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07.08.2025 11:33
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‚Wissenschaft‘, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Wie Immunzellen kommunizieren, um Infektionen und Krebs zu bekämpfen
Ein interdisziplinäres Team aus Wissenschaftler*innen des Berlin Institute of Health in der Charité (BIH), des Max Delbrück Center, des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Heidelberg Institute for Stem Cell Technology and Experimental Medicine (HI-STEM) und der Queen Mary University of London, UK, hat eine Technologie zur Entschlüsselung der Immunzell-Kommunikation entwickelt. Damit lässt sich aus der Interaktion der Immunzellen ablesen, wie der menschliche Körper Virusinfektionen bekämpft, inwiefern Fehlfunktionen zu Autoimmunerkrankungen führen und warum Immuntherapien bei manchen Menschen wirken und bei anderen nicht.
Ein gesundes Immunsystem ist darauf trainiert, Infektionen und Krebszellen zu erkennen und zu zerstören. Diese Abwehr beruht auf einem komplexen Kommunikationssystem auf zellulärer Ebene, in dem verschiedene Immunzellen jeweils eine spezialisierte Aufgabe erfüllen: Infektionserreger erkennen, andere Immunzellen darauf aufmerksam machen und schädliche Zellen oder Erreger beseitigen. Problematisch wird es, wenn die Kommunikation zwischen verschiedenen Zelltypen gestört ist. Dann kann es zu einer Vielzahl von Krankheiten kommen.
Krebszellen entwickeln häufig Strategien, um den Informationsaustausch im Immunsystem gezielt zu stören oder zu umgehen – auf diese Weise können sie der Immunüberwachung entgehen und ungehindert wachsen. „Moderne Immuntherapien haben die Behandlung bestimmter Krebsarten grundlegend verändert, indem sie die Kommunikation zwischen Immunzellen wiederherstellen oder gezielt verstärken“, erklärt Prof. Simon Haas, einer der Leiter der Studie. PD Dr. Dr. Daniel Hübschmann, ebenfalls Studienleiter, ergänzt: „Allerdings sprechen nicht alle Patient*innen gleichermaßen gut auf diese Therapien an und bislang fehlen verlässliche Methoden, um vorherzusagen, welche Patient*innen besonders davon profitieren werden.“
Entschlüsselung der Immunzell-Kommunikation für maßgeschneiderte Krebstherapien
In Kooperation haben die Wissenschaftler*innen nun eine Technologie entwickelt, die durch ein besseres Verständnis von Immunzell-Kommunikation viele dieser Hürden überwindet. Mit dieser Methode können Millionen von Zell-Zell-Interaktionen schnell und kostengünstig gemessen werden, sowohl in Forschungslaboren als auch in der Klinik.
Ermöglicht wurde die innovative Entwicklung durch eine enge interdisziplinäre Kooperation über die klassischen Grenzen von Medizin, Informatik und Biowissenschaften hinweg – maßgeblich getragen von den Doktorand*innen Dominik Vonficht, Lea Jopp-Saile, Schayan Yousefian und Viktoria Flore.
Die Wissenschaftler*innen nutzen die neu-entwickelte Technologie, um das Verhalten und die Kinetik von Immuntherapien zu untersuchen und Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie diese Therapien auf der Ebene der Zell-Zell-Interaktionen wirken. Dabei konnten sie zeigen, dass der Ansatz auch die Vorhersage individueller Therapieansprechen ermöglicht und somit eine zentrale Grundlage für personalisierte Immuntherapien und gezielte Therapieentscheidungen schaffen kann.
Darüber hinaus gelang es den Wissenschaftler*innen mithilfe ihrer neuen Technologie, hochaufgelöst darzustellen, wie Zellen des Immunsystems bei Virusinfektionen und Autoimmunerkrankungen miteinander interagieren. Auf dieser Grundlage entwickelten sie dynamische Karten der Immunzellnetzwerke, die erstmals veranschaulichen, wie die Immunabwehr in verschiedenen Geweben koordiniert wird.
Gemeinsam mit klinischen Partnern arbeitet das Team nun daran, diese Erkenntnisse aus der translationalen Forschung in die Praxis zu bringen, etwa um Behandlungserfolge besser vorherzusagen und personalisierte Therapien gezielter einzusetzen.
Die Studie wurde in Nature Methods veröffentlicht.
Originalpublikation:
https://www.nature.com/articles/s41592-025-02744-w How Immune Cells Communicate to Fight Diseases – Toward More Personalized Therapies
Weitere Informationen:
https://www.bihealth.org/de/aktuell/wie-immunzellen-kommunizieren-um-infektionen… Link zur Pressemitteilung auf der BIH-Webseite
Bilder
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
