Wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer Therapie der Leberfibrose



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09.12.2024 10:00

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer Therapie der Leberfibrose

ECM1 hemmt die Leberfibrose, indem es auf Mediatoren einwirkt, die den Botenstoff TGF-β von der biologisch inaktiven Form in die aktive Form überführen.

Die Forschungsgruppe „Molekulare Hepatologie“ aus der II. Medizinischen Klinik der Universitätsmedizin Mannheim (UMM), unter der Leitung von Professor Dr. rer. nat. Steven Dooley, hat einen wichtigen Mechanismus der Fibrosierung der Leber aufgedeckt. Die Arbeit ist im renommierten Gastroenterologie-Fachjournal Gut veröffentlicht. Sie stellt das Extrazelluläre Matrixprotein 1 (ECM1) in den Mittelpunkt potenzieller neuer Therapien, mit denen die Leberfibrose verhindert werden kann.

Rund 5 Millionen Menschen in Deutschland leiden an einer chronischen Lebererkrankung. Zu den bekanntesten Ursachen zählen chronischer Alkoholkonsum, Infektion mit Hepatitis-Viren oder eine Fettleber. Sie schädigen die Leberzellen (Hepatozyten) und setzen damit Entzündungsreaktionen in Gang. Die Leberfibrose ist eine Spätfolge der chronischen Leberschädigung. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass die Leber „vernarbt“, indem Lebergewebe durch Bindegewebe ersetzt wird, was mit einem zunehmenden Funktionsverlust der Leber einhergeht. In Deutschland leiden etwa 500.000 Menschen an einer Leberfibrose. Geeignete Medikamente für deren Behandlung gibt es bisher nicht.

Der Erstautor der Studie, Frederik Link, konnte im Rahmen seiner Dissertation, unter Anleitung und experimenteller Unterstützung von Dr. Sai Wang und mit mehreren Mitarbeitern zeigen, auf welchem Wege ECM1 in der gesunden Leber als sogenannter Gatekeeper die Aktivierung des Botenstoffs Transforming Growth Factor-β (TGF-β) unterdrückt.

TGF-β spielt eine entscheidende Rolle bei der Homöostase der Leber und gilt als Haupttreiber der Leberfibrose. Wird er von seiner biologisch inaktiven Form LTGF-β in die aktive Form TGF-β überführt, treibt er die Fibrose an, indem er Sternzellen der Leber (Hepatic Stellate Cells, HSC) aktiviert, welche sich zu Myofibroblasten umwandeln und übermäßig Bindegewebe produzieren. Die Regulierung der lokal aktivierten TGF-β Spiegel sollte damit ein vielversprechendes therapeutisches Ziel sein, um die Fibrosierung der Leber zu verhindern.

Bereits 2019 entdeckten die Mannheimer Forscher in Kooperation mit einer chinesischen Arbeitsgruppe aus Shanghai als erste die bedeutende Rolle des ECM1-Proteins in der Leber, das als Wächter TGF-β in seiner latenten Form hält*, und stellen seither das Protein in den Fokus ihrer Fibroseforschung. Frederik Link und die Forscher um Sai Wang konnten nun in einem von der DFG geförderten Projekt experimentell die an dem Mechanismus beteiligten Mediatoren identifizieren, darunter Thrombospondin-1 (TSP-1) und ADAMTS-Protease 1 (ADAMTS1) sowie die Matrix-Metalloproteinase-2 (MMP-2) und MMP-9. Wird die Expression von ECM1 in hepatischen Sternzellen hochgefahren, blockiert das Protein die durch diese Mediatoren vermittelte Aktivierung von LTGF-β.

Mithilfe von in vitro-Interaktionsstudien konnten die Wissenschaftler sogar die jeweils vier Aminosäuren langen Sequenzen ermitteln, über die ECM1 mit TSP-1 (Sequenz KRFK) und ADAMTS1 (Sequenz KTFR) direkt interagiert und seine Wirkung entfaltet, indem es die proteolytische Aktivität der Matrix-Metalloproteinasen MMP-2 und -9 unterdrückt. In entsprechenden Maus-Modellsystemen konnten sie die Wirksamkeit dieser Sequenzen bestätigen. Auch Daten aus dem Lebergewebe von Patienten mit chronischen Lebererkrankungen unterstützen diese Ergebnisse: Dort korrelieren ECM1-Spiegel umgekehrt mit der Expression der genannten Mediatoren und der Aktivierung von LTGF-β.

Die aktuelle Arbeit liefert neue Erkenntnisse über die Vorgänge in der geschädigten Leber während einer chronischen Lebererkrankung und unterstreicht die schützende Funktion von ECM1 für die Leber. Der identifizierte Mechanismus bietet vielversprechende Ansatzpunkte für eine mögliche Therapie der Leberfibrose. Dafür, wie genau eine solche Therapie umgesetzt werden kann, haben die Autoren verschiedene Ideen. Diese sind Gegenstand weiterer wissenschaftlicher Untersuchungen.

*Fan et al. Gastroenterology 2019


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. rer. nat. Steven Dooley
Universitätsmedizin Mannheim
II. Medizinische Klinik | Molekulare Hepatologie
Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg
Theodor-Kutzer-Ufer 1-3
D-68167 Mannheim
Steven.Dooley@medma.uni-heidelberg.de


Originalpublikation:

Link F, Li Y, Zhao J, et al
ECM1 attenuates hepatic fibrosis by interfering with mediators of latent TGF-β1 activation
Gut Published Online First: 24 October 2024.
DOI: https://doi.org/10.1136/gutjnl-2024-333213
Die Studie wurde außerdem für einen Kommentar im Journal Gut ausgewählt:
https://doi.org/10.1136/gutjnl-2024-333455


Bilder

Die Rolle des ECM1 bei der Homöostase und Schädigung der Leber. Der Mechanismus in der Grafik.

Die Rolle des ECM1 bei der Homöostase und Schädigung der Leber. Der Mechanismus in der Grafik.

Molekulare Hepatologie, UMM


Anhang

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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW