Mit 3D-Druck gegen Hautkrankheiten



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18.12.2025 12:43

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‚Wissenschaft‘, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Mit 3D-Druck gegen Hautkrankheiten

Alternativen zum Tierversuch: An der TU Wien entwickelt man 3D-Druck-Verfahren, mit denen man lebendes biologisches Gewebe herstellen kann – etwa für die Forschung an Hautkrankheiten.

Ungefähr ein Viertel der europäischen Bevölkerung leidet unter chronisch entzündlichen Hautkrankheiten wie Psoriasis, Neurodermitis oder Akne. Therapien dafür zu erforschen ist oft schwierig. Tierversuche – abgesehen davon, dass sie grundsätzlich ethisch problematisch sind – liefern oft keine guten Ergebnisse, weil sich tierische Haut anatomisch und im Immunverhalten oft stark von menschlicher Haut unterscheidet.

Man braucht daher neue Modelle, an denen man Hautkrankheiten erforschen kann – und diese Lücke kann 3D-Druck mit Biomaterialien schließen. An der TU Wien wird daran seit Jahren geforscht, nun konnte man anhand mehrerer Hautkrankheiten zeigen, dass sich 3D-gedrucktes Gewebe in der Dermatologie mit großem Erfolg einsetzen lässt. In einem neuerschienenen Review-Artikel wird diese Arbeit nun präsentiert.

Auf der Suche nach dem passenden Hautmodell

„Man hat bisher verschiedene Methoden angewendet, um Proben herzustellen, die menschlicher Haut ähnlich sind“, sagt Prof. Georg Stary von der Universitätsklinik für Dermatologie der Medizinischen Universität Wien, Mitautor der Studie. „Man kann etwa Bindegewebezellen in eine Kollagen-Lösung einbetten und kultivieren. Dabei hat man aber kaum Kontrolle über die räumliche Struktur, die entstehende Zellschicht ist nicht besonders langlebig, und es ist kaum möglich, Immunzellen oder Blutgefäße in die Struktur zu integrieren, die bei chronischen Entzündungen eine entscheidende Rolle spielen.“

Eine andere Möglichkeit ist die sogenannte Self-Assembly-Methode: Man kultiviert Bindegewebezellen mit viel Vitamin C, die dann ihre eigene extrazelluläre Matrix aufbauen, die der Zellstruktur ihre Form gibt. „Das ist aber sehr langwierig und arbeitsintensiv, und man hat das Problem mangelnder Reproduzierbarkeit“, sagt Georg Stary. „Die Proben entwickeln sich oft ganz unterschiedlich, man hat wenig Kontrolle über die Struktur, die sich auf diese Weise bildet.“

Haut aus dem Tintenstrahler

„Genau diese Probleme können wir mit unserer 3D-Druck-Methode lösen“, sagt Aleksandr Ovsianikov. „Wir bauen aus lebenden Zellen, Biopolymeren und sorgfältig ausgewählten Materialien Schicht für Schicht ein dreidimensionales Gewebe auf.“ Aus Zellen und einem Hydrogel wird eine dickflüssige „Bio-Tinte“ erzeugt, die dann in kleinen Tropfen aufgetragen wird, ähnlich wie Farbe in einem Tintenstrahldrucker.

An der TU Wien wurde gezeigt: Die Wahl des Hydrogels und der Zelltypen ist für den Erfolg des Modells entscheidend. Je nachdem, wofür man das Hautmodell verwenden möchte, braucht man speziell designte Bio-Tinten.

Maßgeschneiderte Strukturen für unterschiedliche Zwecke

So entstanden in den 3D-Druckern der TU Wien auf kontrollierte, präzise reproduzierbare Weise Hautmodelle, an denen dann unterschiedliche Krankheiten studiert werden konnten: „Wir haben psoriatische Modelle entwickelt, die T-Zellen enthalten – die Immunzellen, die bei Psoriasis eine chronische Entzündung auslösen“, sagt Andrea Gabriela Ulloa-Fernández (TU Wien). „An diesen Modellen kann man studieren, wie die Struktur auf bestimmte Medikamente reagiert.“
Auch Entzündungsmodelle konnten mit der 3D-Druck-Methode hergestellt werden, um entzündungshemmende Substanzen zu testen. Sogar Strukturen mit Blutgefäßen lassen sich erzeugen, etwa um vaskuläre Schäden bei Diabetes zu studieren.

„Mit unserer Methode können wir gezielt definieren, welche Form die extrazelluläre Matrix haben soll, in der sich die Zellen anlagern und vermehren“, sagt Ulloa-Fernández. „Das gibt uns ein ganz anderes Maß an Kontrolle über das Endergebnis, als das bisher möglich war. Wir hoffen, mit unseren künstlichen Hautmodellen die Forschung an einer breiten Palette von Hautkrankheiten nun einen entscheidenden Schritt voranzubringen.“


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Aleksandr Ovsianikov
Institut für Werkstoffwissenschaften und Werkstofftechnologie
Technische Universität Wien
+43 1 58801 30830
aleksandr.ovsianikov@tuwien.ac.at


Originalpublikation:

A. Ulloa-Fernández et al., Advances in Bioprinting to Model Immune-Mediated Skin Diseases, Advanced Healthcare Materials e03806. https://doi.org/10.1002/adhm.202503806


Bilder


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Biologie, Chemie, Maschinenbau, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW