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28.05.2025 08:28
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‚Wissenschaft‘, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Neu identifizierte Gruppe von Nervenzellen im Gehirn reguliert das Körpergewicht
Übergewicht ist ein weltweites Gesundheitsproblem, von dem viele Menschen betroffen sind. In den letzten Jahren wurden sehr vielversprechende Medikamente gegen Übergewicht entwickelt. Trotz dieser Erfolge gibt es Patienten, die auf diese Medikamente nicht ansprechen oder unter Nebenwirkungen leiden. Daher gibt es immer noch einen Mangel an Therapien. Forschende am Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung haben nun eine kleine Gruppe von Nervenzellen im Hypothalamus von Mäusegehirnen entdeckt, die das Essverhalten und die Gewichtszunahme beeinflussen. Diese Entdeckung könnte die Entwicklung von gezielten Medikamenten gegen Übergewicht ermöglichen.
• Forschende haben eine bestimmte Gruppe von Nervenzellen im Hypothalamus des Gehirns entdeckt, die das Essverhalten und die Gewichtszunahme beeinflussen.
• Diese Nervenzellen werden durch das Hormon Leptin gesteuert, das den Appetit unterdrückt.
• Entdeckung bietet Potenzial für die Entwicklung weiterer gezielter Therapien gegen Übergewicht
Die Forschungsgruppe identifizierte die sogenannten PNOC/NPY-Nervenzellen im Gehirn von Mäusen. Wenn diese Zellen aktiviert werden, erhöhen sie die Nahrungsaufnahme und führen zu Fettleibigkeit. Interessanterweise gibt es diese Nervenzellen auch im menschlichen Gehirn. Mithilfe neuartiger genetischer und molekularbiologischer Methoden konnten die Forschenden die Nervenzellen auf Einzelzellebene analysieren und in verschiedene Cluster unterteilen. Innerhalb dieser großen Gruppe von Nervenzellen ist nur ein Cluster für das beobachtete Essverhalten verantwortlich.
Entfernung von Leptin-Rezeptoren
Frühere Studien haben gezeigt, dass die PNOC-Nervenzellen im Hypothalamus besonders aktiv sind, wenn Mäuse eine fettreiche Ernährung erhalten. In weiteren Analysen fanden die Forscher heraus, dass etwa 10 % dieser Nervenzellen einen Rezeptor für das Hormon Leptin besitzen. Leptin wird im Fettgewebe gebildet und unterdrückt den Appetit im Gehirn. Wurde der Leptinrezeptor in dieser Gruppe von PNOC-Nervenzellen entfernt, aßen die Mäuse mehr und wurden übergewichtig.
„Es war überraschend, dass eine so kleine Gruppe von Nervenzellen speziell zu Fettleibigkeit führt“, erklärt Marie Holm Solheim, Erstautorin der Studie.
Die Forscher planen, diese Nervenzellen weiter zu untersuchen, um weitere spezifische Angriffspunkte für potenzielle Medikamente zu finden und sie für pharmakologische Eingriffe zugänglich zu machen
„Wir hoffen, dass Medikamente, die auf diese spezialisierte Gruppe von Nervenzellen wirken, vielversprechende Therapiealternativen bieten“, sagt Jens Brüning, Leiter der Studie. „Allerdings ist es noch ein weiter Weg, bis diese eingesetzt werden können.“
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Jens Brüning, brueningsf.mpg.de
Originalpublikation:
Marie H. Solheim, Sima Stroganov, Weiyi Chen, P. Sicilia Subagia, Corinna A. Bauder, Daria Wnuk-Lipinski, Almudena Del Río-Martín, Tamara Sotelo-Hitschfeld, Cait A. Beddows, Paul Klemm, Garron T. Dodd, Sofia Lundh, Anna Secher, F. Thomas Wunderlich, Lukas Steuernagel, Jens C.
Hypothalamic PNOC/NPY neurons constitute mediators of leptin-controlled energy homeostasis
Cell, June 2025
https://www.cell.com/cell/fulltext/S0092-8674(25)00403-9
Weitere Informationen:
Bilder
Mikroskopische Aufnahme von Nervenzellen im Mäusegehirn.
M. Holms / Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
