie, Innere Medizin, Chirurgie, Biologie, Ernährung und öffentliche Gesundheit, die viele Länder und unterschiedliche Gesundheitssysteme vertraten. Unterstützt von der World Obesity Federation und 75 anderen medizinischen Organisationen weltweit, legt die Kommission eine neue evidenzbasierte Definition der klinischen Adipositas vor, die als chronische, systemische Erkrankung durch übermäßige Adipositas verstanden wird. Ziel ist es, die Einschränkungen der traditionellen Definition und Diagnose zu überwinden und die notwendige Versorgung für Betroffene zu gewährleisten. Die Kommission bezog auch Menschen mit Adipositas ein und befasste sich insbesondere mit den möglichen Auswirkungen der neuen Definitionen von Adipositas auf die weit verbreitete gesellschaftliche Stigmatisierung.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Stefan Bornstein
Mitglied der Commission on Clinical Obesity und Sprecher auf der Veranstaltung zum Launch der Empfehlungen zur Definition und zu den Diagnosekriterien der klinischen Adipositas.

Direktor des Zentrums für Innere Medizin am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus
Gruppenleiter am DZC-Partner Paul Langerhans Institut Dresden von Helmholtz Munich am Universitätsklinikum und der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden

E-Mail: Silke.juffa@ukdd.de
E-Mail: Aline.guenther@ukdd.de


Originalpublikation:

Link zur Veröffentlichung: https://www.thelancet.com/commissions/clinical-obesity


Weitere Informationen:

http://Link zur Pressemeldung von The Lancet Diabetes & Endocrinology: https://www.dzd-ev.de/fileadmin/DZD/PDF/Pressemitteilungen_Texte/PM_2025/250114_…


Bilder

Prof. Stefan Bornstein - Mitglied der Commission on Clinical Obesity; Direktor des Zentrums für Innere Medizin am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus; Gruppenleiter am DZC-Partner Paul Langerhans Institut Dresden

Prof. Stefan Bornstein – Mitglied der Commission on Clinical Obesity; Direktor des Zentrums für Inne
Matthias Popp
SFB/TRR 205

Messung des Taillenumfangs - eine Methode zur Erkennung von Adipositas

Messung des Taillenumfangs – eine Methode zur Erkennung von Adipositas
Fred Froese
iStock/Fred Froese


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW