Auswirkung von Essstörungen auf Föten



Teilen: 

02.11.2021 15:30

Auswirkung von Essstörungen auf Föten

Essstörungen bei werdenden Müttern können sich ungünstig auf die Hirnentwicklung der Kinder auswirken. Das konnte die Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Uniklinikums Tübingen im Rahmen einer Pilotstudie zeigen. Zum Einsatz kam dabei ein fetaler Magnetoenzephalograph (fMEG), ein europaweit einzigartiges Gerät, mit dem die Hirnströme von Föten ohne Belastung von Mutter und ungeborenem Kind gemessen werden können. Die Studie ist aktuell in der Fachzeitschrift European Eating Disorder Review publiziert.

Literature advertisement

Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Bei Anorexia Nervosa, auch Magersucht genannt, handelt es sich um eine Essstörung. Betroffene zeigen dysfunktionales Essverhalten wie extreme Kalorienrestriktion, Essanfälle oder induziertes Erbrechen, was oftmals zu einer unzureichenden Nährstoffzufuhr führt. Leiden Frauen während der Schwangerschaft unter einer solchen Essstörung, kann sich diese dadurch bedingte Fehlernährung auf die Entwicklung der Kinder auswirken. Denn: die grundlegenden Gehirnsysteme werden bereits im Mutterleib aufgebaut. Wie stark diese kindlichen Beeinträchtigungen ausgeprägt sein können, so das Ergebnis einer neuen Pilotstudie des Universitätsklinikums Tübingen, liegt an der Schwere der Essstörung.

Das Studienteam um Prof. Dr. Katrin Giel (Leiterin des Arbeitsbereichs Psychobiologie des Essverhaltens), Prof. Dr. Hubert Preissl, (Arbeitsgruppenleiter Metabolic Neuroimaging) und Prof. Dr. Stephan Zipfel (Ärztlicher Direktor der Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie) untersuchte Schwangere mit und ohne Essstörungen während der 27. und 37. Schwangerschaftswoche. Um die Auswirkung von Essstörungen auf die Kindesentwicklung zu erforschen, ermittelten sie mithilfe eines für Mutter und Kind schonenden sowie europaweit einzigartigen Geräts, einem fetalen Magnetoenzephalograph (fMEG), die Aktivität und den Entwicklungstand des fetalen Gehirns. Zur Erfassung der Hirnaktivität wurden auditorische Reize (Tonsignale) geboten. Das fMEG registrierte mithilfe dieser Tonsignale, ob und wie schnell das ungeborene Kind diese Reize erfasst und auf sie reagiert.

Die Daten der Pilotstudie zeigten, dass mit zunehmender Schwere der Essstörung die Reaktionszeit der Föten auf das Tonsignal verlängert war. Während eine kurze Latenzzeit auf eine reifere Hirnfunktionalität hinweist, kann eine verlängerte Reaktion auf Entwicklungsstörungen hindeuten. Inwiefern diese Reaktionszeiten Aufschluss auf die spätere kognitive und verhaltensbezogene Kindesentwicklung gibt, muss nun in Folgestudien untersucht werden.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Universitätsklinikum Tübingen
Medizinische Klinik VI
Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Prof. Dr. Katrin Giel
Osianderstraße 5, 72076 Tübingen
Tel. 07071 29-86712
katrin.giel@med.uni-tuebingen.de


Originalpublikation:

Maternal eating disorder severity is associated with increased latency of foetal auditory event-related brain responses; https://doi.org/10.1002/erv.2870


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch


Quelle: IDW