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28.10.2025 14:20
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‚Wissenschaft‘, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Studie belegt Nutzen neuer Aufgabenverteilung in der ambulanten Demenzversorgung
Greifswalder Publikation in der Fachzeitschrift Alzheimer‘s & Dementia
Mehr Verantwortung für Pflegekräfte verbessert die Versorgung von Menschen mit Demenz. Das ist das zentrale Ergebnis einer aktuellen Studie, genannt InDePendent. Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) führte unter Leitung von Prof. Wolfgang Hoffmann, gleichzeitig geschäftsführender Direktor des Greifswalder Instituts für Community Medicine, das deutschlandweite Projekt durch.
Für das Forschungsteam steht fest: Übernehmen Pflegefachpersonen in genau definierten Bereichen ärztliche Aufgaben, hat das einen Nutzen für die Betroffenen, aber auch für das Versorgungssystem insgesamt. Die Ergebnisse wurden nun in der renommierten Fachzeitschrift Alzheimer‘s & Dementia vorgestellt.
„Bei der Versorgung von Menschen mit Demenz im häuslichen Umfeld treten die Schwächen unseres Versorgungssystems besonders deutlich zutage“, meint Prof. Wolfgang Hoffmann. So zähle Demenz zu den größten Herausforderungen einer alternden Gesellschaft. Doch viele Betroffene erhalten keine auf sie zugeschnittene Versorgung – oft mit gravierenden Folgen für Lebensqualität, Autonomie und Teilhabe. „Deshalb wurde das Dementia Care Management entwickelt, um sektorübergreifend und interprofessionell die individuellen Versorgungsbedarfe von Menschen mit Demenz zu erkennen und möglichst umfassend zu erfüllen.“ Die Dementia Care Manager koordinieren medizinische, pflegerische und soziale Leistungen.
In dem Projekt InDePendent (Interprofessionelle Demenzversorgung: Aufgabenneuverteilung zwischen Ärzten und qualifizierten Pflegefachpersonen in der häuslichen Versorgung) wurden über 400 Menschen mit Demenz in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Hessen begleitet. Eine Hälfte erhielt eine zusätzliche, individuell zugeschnittene Betreuung durch die speziell qualifizierten Pflegefachpersonen mit erweiterten Aufgaben. „Diese Pflegefachpersonen hatten nicht nur eine höhere Eigenverantwortung, sondern verfolgten auch eine kooperative Arbeitsteilung mit den jeweiligen behandelnden Haus- und Fachärzten“, wie Hoffmann erklärt.
Die Ergebnisse sprechen für sich: „Erstmals konnte nachgewiesen werden, dass durch die Übertragung heilkundlicher Tätigkeiten auf Pflegefachpersonen unerfüllte Versorgungsbedarfe der Menschen mit Demenz im Vergleich zur üblichen Versorgung reduziert und die Lebensqualität der Betroffenen spürbar verbessert werden konnten“. So hatten die Betroffenen, die durch das zusätzlich qualifizierte Personal in der häuslichen Umgebung für sechs Monate betreut und versorgt wurden, 74 Prozent weniger unerfüllte Bedürfnisse. Neben der Kosteneffektivität sei besonders bedeutend, dass für die pflegenden Angehörigen keine zusätzlichen Belastungen aufkommen. Die Projektergebnisse wurden nun im Fachjournal Alzheimer‘s & Dementia veröffentlicht.
„Diese Studienergebnisse spielen eine wesentliche Rolle für die Gesundheitsversorgung in Deutschland“, betont Prof. Karlhans Endlich, Wissenschaftlicher Vorstand der Unimedizin Greifswald. Derzeit leben etwa 1,8 Millionen Menschen mit Demenz in Deutschland. Die Erkrankung könne man aktuell nicht heilen, doch das Fortschreiten führe zu einem hohen Versorgungsbedarf, dessen Komplexität das Gesundheitssystem nicht umfassend erfüllen kann. „Umso wichtiger ist eine Versorgungsforschung, die nah an den Bedürfnissen der Betroffenen ist und neue Modelle zur Verbesserung der Lebens- und Versorgungssituation entwickelt“, so Endlich. Erstmals konnte eine Studie so eindeutig zeigen, dass eine Aufgabenneuverteilung zwischen Ärzten und Pflegefachpersonen einen erheblichen Mehrwert für betroffene Patienten hat.
Wolfgang Hoffmann ergänzt: „Die vorliegenden Ergebnisse unterstreichen das Potenzial innovativer Versorgungskonzepte“. Nun gelte es, diese evidenzbasierten Ansätze mutiger und konsequenter in die Regelversorgung zu überführen. Dafür sei es erforderlich, bestehende politische und administrative Hürden gezielt abzubauen, so Hoffmann. „Es liegt in der Verantwortung der Gesundheitspolitik, die gewonnenen Erkenntnisse in konkrete strukturelle Veränderungen zu übersetzen und damit die Weiterentwicklung unseres Gesundheitssystems aktiv zu gestalten.“
Universitätsmedizin Greifswald
Katrin Kleedehn
Wissenschaftsredakteurin
Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Tel: +49 3834 86 – 6521
katrin.kleedehn@med.uni-greifswald.de
www.medizin.uni-greifswald.de
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Wolfgang Hoffmann | Prof. Dr. med. MPH
+49 (0)3834 86 77 51
wolfgang.hoffmann@uni-greifswald.de
Originalpublikation:
Efficacy and cost-effectiveness of extended nursing roles in dementia care: Results of the cluster-randomized trial InDePendent
First published: 27 October 2025
https://doi.org/10.1002/alz.70727
https://alz-journals.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/alz.70727
Bilder
Dementia Care Manager beim Hausbesuch
Quelle: Foto: DZNE/Kurda
Copyright: Foto: DZNE/Kurda
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch





































































































