28.05.2020 08:12
Przewalski-Pferd: Bestand der Wildpferde nicht durch Inzucht gefährdet
Senckenberg-Wissenschaftler haben herausgefunden, dass der Bestand des Przewalski-Pferds nicht durch Inzucht gefährdet ist. Genetische Untersuchungen zeigen, dass die seit 1992 ausgewilderten Wildpferde trotz des kleinen Zuchtbestandes keine verringerte genetische Variabilität aufweisen. Die Studie erschien kürzlich im Fachjournal „Mongolian Journal of Biological Sciences“.
Das Przewalski-Pferd (Equus ferus przewalskii) ist die letzte noch existierende Wildpferdart – allerdings gilt sie seit 1969 in freier Wildbahn als ausgestorben. Da die in Gefangenschaft lebenden Tiere weitergezüchtet werden konnten, ist die Art dennoch bis heute erhalten geblieben. „Der heutige Bestand geht auf lediglich zwölf Pferde zurück, die in Zoohaltung Nachwuchs zeugten – ein genetischer Flaschenhals, der das Risiko inzuchtbedingter Krankheiten birgt, etwa eine verringerte Widerstandsfähigkeit oder verkürzte Lebenserwartung“, erklärt Prof. Dr. Dr. h.c. Hermann Ansorge vom Senckenberg Museum für Naturkunde in Görlitz und fährt fort: „Auswilderungsversuche der Przewalski-Pferde sind unter diesen Umständen eine Herausforderung: Nur mit einer hohen genetischen Variabilität kann eine Art auf Umweltveränderungen reagieren!“
1992 begannen die ersten erfolgreichen Versuche, das Przewalski-Pferd wieder in seiner Heimat, der mongolischen Steppe, anzusiedeln – heute leben dort zirka 746 Individuen wieder in freier Wildbahn. Ein internationales Team rund um Ansorge hat in den letzten Jahren die ausgewilderten Przewalski-Pferde und historisches Sammlungsmaterial morphologisch unter die Lupe genommen. Insgesamt 130 Schädel aus einem Zeitraum von 110 Jahren untersuchten die Forschenden. Aufschlüsse über die genetische Variabilität gab der Vergleich nichtmetrischer Merkmale. „Hierbei handelt es sich um definierte Ausprägungen am Schädel, deren Aussehen sich qualitativ differenzieren lässt“, erklärt Ansorge und ergänzt: „Dies können beispielsweise natürliche kleine Löcher sein, durch die Blutgefäße oder Nervenstränge gehen. Unterschiede in Aussehen und Symmetrie dieser Merkmale können uns so Rückschlüsse auf genetische Unterschiede geben.“
Die Untersuchungen zeigen, dass die ausgewilderten Populationen der Przewalski-Pferde anders als vermutet eine vergleichbar hohe genetische Vielfalt aufweisen. Erstautor der Studie und Leiter des Auswilderungsprojektes, Dorj Usukhjargal vom Hustai National Park in der Mongolei, zeigt sich von den Forschungsergebnissen überrascht: „Wir haben damit gerechnet, dass durch lange Phasen der Inzucht die Przewalski-Pferd-Populationen eventuell genetisch zu eng miteinander verwandt sind, um langfristig in der Wildnis überlebensfähig zu sein.“
Dass die Przewalski-Pferde nun doch größere Chancen haben, in freier Wildbahn zu überleben, erklärt sich Usukhjargal mit der bedachten Auswahl der Tiere: „Die Pferde, die für die Auswilderung bestimmt werden, müssen grundsätzlich gute genetische Voraussetzungen haben; hier wird bereits eine Vorauswahl getroffen. Hinzu kommt, dass auch die Zoos und Wildreservate in den letzten Jahrzenten mit einer strikten Zuchtbuchführung und Austauschprogrammen die genetische Vielfalt ihrer Bestände verbessert haben.“ Laut Studie werden somit keine Hinweise auf eine reduzierte Entwicklungsstabilität der ausgewilderten Przewalski-Pferde gefunden.
„Nachdem das Przewalski-Pferd vor 50 Jahren praktisch ausgestorben war, stehen die Chancen nun also besser als erwartet, dass diese letzte Wildpferdart auf Dauer bestehen kann“, schließt Ansorge.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Dr. h.c. Hermann Ansorge
Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz
Tel. 0 3581 4760-5400
hermann.ansorge@senckenberg.de
Originalpublikation:
USUKHJARGAL, Dorj et al. Epigenetic Variability of the Highly Endangered Przewalski’s Horses in Temporal and Geographical Populations. Mongolian Journal of Biological Sciences, [S.l.], v. 18, n. 1, p. 31-40, mar. 2020. ISSN 2225-4994. https://www.biotaxa.org/mjbs/article/view/60628/60358
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse
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