Forschung entdeckt Schlüsselmechanismus für Appetit- und Gewichtskontrolle



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30.09.2025 11:18

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‚Wissenschaft‘, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Forschung entdeckt Schlüsselmechanismus für Appetit- und Gewichtskontrolle

Forschende der Universität Leipzig und der Charité – Universitätsmedizin Berlin haben einen Schlüsselmechanismus für die Appetit- und Gewichtskontrolle entdeckt. Dieser hilft dem Gehirn, das Hungergefühl zu regulieren. Die Wissenschaftler:innen des Sonderforschungsbereiches (SFB) 1423 „Strukturelle Dynamik der GPCR-Aktivierung und -Signaltransduktion“ fanden in einer Studie heraus, wie ein Protein namens MRAP2 (Melanocortin-2-Rezeptor-akzessorisches Protein 2) die Funktion des Gehirnrezeptors MC4R (Melanocortin-4-Rezeptor) beeinflusst, der eine zentrale Rolle bei der Appetitkontrolle und dem Energiehaushalt spielt.

Ihre Erkenntnisse wurden gerade im Fachjournal „Nature Communications“ veröffentlicht.

Der MC4R ist ein wichtiger Rezeptor, der durch das Peptidhormon MSH aktiviert wird. Er spielt im Sonderforschungsbereich 1423 eine große Rolle und wird sowohl strukturell als auch funktionell charakterisiert. Mutationen im MC4R gehören zu den häufigsten genetischen Ursachen für schwere Fettleibigkeit. „Die Kenntnisse der 3D-Strukturen des aktiven Rezeptors im Zusammenspiel mit Liganden und Wirkstoffen wie Setmelanotide, die wir in einer früheren Studie entschlüsseln konnten, haben uns in die Lage versetzt, die jetzt entstandenen funktionellen Daten besser zu verstehen“, sagt der SFB1423-Projektleiter und Co-Autor der Studie, Dr. Patrick Scheerer, Institut für Medizinische Physik und Biophysik der Charité. Setmelanotide, ein bereits zugelassener Wirkstoff, aktiviert diesen Rezeptor und reduziert gezielt das Hungergefühl. „Wir sind stolz darauf, dass der SFB1423 nun auch zum Transport des Rezeptors und dessen Verfügbarkeit beitragen konnte“, erklärt Prof. Dr. Annette Beck-Sickinger, Sprecherin des SFB1423 und Co-Autorin der Studie. Insgesamt waren fünf Projekte des Sonderforschungsbereichs an dieser interdisziplinären Studie beteiligt.

Mithilfe moderner Fluoreszenzmikroskopie und Einzelzell-Bildgebung konnte das Team nachweisen, dass das Protein MRAP2 die Position und das Verhalten des Gehirnrezeptors MC4R innerhalb der Zellen grundlegend verändert. Fluoreszierende Biosensoren und konfokale Bildgebung zeigten, dass MRAP2 entscheidend dafür ist, MC4R an die Zelloberfläche zu transportieren, wo es Signale, die den Appetit unterdrücken, effektiver übertragen kann.

Durch die Aufdeckung dieser neuen Regulationsebene weist die Studie auf neue therapeutische Strategien hin, die MRAP2 nachahmen oder modulieren und das Potenzial haben, Fettleibigkeit und damit verbundene Stoffwechselerkrankungen zu bekämpfen. Die SFB1423-Projektleiterin und Co-Leiterin der Studie, Prof. Dr. Heike Biebermann vom Institut für experimentelle Pädiatrische Endokrinologie der Charité, betont, dass es durch diese interdisziplinäre und internationale Zusammenarbeit gelungen sei, von verschiedenen Ausgangspunkten und durch die Nutzung unterschiedlicher Testverfahren wichtige neue physiologische und pathophysiologische Aspekte der Appetitregulation mit therapeutischer Relevanz aufzudecken.

Der zweite Co-Leiter der Studie, Dr. Paolo Annibale, Dozent an der Fakultät für Physik und Astronomie an der St. Andrews University in Großbritannien, sagt: „Diese Arbeit war eine spannende Gelegenheit, mehrere der Mikroskopie- und Bioimaging-Ansätze, in einem physiologisch relevanten Umfeld zum Einsatz zu bringen. In den letzten Jahren haben wir diesen Ansatz verfeinert, um ihn an die Anforderungen der Untersuchung molekularer Prozesse in Zellen anzupassen.“

Diese Forschung vereinte Fachwissen aus den Bereichen Lebendzell-Fluoreszenzmikroskopie, molekulare Pharmakologie und Strukturbiologie aus Institutionen in Deutschland, Kanada und Großbritannien und demonstrierte die Leistungsfähigkeit interdisziplinärer Wissenschaft bei der Aufdeckung neuer Prinzipien der Rezeptorregulation.

Über den SFB1423

Der SFB1423 ist eine von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte, vierjährige Forschungseinrichtung, an der fünf Fördereinrichtungen beteiligt sind: die Universität Leipzig, die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, die Charité – Universitätsmedizin Berlin, die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und die Universitätsklinik Mainz. Forschende aus biochemischen, biomedizinischen und computerwissenschaftlichen Kontexten arbeiten über die Grenzen ihrer jeweiligen Institutionen und Disziplinen hinweg zusammen, um ein umfassendes Verständnis der Auswirkungen der Strukturdynamik auf die Funktion des GPCR zu erhalten. Der Sonderforschungsbereich umfasst insgesamt 19 Teilprojekte.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Annette Beck-Sickinger
Universität Leipzig
Telefon: +49 341 97 – 36901
E-Mail: abeck-sickinger@uni-leipzig.de


Originalpublikation:

https://www.nature.com/articles/s41467-025-63988-w, „MRAP2 modifies the signaling and oligomerization state of the melanocortin-4 receptor“, Doi: 10.1038/s41467-025-63988-w


Weitere Informationen:

https://research.uni-leipzig.de/sfb1423/


Bilder


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Chemie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW