„Sicherheitscheck“ in der Zelle: Selbstspaltung als eingebaute Qualitätskontrolle



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08.10.2025 08:59

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‚Wissenschaft‘, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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„Sicherheitscheck“ in der Zelle: Selbstspaltung als eingebaute Qualitätskontrolle

Wissenschaftler:innen der Universitäten Leipzig und Halle haben einen bisher unbekannten Prozess während der Synthese in der Zelle erforscht. Sie untersuchten, wie sich sogenannte Adhäsions-G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (aGPCRs) selbst in zwei Teile spalten. Diese Selbstspaltung findet in einem Bereich des Proteins statt, der als GAIN-Domäne bekannt ist. Er gilt als entscheidend für die Fähigkeit des Rezeptors, Signale zu erkennen und zu übertragen.

Die Selbstspaltung fungiert dabei als eine Art eingebaute Qualitätskontrolle: Nur korrekt gespaltene Rezeptoren dürfen die „Zellfabrik“ verlassen und die Oberfläche erreichen. Die Studie wurde gerade im Fachjournal „Nature Communications“ veröffentlicht.

Zellen überwachen ständig ihre Umgebung und nehmen chemische und mechanische Signale wahr, die lebenswichtige Funktionen wie Bewegung, Wachstum und Kommunikation steuern. Die Adhäsions-G-Protein-gekoppelten Rezeptoren – eine besondere Familie von Oberflächenmolekülen – fungieren als mechanische Kraftsensoren und spielen eine Schlüsselrolle in Prozessen, die vom Muskelwachstum bis zur Vernetzung des Gehirns reichen. Eine fehlerhafte Aktivität von aGPCRs kann schwere Krankheiten wie Allergien, Schizophrenie und Krebs auslösen.

Die Forschenden um Prof. Dr. Tobias Langenhan von der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig und Prof. Dr. Andrea Sinz vom Institut für Pharmazie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg entdeckten, dass ein anderer Teil des Rezeptors, die sogenannte Sieben-Transmembran-Region (7TM), eine entscheidende unterstützende Rolle bei der Spaltung spielt. Sie stabilisiert nicht nur die GAIN-Domäne, sondern hilft auch dabei, sie korrekt innerhalb der proteinbildenden Maschinerie der Zelle zu positionieren. Darüber hinaus identifizierten die Teams Helfermoleküle in der Zelle, die während dieses Prozesses mit dem Rezeptor interagieren. Dazu gehören Enzyme, die dem neu gebildeten Protein Zuckergruppen hinzufügen.

„Zusammen sorgen diese Faktoren dafür, dass die Selbstspaltung des Rezeptors effizient abläuft. Bemerkenswert ist, dass Rezeptoren, die sich nicht spalten können, in der Zelle zurückgehalten werden können und nicht an die Oberfläche gelangen, wo sie benötigt werden, um Signale aus der Außenwelt zu empfangen“, erklärt Prof. Dr. Tobias Langenhan. Diese Erkenntnisse legen nahe, dass die Selbstspaltung eine eingebaute Qualitätskontrolle innerhalb der Zelle ist. Dieser Befund eröffnet neue Forschungsansätze dazu, wie dieser Kontrollpunkt umgesetzt wird und welche Rolle er bei der Entwicklung von Krankheiten spielt.

Diese Forschungsergebnisse gingen aus einem gemeinsamen Projekt innerhalb des Sonderforschungsbereiches 1423 (SFB) „Strukturelle Dynamik der GPCR-Aktivierung und -Signaltransduktion“ hervor. Der SFB1423 ist eine von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte, vierjährige Forschungseinrichtung, an der fünf Fördereinrichtungen beteiligt sind: die Universität Leipzig, die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, die Charité – Universitätsmedizin Berlin, die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und die Universitätsklinik Mainz. Forschende aus biochemischen, biomedizinischen und computerwissenschaftlichen Kontexten arbeiten über die Grenzen ihrer jeweiligen Institutionen und Disziplinen hinweg zusammen, um ein umfassendes Verständnis der Auswirkungen der Strukturdynamik auf die Funktion des GPCR zu erhalten.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. med. Tobias Langenhan
Universität Leipzig, Medizinische Fakultät
Rudolf-Schönheimer-Institut für Biochemie
Tel.: 0341 – 97 22100
E-Mail: tobias.langenhan@uni-leipzig.de

Prof. Dr. Andrea Sinz
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Institut für Pharmazie
Tel.: 0345 – 55 25170
E-Mail: andrea.sinz@pharmazie.uni-halle.de


Originalpublikation:

Originaltitel der Veröffentlichung in „Nature Communications“:
“Self-cleavage of the GAIN domain of adhesion G protein-coupled receptors requires multiple domain-extrinsic factors”, https://www.nature.com/articles/s41467-025-64589-3


Weitere Informationen:

https://research.uni-leipzig.de/sfb1423/


Bilder

Wenn Zellen aGPCR, unsere zellulären Kraftsensoren, produzieren, teilen sie sich in zwei Teile. Diese Rezeptoren benötigen Hilfe, um diese Teilung zu vollziehen, bevor sie an die Oberfläche transportiert werden.

Wenn Zellen aGPCR, unsere zellulären Kraftsensoren, produzieren, teilen sie sich in zwei Teile. Dies
Quelle: Yin Kwan Chung, BioRender.com
Copyright: Yin Kwan Chung


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Chemie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW