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24.11.2025 15:01
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‚Wissenschaft‘, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Lebertransplantation: Muster der chronischen Abstoßung entschlüsselt
MHH-Forschende entdecken molekulare Signaturen, die bei der Diagnose helfen könnten.
Eine Lebertransplantation rettet oft schwerkranke Patientinnen und Patienten. Doch bleibt das Risiko, dass der Körper das neue Organ abstößt. Ärztinnen und Ärzte unterscheiden zwischen akuter und chronischer Abstoßung. Während sich die akute Abstoßung gut diagnostizieren und behandeln lässt, schädigt die chronische das Organ nachhaltig und ist schwer zu erkennen – bisher nur durch Gewebeproben unter dem Mikroskop. Ein internationales Forschungsteam, geleitet von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und dem Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI), hat nun eindeutige molekulare Signaturen für die chronische Abstoßung nach einer Lebertransplantation entdeckt, die bei der Diagnose helfen könnten. Die Ergebnisse sind nach zehnjähriger Arbeit nun im Journal of Hepatology erschienen.
Zwei Arten der Abstoßung
„Die chronische und die akute Abstoßung unterscheiden sich in Ursache, Verlauf und Therapie“, erklärt Erstautor Dr. Bastian Engel, MHH-Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Endokrinologie (GHIE). „Bei der chronischen Abstoßung greifen Antikörper die Blutgefäße der transplantierten Leber an, oft ohne auffällige Leberwerte. Bis zu 50 Prozent der Fälle führen zu Vernarbungen, die Leberzirrhose verursachen und eine erneute Transplantation nötig machen können.“ Bei der Behandlung setzen die Ärzte und Ärztinnen auf klassische Immunsuppressiva und Maßnahmen zur Senkung von Antikörpern wie Plasmapherese und hochdosierte Immunglobulin-Gaben – mit unterschiedlichem Erfolg.
Die akute Abstoßung lässt sich leichter erkennen und behandeln. Dabei attackieren Immunzellen die Spenderleber, was die Leberwerte erhöht und eine Funktionsverschlechterung verursacht. Das Risiko dauerhafter Vernarbungen ist geringer, und die akute Abstoßung spricht meist gut auf eine Anpassung der Immunsuppression oder eine vorübergehende hochdosierte Kortisongabe an. „Entscheidend ist, dass diese beiden Formen nicht nur unterschiedlich verlaufen, sondern auch eigene molekulare Aktivitätsmuster zeigen – typische Fingerabdrücke im Organ. Diese Signaturen haben wir erstmals klar voneinander abgegrenzt“, erklärt der Doktorand und ärztliche Mitarbeiter Alejandro Campos-Murguia, ebenfalls Erstautor aus der gastroenterologischen Klinik.
Unterschiedliche Behandlung – große Herausforderung
Das Team analysierte erstmals, welche Gene in Gewebeproben von Lebertransplantationspatientinnen und -patienten mit und ohne akute sowie chronische Abstoßung aktiv sind. Die Proben stammten aus Hannover und Barcelona. „Wir haben sowohl die Daten aus der Genexpression, der Zytokine, der Komplementfaktoren und die extrazelluläre Matrix (ECM) – also von verschiedenen Molekülen und Strukturen, die in Zellen und Gewebe eine Rolle spielen – in mehr als 158 Proben analysiert“, berichtet Ahmed Alaswad, Doktorand am Zentrum für Individualisierte Infektionsmedizin (Centre for Individualised Infection Medicine, CiiM), einer gemeinsamen Einrichtung des HZI und der MHH und Erstautor. „Unsere Analysen zeigen erstmals eindeutig, dass Signalwege, die zur Vernarbung der Leber führen, wie die TNF–NF-κB-Signalgebung, und die Komplementaktivierung, ein Teil der angeborenen Immunantwort, auf eine chronische Abstoßung hindeuten.“
Abstoßung besser diagnostizieren
Die Erkenntnisse sind mehr als nur Grundlagenforschung. „Diese molekularen Signaturen können künftig helfen, chronische Abstoßungen in Überwachungs-Transplantatbiopsien frühzeitiger und genauer zu diagnostizieren und so die Behandlung gezielter anzupassen“, sagt Prof. Dr. Richard Taubert, Oberarzt der GHIE-Lebertransplantationsambulanz.
„Die Ergebnisse sind ein wichtiger Schritt hin zur personalisierten Medizin in der Transplantationsforschung“, betont Prof. Dr. Yang Li, MHH-Professorin, Ko-Direktorin des CiiM und Leiterin der Forschungsabteilung „Bioinformatik der Individualisierten Medizin“ des HZI. „Unser Ziel ist es, dass jede Patientin und jeder Patient die individuell bestmögliche Therapie erhält – damit sie mit dem transplantierten Organ deutlich länger leben können.“
SERVICE
Weitere Informationen erhalten Sie bei Dr. Bastian Engel, Engel.Bastian@mh-hannover.de.
Originalpublikation:
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0168827825023384?via%3Dihub
Bilder
Diskutieren die Forschungsergebnisse (von links): Ahmed Alaswad, Alejandro Campos-Murguia und Dr. Ba …
Copyright: Karin Kaiser/MHH.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch





































































































