Weltmoskitotag: Klimawandel und Virusausbrüche – Stechmückenforschung wichtiger denn je



Teilen: 

20.08.2025 11:52

Literature advertisement

Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‚Wissenschaft‘, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Weltmoskitotag: Klimawandel und Virusausbrüche – Stechmückenforschung wichtiger denn je

Hamburg, 20. August 2025 – Zum Weltmoskitotag macht das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) auf eine drängende Frage aufmerksam: Welche Gefahren gehen in Zeiten des Klimawandels von Stechmücken in Deutschland aus? Forschende des BNITM untersuchen, welche Arten sich etablieren, welche Krankheitserreger sie übertragen können und wie Künstliche Intelligenz hilft, ihre Ausbreitung zu überwachen. Am 4. September 2025 lädt das BNITM die Öffentlichkeit ein, mehr über diese Forschung zu erfahren und mit Expert:innen ins Gespräch zu kommen.

Steigende Temperaturen, mildere Winter und veränderte Niederschlagsmuster lassen in Deutschland zunehmend Stechmückenarten heimisch werden, die ursprünglich aus wärmeren Regionen stammen. Damit wächst auch das Risiko, dass Krankheitserreger wie Dengue-, Chikungunya- oder West-Nil-Viren hier Fuß fassen. „Der Klimawandel verändert die Spielregeln. Stechmückenarten breiten sich aus, und mit ihnen auch Erreger, die hier bislang kaum vorkamen“, sagt Prof. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit, Leiter der Abteilung Arbovirologie und Entomologie am BNITM. „Frühwarnsysteme und Bekämpfung sind deshalb entscheidend.“

Aktuelle Forschungsergebnisse des BNITM

In den letzten Monaten haben BNITM-Wissenschaftler:innen mehrere richtungsweisende Studien veröffentlicht, die zeigen, wie sich der Klimawandel auf Stechmücken und durch sie übertragene Krankheitserreger auswirkt und wie neue Technologien helfen, ihre Ausbreitung zu überwachen und zu beeinflussen.

Die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus), eine invasive Art, konnte sich durch den Reiseverkehr und den Klimawandel bereits in Süddeutschland etablieren. Dr. Anna Heitmann und ihr Team konnten in einer Studie zeigen, dass sich das Chinkungunya-Virus sogar bei niedrigen Temperaturen in der Tigermücke vermehren kann. Allerdings fliegt die Tigermücke bei dieser Kälte kaum, was das tatsächliche Infektionsrisiko deutlich senkt.

Das Tahyna-Virus, ein in Europa vorkommendes Virus, das grippeähnliche Erkrankungen verursachen kann, wird bei hohen Temperaturen durch Aedes albopictus und die heimische Mücke Aedes rusticus übertragen.

Zudem konnten die BNITM-Forschenden zeigen, dass die invasive Art Aedes japonicus, die sich bereits in Deutschland angesiedelt hat, Alphaviren wie das Sindbis- oder das Westliche Pferdeenzephalitisvirus übertragen könnte. Die Forschenden schauten in dieser Studie auch auf Ko-Infektionen mit insektenspezifischen Viren, die Menschen nicht infizieren können. Denn nicht nur die Temperatur hat einen Einfluss auf die Übertragung von Viren auf den Menschen, auch Ko-Infektionen in der Stechmücke spielen eine Rolle.

Eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigt, dass Aedes albopictus das Oropouche-Virus, bisher vor allem aus Südamerika bekannt, bei höherenTemperaturen übertragen kann, wenn auch nur in geringem Maße. Im Zuge globaler Handels- und Reisebewegungen bleibt ein Risiko, dass das Oropouche-Virus eingeschleppt und unter bestimmten Bedingungen auch bei uns zirkulieren könnte.

Ein wichtiger Baustein für weltweite Frühwarnsysteme ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Stechmückenbestimmung. BNITM-Wissenschaftler:innen konzentrierten sich auf die Flügel der Stechmücken: Sie erstellten eine Flügelbild-Datenbank und trainierten neuronale Netze, die Stechmückenarten anhand ihrer einzigartigen Flügel schnell und automatisch zu erkennen. „KI kann uns helfen, Stechmücken schneller und zuverlässiger zu identifizieren – selbst dort, wo es bislang nur wenige Expertinnen und Experten gibt oder klassische Methoden an ihre Grenzen stoßen“, sagt Kristopher Nolte, Doktorand in der Gruppe Vektorkontrolle. „Nur wenn wir wissen, welche Stechmücken wo vorkommen und was sie übertragen können, können wir rechtzeitig reagieren.“

Einladung zur Infoveranstaltung am 04.09.2025 über Stechmückenforschung

Die Referierenden geben am Donnerstag, dem 4. September 2025, Einblicke in die Geschichte der Stechmückenforschung am BNITM sowie in aktuelle Projekte:

• Dr. Renke Lühken, Leiter der Gruppen Arbovirus-Ökologie und Vektorkontrolle, schaut in die Vergangenheit der Stechmückenforschung am BNITM — von der Gründung der Abteilung Entomologie im Jahr 1912 über das Verschwinden der Malaria in Deutschland bis hin zur großräumigen Verbreitung durch Stechmücken übertragener Viren im 21. Jahrhundert.

• Dr. Anna Heitmann, Leiterin einer Laborgruppe und der Arthropodenzucht am BNITM, berichtet von ihrer Arbeit in einem Hochsicherheits-Insektarium und wie sie testet, welche Viren heimische und eingeschleppte Stechmücken übertragen können.

• Kristopher Nolte, Doktorand in der Gruppe Vektorkontrolle, stellt eine KI-gestützte Methode vor, die Stechmückenarten automatisch erkennt.

Die Veranstaltung richtet sich an alle Interessierten. Neben Vorträgen gibt es Gelegenheit für Fragen und Diskussionen mit den Forschenden.

Termin: Donnerstag, 4. September 2025, 18–20 Uhr
Ort: Historischer Hörsaal des BNITM, Bernhard-Nocht-Straße 74, 20359 Hamburg
Eintritt: frei
Weitere Informationen und Anmeldung: https://www.bnitm.de/aktuelles/veranstaltungen/bnitm125-forschen-heilen-lehren-2…

Publikationen
Lühken R. et al. „High vector competence for chikungunya virus but heavily reduced locomotor activity of Aedes albopictus from Germany at low temperatures.” Parasites & Vectors 2024
Höller P. et al. “Vector competence of mosquitoes from Europe for Tahyna virus.” Scientific Reports 2025
Jansen S. et al. “The impact of temperature and insect-specific viruses on the transmission of alphaviruses by Aedes japonicus japonicus.” Microbiology Spectrum 2025
Jansen S.*, Lühken R.* et al. “Risk assessment of Oropouche virus transmission by mosquitoes in Europe.” The Journal of Infectious Diseases 2025 (*geteilte Erstautorenschaft)
Nolte K. et al. “Robust mosquito species identification from diverse body and wing images using deep learning.” Parasites and Vectors 2024
Sauer F. G. et al. “A convolutional neural network to identify mosquito species (Diptera: Culicidae) of the genus Aedes by wing images.” Scientific Reports 2024
Nolte K. et al. “Comprehensive Mosquito Wing Image Repository for Advancing Research on Geometric Morphometric- and AI-Based Identification.” Scientific Data 2025

Der Weltmoskitotag
Der Weltmoskitotag macht jedes Jahr am 20. August auf die Gefahr aufmerksam, die von Stechmücken ausgeht. Weltweit gibt es mehr als 3.500 Stechmückenarten. Viele von ihnen können Infektionserreger auf den Menschen übertragen, wie den Malariaparasiten, Dengue-, Zika-, Chikungunya-Viren und weitere mehr. Der Weltmoskitotag will ein Bewusstsein dafür schaffen, wie wichtig die Erforschung dieser Krankheiten und der Übertragungsmechanismen ist. Und er mahnt, Maßnahmen zu ergreifen, um die Ausbreitung von Stechmücken einzudämmen.
Der Tag erinnert an den 20. August 1897, als der britische Tropenmediziner Sir Ronald Ross nachwies, dass der Malariaparasit von weiblichen Stechmücken der Gattung Anopheles übertragen wird. Damit revolutionierte er nicht nur die Malariaforschung und -bekämpfung. Seine Erkenntnisse sind noch heute grundlegend, um Epidemien zu verstehen, die von Insekten ausgehen. 1902 erhielt Ross den Nobelpreis für Medizin oder Physiologie.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Renke Lühken: luehken@bnitm.de
Dr. Anna Heitmann: heitmann@bnitm.de
Prof. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit: schmidt-chanasit@bnitm.de


Weitere Informationen:

https://www.bnitm.de/aktuelles/news/weltmoskitotag-klimawandel-und-virusausbruec…
https://www.bnitm.de/aktuelles/veranstaltungen/bnitm125-forschen-heilen-lehren-2…


Bilder


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Umwelt / Ökologie
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW